Kommentar
Stadtverordnete vertagen wichtige Themen: "Ein einziges Trauerspiel!"
Namentliche Abstimmungen, geheime Wahl, skurriles Postengeschacher — die letzte Sitzung des Stadtparlaments in Bremerhaven ist erneut ausgeartet, meint Redakteur Dirk Bliedtner.
Den gesamten Donnerstagnachmittag verhedderte sich die Stadtverordnetenversammlung darin, die eigene Geschäftsordnung zu verändern. Und das wurde dann am Ende auch so beschlossen. Damit wurden die Rechte der Kleinen im Parlament deutlich beschnitten. Fragestunde, Protokoll, Vorlagen der Verwaltung – aber bis zum späten Abend immer noch immer nichts zu Themen, die die Stadt bewegen! Alle Anträge der Volksvertreter vertagt. Ein Trauerspiel!
Zum Beispiel: die drängende Entscheidung über Sanierung oder den Neubau der Stadthalle. Stattdessen die zähe Diskussion über die Länge von Redezeiten. Argument der Regierungskoalition aus SPD, CDU und FDP: Die Beiträge von Einzelabgeordneten – inzwischen sechs an der Zahl – würden zu viel Zeit fressen und dafür sorgen, dass das Parlament nicht mehr arbeitsfähig sein. Deshalb wurden jetzt die Redezeiten von Einzelabgeordneten begrenzt und Ausschüsse verkleinert.
So fördert man Politikverdrossenheit
Das Verrückte daran: Alles soll effektiver werden, man will mehr über Inhalte sprechen. Und blockiert sich gleich mal komplett mit einer Debatte über Einzelabgeordnete. Ein Lehrbeispiel dafür, wie man für mehr Politikverdrossenheit sorgt. Was tun die da eigentlich?
Dass Einzelabgeordnete schuld sein sollen, dass es nicht wirklich vorangeht in der Stadtverordnetenversammlung und sie den demokratischen Prozess gefährden, ist doch Quatsch. Das muss ein Parlament aushalten! Und wenn Bündnis Deutschland mehr Sitzungen vorschlägt, damit die Tagesordnung endlich entzerrt wird, finde ich das jedenfalls besser, als hintenrum an den Regeln der Geschäftsordnung rumzuschrauben – und sich dann womöglich nur noch über Anwälte auszutauschen.
Alle Stadtverordneten haben Rechte
Ob in Fraktion, in einer Gruppe oder eben als Einzelabgeordneter: Alle Stadtverordneten sind gewählt worden und müssen auch das Recht haben, ihre Positionen erklären und darüber selbstverständlich auch mit abstimmen zu können. Das ist gelebte Demokratie, auch wenn das mit den unterschiedlichen Meinungen manchmal anstrengend sein kann. Dafür gab es auch Rückendeckung von den Grünen. Gut so!
Wie können wir im Sinne und zum Wohl der Stadt gemeinsam etwas reißen, wichtige Themen behandeln und noch etwas gegen Politikverdrossenheit tun? Da wäre doch mal eine Portion vom Mannschaftsgeist der Fischtown Pinguins super! So ein Workshop muss der Bremerhavener Stadtregierung mal dringend verordnet werden.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 25. April, 11 Uhr