Streit am See bei Bremen: Dieses Video geht in der Ukraine viral

Drei Auschnitte aus einem Video, in dem ein Mann mit einer Frau streitet
Dieses am Ohlenstedter Quellsee in Osterholz-Scharmbeck bei Bremen gefilmte Video wurde im Netz mehr als zwei Millionen Mal angesehen. Bild: Anna Olytskaya

Ein Mann redet laut auf eine Frau ein, sie sprechen russisch. Die Frau, eine Geflüchtete aus der Ukraine, filmt und veröffentlicht das Video. Zwei Millionen Mal wurde es geklickt.

Die Frau, die der Mann verbal attackiert, filmt die Situation mit ihrem Smartphone. Die Stimmung ist angespannt. Drei Minuten dauert das Video, an dessen Ende der Mann – offenbar von einem Freund – weggeschoben wird. Die Frau, die das Video vergangenen Samstag an einem See in Osterholz-Scharmbeck gedreht hat, heißt Anna Olytskaya und ist eine Geflüchtete aus der Ukraine; sie wohnt zurzeit in Bremen. Sie postete das Video in den sozialen Netzwerken, inzwischen hat es zwei Millionen Aufrufe. In der Ukraine ist es ein großes Thema, Medien berichten darüber; auch eine russische Nachrichtenseite hat es in den sozialen Netzwerken geteilt.

Bild: Anna Olytskaya

In dem Video beschimpft der nach eigenen Angaben im russischen Kurgan geborene und seit 25 Jahren in Deutschland lebende Mann die Ukrainerin. So bezeichnet er sie beispielsweise als "Ukrop" – ein Schimpfwort, mit dem Russen Ukrainer beleidigen. Es geht auf die russische Bezeichnung der Pflanze "Dill" zurück.

Darüber hinaus fragt er, ob sie, ihre Mutter und ihr Sohn "Nazis" und "Faschisten“ seien. Und er fordert die Ukrainerin im Video auf, dass ihr Sohn aufhören solle, "Nazi-Worte" wie "Ruhm der Ukraine" zu rufen.

Was ist mutmaßlich passiert?

Nach Angaben von Olytskaya hat der Ausruf "Ruhm der Ukraine" den Streit ausgelöst. Gegenüber buten un binnen berichtete die Frau, dass ihr Sohn am Badesee zuvor einige Mädchen habe russisch sprechen hören. Da viele Geflüchtete aus der Ukraine russischsprachig seien, habe der Junge die Mädchen mit "Slawa Ukraini!" gegrüßt, was sich mit "Ruhm der Ukraine!" übersetzen lässt. Seit Ausbruch des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine nutzen Ukrainerinnen und Ukrainer dies häufig als Begrüßung. Die Mädchen seien dann weggelaufen. Wenig später seien zwei Männer erschienen, der im Video zu sehende Mann habe Olytskaya, ihren Sohn und ihre Mutter beschimpft.

Auf die Beschimpfungen des Mannes sagt Olytskaya in dem Video ihrerseits unter anderem: "Nazi-Sprache? Ihr seid die einzigen Nazis hier! Es ist euer Land, das unser Land bombardiert. Das ist der Grund, weshalb wir hier sind."

Medien in der Ukraine berichten darüber

Video von Anna Olytskaya auf dem russischen Portal vk.com
Eine russische Nachrichtenseite hat das Video in dem sozialen Netzwerk VK veröffentlicht. Dort heißt es, eine Ukrainerin habe in Deutschland einen Russen angegriffen. Bild: Screenshot

Das Streit-Video hat im Netz eine riesige Debatte unter Ukrainerinnen und Ukrainern ausgelöst. Olytskaya ist Bloggerin in der Ukraine und TV-Journalistin. Als sie das Video postete, hatte sie 85.000 Follower auf Instagram. Mehr als zwei Millionen Mal wurde das Video inzwischen aufgerufen und gut 12.500 Mal kommentiert. Darunter sind viele unterstützende Kommentare und auch Drohungen und Hasskommentare.

Zahlreiche ukrainische Medien haben das Video aufgegriffen und darüber berichtet. In den Schlagzeilen heißt es dort beispielsweise: "Eine ukrainische Journalistin wurde in Deutschland von einem Russen angegriffen", "Bloggerin Olitskaya in Deutschland angegriffen: Russischer Mann beschwerte sich bei Kindern wegen der Worte 'Ruhm der Ukraine'". (Das Video zeigt keine körperlichen, sondern ausschließlich verbale Angriffe Anm.d.Red.) Auch eine russische Nachrichtenseite hat das Video aufgegriffen. Dort heißt es aber, eine Frau hätte in Deutschland einen Russen angegriffen.

Anzeige bei der Polizei

Anna Olytskaya hat Anzeige erstattet. Nach eigenen Angaben gegen den Mann sowie gegen Verfasser von Hasskommentaren unter ihrem Post. Die Beamten hätten ihr Hinweise gegeben, wie sie sich in einer bedrohlichen Situation verhalten solle. "Weggehen, Plätze mit vielen Menschen aufsuchen, die Polizei anrufen und vorsichtig sein", so Olytskaya. Die Polizei Bremen bestätigte buten un binnen, dass eine Anzeige wegen Bedrohung und Beleidigung eingegangen ist.

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Bild: Radio Bremen

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