Polizeikosten-Streit vor dem Bundesverfassungsgericht: Wie es dazu kam

Polizisten beim Spiel Werder gegen Hannover

Kommt es zur Klärung im Polizeikosten-Streit zwischen Bremen und DFL?

Bild: dpa | Carmen Jaspersen

Die Bremer Regeln zu Polizeikosten bei Fußball-Risikospielen haben schon viele Juristen beschäftigt. Nun widmet sich das höchste deutsche Gericht der Auseinandersetzung.

Mit einem Gebührenbescheid aus dem Jahr 2015 befassen sich nun seit fast zehn Jahren die Gerichte: knapp 400.000 Euro stellt die Bremer Innenbehörde darin der Deutschen Fußball Liga (DFL) in Rechnung. Und zwar für Kosten hunderter Polizeikräfte. Die hatte Bremen zusätzlich aufgeboten, um die Stadt vor gewaltbereiten Fußballfans zu sichern – im Umfeld des Hochrisiko-Spiels Werder Bremen gegen den HSV. Die DFL wehrt sich dagegen. Nun geht der Fall in die höchste Instanz.

Im September 2014 beschließt die Bremische Bürgerschaft eine folgenreiche Änderung im Gebühren- und Beitragsgesetz. Paragraph 4, Absatz 4 regelt seither, dass Veranstalter "gewinnorientierter" Großveranstaltungen mit mehr als 5.000 Personen an zusätzlichen Polizeikosten beteiligt werden. Immer dann, wenn "Gewalthandlungen" zu erwarten sind. Es ist die gesetzliche Grundlage dafür, dass Bremen die Deutsche Fußball Liga fortan zur Kasse bittet.

Seit August 2015 klagt die DFL

Seit Jahren sind dem Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) die Mehrkosten bei Hochrisikospielen von Werder Bremen ein Dorn im Auge. Immer dann, wenn gewaltbereite Fußballfans anrücken, braucht Mäurer ein Großaufgebot an Polizeikräften: Statt der sonst üblichen 200 bis 300 Beamten auf der Straße sind bei Spielen gegen beispielsweise den HSV rund 1.000 Polizisten erforderlich.

Im August 2015 stellt Bremen der DFL erstmals eine Rechnung aus. Knapp 400.000 Euro will die Innenbehörde für ihren Mehraufwand haben. Die DFL klagt seither dagegen. In erster Instanz bekommt sie im Mai 2017 vor dem Bremer Verwaltungsgericht Recht.

Steter Kampf durch die Instanzen

Doch die Bremer Innenbehörde legt Berufung ein. Der Fall klettert in die nächsten Instanzen: Erst zum Bremer Oberverwaltungsgericht, später im März 2019 vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Beide Gerichte geben der Bremer Innenbehörde Recht.

In der Zwischenzeit flattern bei der DFL weitere Gebührenbescheide der Bremer ein. Es geht um Werder-Heimspiele gegen Borussia Mönchengladbach, Hannover 96, Eintracht Frankfurt und zwei weitere gegen den HSV. Gesamtsumme: Knapp zwei Millionen Euro. Und die begleicht die DFL zähneknirschend – und unter Vorbehalt.

Rechnungen von rund drei Millionen Euro

Offen sind noch weitere Rechnungen für Spiele gegen Hansa Rostock und den 1.FC Köln – sowie die beanstandete erste Rechnung aus dem Jahr 2015, um die sich nun das Bundesverfassungsgericht kümmert. Insgesamt geht es um rund drei Millionen Euro.

Bisher ist der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer der einzige verantwortliche Minister, der sich gegen die Deutsche Fußball Liga stellt. Doch längst schauen auch andere Innenministerien auf den Rechtsstreit. Das Urteil könnte richtungsweisend sein.

Bremen erhält Sympathien anderer Länder

Denn seit Jahren beobachten Sicherheitsbehörden landauf, landab eine wachsende Szene gewaltbereiter Fußball-Fans. Zuletzt kam es beim Nordderby von Hannover 96 gegen Eintracht Braunschweig zu Ausschreitungen. 2.000 Polizeikräfte waren im Einsatz. Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens von der SPD äußerte erstmals Sympathien für den Bremer Weg: Es sei "auf Dauer so nicht zu leisten, ohne dass wir uns mit den Vereinen über eine Kostenerstattung unterhalten müssen."

Die Deutsche Fußball Liga sieht die Sache naturgemäß anders. Sie hält das Bremer Gebühren- und Beitragsgesetz schlicht für verfassungswidrig. Darüber hinaus sei der Ligaverband nicht dafür verantwortlich, dass sich gewaltbereite Gruppierungen unter die Fußball-Fans mischten. Ausrichter der Spiele seien zudem die Vereine selbst.

Ist das Bremer Gebührengesetz verfassungswidrig?

Folgerichtig reichte die DFL alle Rechnungen der Bremer Innenbehörde an Werder Bremen weiter. Ulrich Mäurer kann diese Haltung nicht verstehen. Die Deutsche Fußball Liga fahre schließlich Rekord-Umsätze ein. Im jüngsten Wirtschaftsreport weist die DFL einen Jahresumsatz in nie dagewesener Höhe von 5,24 Milliarden Euro aus.

Im April 2024 befasst sich nun der achtköpfige Senat des Bundesverfassungsgerichts mit der Beschwerde der DFL. Zu klären ist die Frage, ob das Bremische Gebühren- und Beitragsgesetz in seiner jetzigen Form zulässig ist. Alle Beteiligten sowie betroffene Verbände werden dazu gehört: DFL-Geschäftsführer Marc Lenz, der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer zudem Vertreter der Polizeigewerkschaft und des DFB. Auch Werder Bremens Geschäftsführer Tarek Brauer reist zur Verhandlung nach Karlsruhe. Mit einem Urteil ist allerdings erst in einigen Wochen oder sogar Monaten zu rechnen.

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Autorin

  • Susanne Hausmann
    Susanne Hausmann

Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 25. April 2024, 19:30 Uhr