Warum zieht wahrscheinlich kein Bremer Politiker ins EU-Parlament ein?

Leere Stühle im Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Strassburg

Warum im EU-Parlament wahrscheinlich kein Abgeordneter aus Bremen einzieht

Bild: dpa | Daniel Kalker

Am 9. Juni ist Europawahl und es könnte erstmals sein, dass kein Abgeordneter und keine Abgeordnete aus Bremen ins Europa-Parlament einziehen wird. Das sind die Gründe.

Für die Europawahl haben sich insgesamt 1.413 Kandidatinnen und Kandidaten in Deutschland aufgestellt. Im EU-Parlament sind Deutschland 96 Parlamentssitze zugewiesen. Trotzdem stehen die Chancen in das Europa-Parlament einzuziehen für Bremen eher schlecht. Warum das so ist und wie Bremer Themen dort trotzdem eine Stimme finden sollen, lesen Sie hier.

Warum hat kein Bremer Kandidat gute Aussichten ins Europa-Parlament einzuziehen?

Bei den meisten Parteien haben die Bremer Kandidatinnen und Kandidaten zu schlechte Listenplätze bekommen. Bei der SPD steht die Bremer Kandidatin, Annika Barlach, nur auf Platz 27 der Bundesliste. Das heißt, die SPD müsste in Deutschland mindestens 25 bis 26 Prozent bekommen, damit Barlach ins Europa-Parlament einzieht. Und das dürfte bei Umfragewerten von 16 Prozent sehr unwahrscheinlich sein.

Alexandra Werwath, Landesvorstandssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen in Bremen, spricht bei der Landesmitgliederversammlung zum Ausgang der Bürgerschaftswahl im Bürgerzentrum Neue Vahr in Bremen im Mai 2023.
Alexandra Werwath ist ehemalige Co-Vorsitzende der Bremer Grünen. Bild: dpa | Focke Strangmann

Die Grünen-Kandidatin Alexandra Werwath steht auf Platz 23. Um ins Europa-Parlament einzuziehen bräuchte sie ein Grünen-Ergebnis von über 20 Prozent. Auch für die Bremer Kandidaten von FDP und Linke besteht fast keine Chance.

Für die CDU sieht es anders aus, da sie als einzige Partei Landeslisten aufstellt. Dadurch stehen überall Personen aus dem eigenen Bundesland auf dem Stimmzettel. Für kleine Bundesländer wie Bremen hat das den Nachteil, dass die Kandidaten dort kaum eine Chance haben, weil es hier zu wenige Wahlberechtigte gibt. Selbst wenn in Bremen am 9. Juni alle Wahlberechtigten zur EU-Wahl gingen, und alle die CDU wählen würden – dann hätte der Bremer Kandidat trotzdem zu wenige Stimmen.

Bei der CDU liegt es also an den Landeslisten. Wie ist das bei den anderen Parteien: Finden Bremer da zu wenig Gehör?

In größeren Landesverbänden wie Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen haben Parteien deutlich mehr Mitglieder und somit auch mehr Macht, als kleinere Verbände wie Bremen. Zudem ist wichtig, wie bekannt die Kandidaten sind, ob sie bereits im Europa-Parlament saßen, welche inhaltlichen Profile sie haben und wer bei den letzten Wahlen verloren hat. Deshalb kann bei kleinen Parteien mit wenigen Sitzen nicht jeder aus jedem Bundesland einziehen. Selbst bei der SPD sind die Wahlergebnisse geschrumpft. Bei der letzten Europawahl hatte es noch knapp für den Bremer Kandidaten Joachim Schuster gereicht.

Wer vertritt denn künftig Bremer Interessen in Brüssel oder Straßburg?

Bei den meisten Parteien vertreten niedersächsische Abgeordnete Bremen und Bremerhaven mit. Bei den Grünen übernimmt das aktuell Katrin Langensiepen aus Hannover. Sie hat einen sicheren Listenplatz. Bei der SPD will Tiemo Wölken aus Osnabrück künftig Bremer Interessen mit vertreten. Die CDU hat schon seit Längerem David McAllister in Brüssel, den früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten. David McAllister vertritt die Bremer CDU bereits seit zehn Jahren – und ist "mindestens einmal im Monat in Bremen und Bremerhaven unterwegs, um ganz konkret Gespräche vor Ort zu führen", sagt er.

Ich habe nicht nur Kontakte zur Partei, sondern ich habe auch ein sehr gutes Verhältnis zur Handelskammer in Bremen, zu vielen Unternehmen.

David McAllister (CDU, Fraktion EVP) steht im Gebäude des Europäischen Parlaments und spricht.
David McAllister, EU-Abgeordneter der CDU
Jan-Christoph Oetjen
Jan-Christoph Oetjen ist Vizepräsident des EU-Parlaments. Bild: dpa

Ein weiterer Kandidat aus dem Bremer Umland ist Jan-Christoph Oetjen von der FDP: Er kommt aus Sottrum und findet, dass es im EU-Parlament eigentlich keine Rolle spielt, ob ein Abgeordneter aus Bremen oder aus Lilienthal kommt. Als EU-Abgeordneter habe man nicht die Aufgabe sich um bestimmte Förderpolitiken in den Städten zu kümmern, sagt er, das regelten die einzelnen Städte selbstständig.

Bremen bekommt laut Oetjen etwa 230 Millionen Euro Fördermittel von der Europäischen Union – und dieses Geld "bekommt Bremen unabhängig davon, ob es einen Europa-Abgeordneten gibt oder nicht", erklärt Jan-Christoph Oetjen.

Wie kann sich Bremen in Brüssel sonst bemerkbar machen?

Bremen hat dort außerdem eine Vertretung und eine Europa-Abteilung im Rathaus, die die Interessen der Hansestadt vertritt. Dem Bremer Rathaus zufolge ist es zwar schade, dass Bremen nicht mehr im Europa-Parlament repräsentiert ist. Auf die Arbeit der Verwaltung habe das aber keinen Einfluss, heißt es.

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Bild: dpa | Jens Kalaene

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Autorin

  • Carolin Henkenberens
    Carolin Henkenberens Autorin

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 29. Mai 2024, 8:10 Uhr