Interview

Große Koalition in Bremen? Umfrage überrascht Politikwissenschaftler

Das Gebäude der Bremischen Bürgerschaft, deren Fenster in den Farben Schwarz, Rot, Grün, Lila, Gelb und Blau eingefärbt sind.

Wahlumfrage sieht Bremer SPD nur einen Prozentpunkt vor CDU

Bild: Imago | Michael Bahlo/Montage Radio Bremen

In wenigen Monaten ist Bürgerschaftswahl. SPD und CDU sind in einer Umfrage vom "Weser-Kurier" fast gleichauf. Bekommen wir also eine Große Koalition in Bremen?

Die Bremer Bürgerschaftswahl im Mai verspricht spannend zu werden: Laut einer Umfrage kommen die Sozialdemokraten aktuell auf 28 Prozent, die CDU auf 27. Das zeigen Daten von Infratest-Dimap im Auftrag des "Weser Kurier". Im Interview mit buten un binnen erklärt der Bremer Politikwissenschaftler Andreas Klee, was das für Bremen bedeutet.

Herr Klee, waren Sie überrascht von den Ergebnissen?

Tatsächlich ja. Dass es bei den beiden großen Parteien jetzt so dicht ist, damit hätte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Ich war eher der Meinung, dass der leichte Vorsprung der SPD in der letzten Umfrage sich noch vergrößert. Und dass rot-grün eine Mehrheit bekommt.

Was hat sich denn verändert?

Mir fallen zwei Sachen ein. Das eine ist, dass dieser Corona-Bonus, den Bovenschulte hatte aufgrund dieser guten Performance von Bremen, ein bisschen abgeklungen ist. Weil wir aus der Pandemie jetzt einfach rausgekommen sind. Das andere ist natürlich Berlin. Das ist eine interessante Nummer, wo die CDU aus dem Nichts gekommen ist und über Themen wie Innere Sicherheit gepunktet hat. Das hat die CDU hier sich ganz gut zu Nutze gemacht.

Bovenschulte hat eingebüßt, weil Corona weg ist. Und die CDU hat gewonnen, weil Berlin ein Positivbeispiel sein kann.

Der Politikwissenschaftler Andreas Klee im Interview bei buten un binnen.
Andreas Klee, Bremer Politikwissenschaftler

Was bedeuten die Ergebnisse für die Bremer SPD?

Ich würde sagen, die Umfrageergebnisse sind für alle Parteien durchweg schwierig. Ich glaube, die Strategie von der SPD und Bovenschulte war eigentlich: "Wir bleiben einfach auf dieser Erfolgswelle, wir sind eh unantastbar mit diesem Landesvater-Bonus. Und ihnhaltlich halten wir uns schadlos und wollen uns da gar nicht in großen Wahlkampf verstricken lassen." Das scheint nicht zu funktionieren. Ich glaube, dass die SPD die CDU und vielleicht auch Imhoff total unterschätzt hat. Ich vielleicht auch ein bisschen.

Und die Wähler und Wählerinnen: Hat sich ihr Wille dann in der letzten Zeit so stark gedreht?

Naja, es sind noch nicht so richtig große Verschiebungen. Es gibt nach wie vor den großen Trend der Verluste bei der SPD. Da ist schon ein Stammwähler-Klientel weggebrochen. Vielleicht auch mit einer steigenden Unzufriedenheit oder einer größeren Erwartunghaltung der Menschen: "Wir müssen doch jetzt wirklich mal was machen. Und nicht immer nur reden über Bildung, Armut, Arbeitslosigkeit."

Es gibt jetzt ein genaueres Hinschauen: Wem wollen wir eigentlich jetzt wirklich dieses Mandat verleihen? Und da kommen vielleicht viele zu dem Schluss: Da wäre ein Politikwechsel vielleicht gar nicht so eine blöde Idee.

Der Politikwissenschaftler Andreas Klee im Interview bei buten un binnen.
Andreas Klee, Bremer Politikwissenschaftler

Bekommen wir also eine Große Koalition in Bremen?

Ehrlich gesagt glaube ich das nicht. Es könnte eng werden, wenn es so dicht bleibt. Aber es würde auch immer noch reichen für eine rot-grün-rote Dreierkoalition. Die Linke ist in Bremen personell stark aufgestellt. Die Grünen haben in der bremischen Gesellschaft einen großen Rückhalt, ökologische Themen sind in Bremen einfach groß. Daher würde ich vermuten, dass es so weitergeht wie bisher.

Ich freue mich, dass es ein echter Wettbewerb ist. Dass sich alle anstrengen müssen. Das führt einfach zu einem interessanten Wahlkampf.

Der Politikwissenschaftler Andreas Klee im Interview bei buten un binnen.
Andreas Klee, Bremer Politikwissenschaftler

Weitere Artikel zur Bürgerschaftswahl:

Autorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 1. März 2023, 20 Uhr