Welche Schlüsse Bremer Politiker aus der Europawahl ziehen
Bei SPD, Grünen und Linken herrscht Katerstimmung. Die Bremer CDU freut sich über das gute Abschneiden auf der Bundesebene. Auch die AfD hat Grund zum Jubeln.
Bremen wählt anders als der Rest der Republik: Unter anderem ist das am Wahlergebnis der SPD erkennbar. Die Sozialdemokraten wurden in Bremen, ganz anders als auf Bundesebene, bei der EU-Wahl die stärkste Kraft. Obwohl die SPD in Bremen damit noch vergleichsweise gut davonkam, war das Ergebnis für Landeschef Reinhold Wetjen bitter: "Offensichtlich ist es uns nicht gelungen, mit unserer sozialdemokratischen Politik die Wählerinnen und Wähler zu erreichen." Richtig Sorge mache ihm aber das Abschneiden der AfD. "Wir Sozis werden uns nicht damit abfinden, dass eine rechtsextreme Partei in Deutschland eine Rolle spielen könnte", so Wätjen.
Bremerhavens SPD-Chef Martin Günthner sah indes die Uneinigkeit der Bundesregierung als Grund für das schlechte SPD-Abschneiden – obwohl die Sozialdemokraten auch in der Seestadt die stärkste Kraft wurden. "Wir haben im Wahlkampf mit massivem Gegenwind aus Berlin zu kämpfen gehabt."
Eine Bundesregierung, die permanent streitet und ein Bundeskanzler, der abgetaucht ist und nicht kommuniziert, das wirkt sich im Wahlkampf eben negativ aus, wie die 14 Prozent auf Bundesebene zeigen.
Martin Günthner, Vorsitzender der SPD Bremerhaven
CDU: Ergebnis sei Anfang, Vertrauen in die Union zurückzugewinnen
Die Union liegt in Bremen mit fast 20 Prozent knapp hinter der SPD, was einem Minus von gut zwei Prozentpunkten entspricht – auch hier also ein ganz anderes Bild als im Bund. Auch deswegen spricht der CDU-Landesvorsitzende Heiko Strohmann lieber über den unumstrittenen Deutschland-Erfolg der Union. "Es ist uns gelungen über 30 Prozent der Wähler zu erreichen." Es sei ein Anfang, um das verlorene Vertrauen in die CDU zurückzugewinnen und es habe sich gelohnt, die AfD inhaltlich zu stellen. Ähnlich sah es Bremerhavens CDU-Chef Torsten Neuhoff, der mit dem Ergebnis der CDU im Bund zufrieden war. Er machte aber auch deutlich: "Neben der geringen Wahlbeteiligung in Bremerhaven müssen sich die etablierten Parteien auch die Frage nach dem Wahl-Ergebnis der AfD stellen." Das Ergebnis dürfe nicht einfach so hingenommen werden, sondern alle müssten mehr Aufklärung betreiben.
Klarer Verlierer der Europa-Wahl sind die Grünen, auch in Bremen – eigentlich eine Hochburg der Öko-Partei. Mit 16,2 Prozent liegen sie im Land Bremen zwar auf Platz drei. Das ist dennoch ein Absturz: Denn vor fünf Jahren bekamen die Grünen noch fast 23 Prozent der Stimmen. Klar, dass Landesvorstandssprecherin Franziska Tell mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist. "Wir werden uns nun die Zeit nehmen, die es braucht, um das Wahlergebnis in aller Ruhe zu analysieren", so Tell. Jetzt gehe es darum, auf europäischer Ebene Mehrheiten zu schaffen, um zum Beispiel den Green Deal umzusetzen und die demokratischen Kräfte in Europa zu stärken.
Linke "super-enttäuscht" über Bundesergebnis
Die Linke verliert in Bremen und erreicht 5,8 Prozent – obwohl sie mit in der Landesregierung sitzt. Damit erreicht sie allerdings im Vergleich zum Bund landesweit noch mehr als doppelt so viele Wählerinnen und Wähler. Der Bremer Europa-Kandidat Lucas Fiola bezeichnete das Ergebnis auf Bundesebene als "super-enttäuschend".
Nicht zufrieden waren Bremerhavens FDP-Chef Hauke Hilz - die FDP kommt im Land auf 5,3 Prozent der Stimmen – und der Landesvorsitzende von Bündnis Deutschland, Jan Timke, mit unter zwei Prozent der Stimmen. Anders die Lage beim Bremerhavener AfD-Kreisvorsitzenden Stephan Hilbers: Er sieht die Enttäuschung über die CDU als einen Grund für den Wahlerfolg seiner Partei.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 9. Juni 2024, 19.30 Uhr