Streit zwischen Werder und der Stadt: Wer hat Recht?

Werder-Sportchef Frank Baumann findet, dass sein Verein nicht genügend unterstützt werde von Bremen. Das sieht die Stadt natürlich anders. Wir machen den Faktencheck.

Bild: Imago | Nordphoto

Aussage von Frank Baumann: "Werder hat den Stadion-Ausbau aus eigener Tasche finanziert"

Stimmt in weiten Teilen. Die Stadt Bremen ist zwar zur Hälfte Mitinhaber der Bremer Weser-Stadion GmbH, die Kosten für den Um- und Ausbau hat aber der Verein getragen. Zum Teil aus eigenen Mitteln, zum Teil mit Krediten. Aber: 2011 ist Bremen mit einer Bürgschaft in Höhe von zehn Millionen Euro eingesprungen, als Werder wegen Verzögerungen beim Stadion-Umbau Zusatzkredite brauchte. Dazu muss man allerdings sagen, dass der Senat Bürgschaften nur dann vergibt, wenn klar ist, dass das Geld auch zurückgezahlt wird. Trotzdem kann man in dem Fall wohl von einer Finanzhilfe sprechen. Das hat Ex-Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) via Twitter noch einmal bekräftigt:

Die @werderbremen Verantwortlichen wissen es besser. Man mag #Bürgschaften #Bremen|s nicht für "Geld" halten, aber ohne Bürgschaften gibt es nun mal kein Geld. Und ohne diese Bürgschaften sähe es am #Osterdeich anders aus. #BWS Die Welt ist manchmal komplizierter, als aufm Platz.

Martin Günthner - 13. September 2019, 12:32 Uhr.

Aktuell liegen die Bremer Bürgschaften für die Weser-Stadion GmbH bei rund 23 Millionen Euro, heißt es aus der Wirtschaftsbehörde. "Sollten Pachtzahlungen von Werder durch beispielsweise einen Ligaabstieg nicht mehr geleistet werden können, so ist Bremen durch die Beteiligung an der Bremer Weser-Stadion GmbH und durch Bürgschaft unmittelbar an diesem finanziellen Erfolgsrisiko beteiligt", sagt Sprecher Kai Stührenberg. Man könne die Sichtweise von Werder-Sportchef Baumann deswegen nicht nachvollziehen.

Im Jahr 2005 hat Bremen das gesamte Stadion im Rahmen eines Erbbauvertrages in die Stadion-GmbH eingebracht. Bau und Ausbau waren bis dahin ausschließlich aus städtischem Geld finanziert worden. Heute sind Werder und die Stadt zur Hälfte Anteilseigner an der Bremer Weser Stadion-GmbH. Die Stadt stärkt dem Verein auf diese Weise den Rücken, bürgt für Kredite und verhilft ihm damit zu günstigeren Konditionen. Damit ist die Stadt auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine wichtige Stütze für den Verein.

Kai Stührenberg, Sprecher Wirtschaftsbehörde

Aussage von Frank Baumann: "Werder hat seit 15 Jahren keinen Cent erhalten" 

Baumann bemängelt, dass der Verein kein Geld für Infrastrukturmaßnahmen bekommen hat. Das ist nicht korrekt. So hat sich Bremen beispielsweise an den Kosten für den Ausbau des Weser-Deiches am Stadion beteiligt. Das Bauwerk wurde 2016 um einen Meter erhöht. Auf einer Länge von gut 160 Metern wurden insgesamt 1.200 Spundwandbohlen sechs Meter tief in den Boden gedrückt, um einen Hochwasserschutz von bis zu 6,50 Metern zu gewährleisten. Kostenpunkt: 7,7 Millionen Euro. Davon hat Bremen ein Drittel übernommen. Den Rest hat die Weser-Stadion GmbH übernommen, an der die Stadt Bremen zur Hälfte beteiligt ist.

Aussage von Frank Baumann: "Werder generiert jedes Jahr für Bremen wirtschaftliche Effekte von mehr als 300 Millionen Euro"

Grundlage ist nach Angaben von Werder-Kommunikationschef Michael Rudolph eine Studie der Firma Nielsen Sports. Diese hatte die wirtschaftlichen Effekte der Saison 2016/17 untersucht. Das Ergebnis untermauert laut Rudolph die Aussagen von Sportchef Baumann.

Rechnet man alle Geldströme und alle wertschöpfenden Effekte zusammen (also inkl. Kaufkrafterhöhung der Menschen, die an Werder verdienen, direkte Ausgaben von Besuchern bzw. Zulieferer-Effekte und Diensleistungs-Prozesse), dann erhält man die Summe von 319 Millionen Euro, die in der Stadt Bremen in einer Saison verbleiben. Geld, das unter anderem bei Tankstellen, im Einzelhandel, in Hotels, Dienstleistungsbetrieben, aber auch in städtischen Einrichtungen verbleibt.

Michael Rudolph, Werder-Pressesprecher

Die Ergebnisse der Studie hat Werder dem damaligen Wirtschaftssenator Günthner bereits im Frühjahr 2017 präsentiert, erklärt Rudolph. Die Werder-Mitglieder seien auf der Hauptversammlung im November 2018 darüber informiert worden. Den wirtschaftlichen Wert von Werder erkennt auch die Wirtschaftsbehörde an. "Natürlich profitiert die Stadt auch von Werder Bremen. Insbesondere, wenn der Verein erfolgreich ist", bestätigt Sprecher Stührenberg.

Aussage von Frank Baumann: "Die Bremer Gebührenordnung legt nahe, dass Werder an den Kosten (für Hochrisikospiele) beteiligt werden muss"

Nach Ansicht von Sportchef Frank Baumann hat die Deutsche Fußball-Liga (DFL) im Streit um die Polizeikosten bei Hochrisikospielen keine andere Wahl, als diese – zumindest zum Teil – an Werder weiterzureichen. Der Verein bezieht sich dabei auf §13, Absatz 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes. Darin heißt es: "Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner, soweit nicht in Rechtsvorschriften etwas anderes bestimmt ist." Das stimmt soweit, bestätigt die Innenbehörde und verweist gleichzeitig auf das Bürgerliche Gesetzbuch. Gemäß §426 könnten DFL und Werder die Kostenaufteilung frei gestalten, sagt Sprecherin Rose Gerdts-Schiffler.

Über die Ausgestaltung des finanziellen Binnenverhältnisses mit Werder Bremen bestimmt die DFL GmbH völlig frei. Daher halten wir die Behauptung, dass die DFL nicht anders könne, für falsch. Die DFL könnte also auf Teile oder komplett auf die Weiterleitung ihres Anteils an den SVW verzichten. Der Bremische Gesetzgeber hat die Aufteilung der Kosten nicht vorgegeben.

Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin Innenbehörde

Im Grunde scheinen sowohl Werder als auch Bremen Recht zu haben. In dem Fall müsste sich der Verein mit der DFL einig werden, wie mit den Polizeikosten bei Hochrisiko-Spielen künftig verfahren wird.

DFL überweist 1,17 Millionen an Bremen – und will die Hälfte von Werder

Bild: Gumzmedia | Andreas Gumz

Mehr zum Thema:

Autor/Autorin

  • Autor/in
    Daniel Hoffmann

Dieses Thema im Programm: buten und binnen, 13. September 2019, 19:30 Uhr

Archivinhalt