Infografik

Obervieland: Viele junge Menschen, zu wenig Betreuungsangebote

In Obervieland geht jeder Zehnte zur Schule. Gleichzeitig haben viele Kinder Probleme mit der deutschen Sprache. Bleiben die Menschen in den Ortsteilen zu sehr unter sich?

1 Einwohner, Schüler und Schulen in Obervieland

Mit mehr als 36.700 Einwohnern gehört Obervieland zu den bevölkerungsreicheren Stadtteilen in Bremen. Dass es sich um einen Stadtteil mit vielen jungen Menschen handelt, zeigt sich auch am Anteil der Schüler an der Gesamtbevölkerung: Etwa jeder Zehnte im Quartier besucht eine Schule.

Grafik - Anzahl von Einwohnern und Schülern in Obervieland Einwohner Schüler Quelle: Statistisches Landesamt Bremen, Senatorin für Kinder und Bildung, Stand: 2018 36.731 3.945

Neun Schulen gibt es im Stadtteil. Die evangelische Bekenntnisschule umfasst sowohl eine Grundschule als auch die weiterführende Schule. Dabei haben die Schüler die Wahl, sich für einen Gymnasialzweig oder einen Oberschulzweig zu entscheiden. Neben den vier öffentlichen Grundschulen befindet sich eine weitere derzeit im Aufbau. Damit die Kinder möglichst kurze Wege zur Schule haben, wird in Bremen jeder Wohnstraße eine bestimmte Grundschule zugeordnet. Den Standort der weiterführenden Schulen können Eltern und ihre Kinder frei wählen.

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Die meisten Schüler in Obervieland verließen im vergangenen Jahr die Schule mit einem mittleren Schulabschluss. Das war noch im Vorjahr anders: 2017 überwog der Anteil der Abiturienten. Den Trend zu weniger Abiturienten im Stadtteil kann man schon einige Jahre beobachten. Gleichzeitig stieg auch der Anteil der Schulabbrecher: Er lag 2018 bei 8,6 Prozent, noch ein Jahr zuvor drei Prozentpunkte niedriger.

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Das Bremer Bildungsressort weist darauf hin, dass die Anteile der Schulabschlüsse durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden können. Etwa im Jahr 2012 durch einen doppelten Abiturjahrgang. In jenem Jahr haben Schüler sowohl nach neun, als auch nach acht Jahren das Abitur abgelegt. Dadurch ging der Anteil der Abiturienten nach oben. Andere Faktoren können beispielsweise eine verstärkte Zuwanderung sein, aber auch Änderungen im Schulsystem und den Schulformen.

2 Probleme und Herausforderungen im Bildungsbereich

Gymnasium Links der Weser in Obervieland (Archivbild)
Das Gymnasium Links der Weser ist das öffentliche Gymnasium in Stadtteil Obervieland. (Archivbild) Bild: Radio Bremen

Fehlende Kita- und Hortplätze und viel Unterrichtsausfall zumindest an den staatlichen Schulen im Stadtteil – auf diese Formel bringt Christin Loroff (CDU) die Probleme im Stadtteil. Sie ist Sprecherin des Bildungsausschusses im Beirat. "Stand Ende August fehlten 72 Kitaplätze und es gibt einige Kinder, die nächstes Jahr eingeschult werden und für die es keine Betreuung gibt. Dabei ist sie sehr wichtig, gerade was die Sozialkompetenz, aber auch die Sprache angeht", sagt Loroff. Viele Kinder haben ihrer Erfahrung nach Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Ihre eigenen Kinder seien in der Kitagruppe die einzigen Muttersprachler gewesen.

Auch Sara Dahnken (SPD), stellvertretende Ausschusssprecherin, verweist auf das Thema Sprache: "An den Grundschulen haben wir viele Kinder, die sprachtechnisch nicht auf dem Stand sind." In Obervieland haben mehr als ein Drittel der Kinder ein Jahr vor der Einschulung Probleme mit der deutschen Sprache (38,2 Prozent).

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Schon die Kleinsten im Stadtteil hätten ganz unterschiedliche Voraussetzungen für den Start ins Schulleben, sagt Dahnken. Daher will eine Arbeitsgemeinschaft des Beirats ein Lernhaus in Kattenturm einrichten. Dort könnten Sprachkurse für Kinder und Erwachsene stattfinden, aber auch Gruppenangebote wie zum Beispiel ein Elterncafé, führt Dahnken aus. Allerdings ist das Projekt noch in einer frühen Planungsphase.

Dahnken nennt außerdem eine fehlende Durchmischung im Stadtteil als Herausforderung. "In Habenhausen und Arsten gibt es Einfamilienhäuser und eine bestimmte Einkommensstruktur. In Arsten-Nord und Kattenturm-Mitte hingegen leben viele größere Familien auf engem Raum zusammen. Das durchmischt sich nicht richtig." Auch an den Schulen setze sich das fort. Eine Folge kann sein, dass sich Sprachschwierigkeiten bei Kindern noch schlechter beheben lassen.

Fehlende Betreuung

An Nachmittagsbetreuung fehle es insbesondere in den etwas besser situierten Ortsteilen Arsten und Habenhausen, sagt Christin Loroff. "Wer es sich leisten kann, der weicht auf Privatschulen aus", sagt sie und spitzt zu: "Eltern werden praktisch zu den Privatschulen gedrängt." Allerdings könnten sich das viele Alleinerziehende nicht leisten. Auf Nachmittagsbetreuung sind sie aber ebenso angewiesen.

Gymnasium Links der Weser in Obervieland (Archivbild)
Das Gymnasium Links der Weser ist das einzige öffentliche Gymnasium im Stadtteil. Bild: Radio Bremen

Anerkennung gibt es von Loroff für die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer am Gymnasium Links der Weser. "Sie machen einen unglaublich guten Job. Kinder, die geflohen sind und Traumata mitbringen, versuchen sie aufzufangen."

7,2 Prozent der Schüler hatten im vergangenen Schuljahr einen sonderpädagogischen Förderbedarf – weniger als im städtischen Durchschnitt. Davon werden 93,5 Prozent der Schüler an den Schulen inklusiv gefördert, die anderen besuchen Förderzentren.

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3 Rahmenbedingungen und Lebensumstände in Obervieland

In Obervieland hat jeder Ortsteil seine Besonderheiten. Das lässt sich schon am Aussehen feststellen: Viel Grün und Reihenhausbebauung findet man beispielsweise in Habenhausen, Hochhaussiedlungen etwa in Kattenturm.

Sind Eltern und Kinder von Armut bedroht oder arbeitslos, so sprechen Bildungsforscher von sogenannten Risikolagen. Das bedeutet: Eine schwierige finanzielle Situation kann den Bildungserfolg eines Kindes beeinflussen. Der Anteil der Kinder, die in Obervieland in einem Haushalt mit Hartz-IV-Bezug leben, liegt bei 23,7 Prozent und damit deutlich niedriger als im Bremer Landesschnitt (31,3 Prozent). Dennoch sind immerhin fast ein Viertel der Kinder im Stadtteil betroffen.

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Mit 23.400 Euro als mittleres Jahreseinkommen und einem leicht höheren Durchschnitt (31.500 Euro) nach den jüngsten verfügbaren Daten aus dem Jahr 2013 liegt Obervieland verglichen mit den anderen Bremer Stadtteilen im Mittelfeld. Obwohl einige gut verdienen, hat die Hälfte der Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen jeden Monat weniger als etwa 1.950 Euro an Einkünften.

In etwas mehr als einem Fünftel der 3.712 Haushalte mit Kindern lebt ein alleinerziehendes Elternteil. Damit liegt Obervieland im Vergleich eher im unteren Mittelfeld. Deutlich höher liegt der Anteil beispielsweise im benachbarten Stadtteil Neustadt mit 27,7 Prozent.

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Drei oder mehr Kinder leben in 512 Haushalten im Stadtteil – eine Quote von 13,8 Prozent. Damit liegt der Stadtteil im Vergleich im oberen Mittelfeld. Deutlich höher ist der Anteil kinderreicher Familien aber noch zum Beispiel in Gröpelingen, Huchting oder Blumenthal.

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Autorin

  • Patel Verena
    Verena Patel Redakteurin und Autorin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 10. November 2019, 19:30 Uhr

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