Hintergrund

Innenstadt, Häfen und Co. – Bremens 7 politische Baustellen für 2024

Ein für blinde Besucher gefertigtes Modell der Innenstadt von Bremen steht auf dem Marktplatz nahe der Bremer Bürgerschaft.
Von der Innenstadtentwicklung bis zur Schuldenbremse: Auf Bremens Senat warten 2024 viele Baustellen. Bild: dpa | Hauke-Christian Dittrich

Häfenfinanzen und Stahlwerkumbau, Migration und Kita-Plätze, Schuldenbremse und Domsheide – die Liste des Senats bleibt lang. Dies sind die wichtigsten Herausforderungen.

Mutige Wahlversprechen, ein Koalitionsvertrag und die Regierungserklärung von Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) enthalten viele Pläne für Bremens Politik. Parallel kritisiert die politische Opposition zahlreiche Projekte, die aus ihrer Sicht anders oder schneller voranschreiten müssten. Welche sieben Baustellen der Senat 2024 besonders dringend angehen muss, fassen wir hier zusammen.

  1. Umgang mit der Schuldenbremse.
  2. Folgen der Migration.
  3. Bereitstellung von Kita- und Schulangeboten.
  4. Sanierung von Sport- und Turnhallen.
  5. Umgestaltung der Innenstadt.
  6. Umbau des Stahlwerks.
  7. Häfenfinanzierung und Häfenkooperation.

1 Umgang mit der Schuldenbremse

Seit Anfang 2009 gilt in Deutschland für staatliche Ausgaben die sogenannte Schuldenbremse. Sie sieht vor, dass die Haushalte von Bund und Ländern ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Ausnahmen von dieser Regel gelten nur im Fall von Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notlagen, wenn die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt wird. Die politische Praxis, in einer Krise wie der Corona-Pandemie große Schuldentöpfe anzulegen und sich aus ihnen über Jahre zu bedienen, ist seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November für Bund und Länder allerdings verboten.

Eine Hand zieht an einer Notbremse, auf der das Wort Schuldenbremse geschrieben steht
2024 lässt sich die Schuldenbremse auch für das Land Bremen schwieriger umgehen als bislang durch die Praxis der Sondertöpfe. Bild: dpa | McPhoto/F. Langmann / Montage Radio Bremen

Bremen hat darauf kurz vor Weihnachten reagiert – und 362 Millionen Euro aus dem Bremen-Fonds nachträglich in den regulären Haushalt umgebucht. Zuvor hatte die Bremische Bürgerschaft eine "multiple Notlage" erklärt, die dem Parlament zufolge auf Klimakrise, Krieg in der Ukraine, Energiekrise und die Auswirkungen der Corona-Pandemie zurückgehe.

Wie Bremen künftig mit der Schuldenbremse umgehen wird, müssen Senat und Bürgerschaft im Jahr 2024 klären. Während die Handelskammer Bremen zum Sparen aufruft und die Opposition die Schuldenpolitik kritisiert, wirbt die Regierung um Bovenschulte für eine Reform der Schuldenbremse, bei der beispielsweise langfristige Investitionen nicht aus laufenden Einnahmen finanziert werden müssten.

2 Folgen der Migration

Noch im November 2023 gaben 80 Prozent von rund 5.500 befragten Radio-Bremen-Meinungsmelder in einer nicht-repräsentativen Befragung an, mit der Asylpolitik des Bremer Senats unzufrieden zu sein.

Auf viele Aspekte im Hinblick auf Geflüchtete, zum Beispiel die Möglichkeit von Abschiebungen, hat Bremen zwar wenig Einfluss. Dazu zählen beispielsweise von EU und Bundesregierung geschlossene Rückführungsabkommen.

Der Blick geht durch einen Metallzaun. Dahinter sitzt ein Mann auf einer Palette. Er hält sich die Augen mit der Hand zu.
Der Wohnraum für Migranten bleibt in Bremen knapp. Auch hier ist Bremens Senat 2024 gefragt. Bild: Radio Bremen

Auf dem Migrationsgipfel im November in Berlin haben sich Bund und Länder aber zumindest darauf geeinigt, dass der Bund künftig mehr zur Finanzierung der Versorgung von Geflüchteten beiträgt. Somit erhält auch Bremen nun eine Pauschale pro Asylbewerber und Jahr von 7.500 Euro.

Die Unterbringung vor Ort ist allerdings Aufgabe der Länder. Rund 11,5 Millionen Euro hat der Senat dafür im Dezember freigegeben. Etwa 3,4 Millionen Euro sind zum Beispiel dafür gedacht, das sogenannte Rote Dorf im Bremer Osten wiederaufzubauen. Die Modulbauten waren 2019 nach fünf Jahren Standzeit demontiert worden. Der Bedarf an Wohnraum für Asylsuchende wird auch 2024 hoch bleiben. Anfang Dezember fehlten Bremens Sozialsenatorin Claudia Schilling (SPD) zufolge in der Erstaufnahme 600 Plätze.

Ende November stapelten sich laut der Innenbehörde beim Migrationsamt zudem rund 6.300 Einbürgerungsanträge. Auch hier wird der Handlungsdruck für Bremens Senat auch 2024 hoch sein.

3 Bereitstellung von Kita- und Schulangeboten

Der Beginn des Kita-Jahres stand in der Stadt Bremen 2023 einmal mehr unter keinem guten Stern. Der Grund: Dem Bildungsressort zufolge fehlten 787 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren sowie 596 Betreuungsplätze für Kinder über drei Jahre – ähnlich wie schon im Jahr zuvor.

Ein Jahrzehnt nach der Einführung des Rechtsanspruchs auf eine Tagesbetreuung für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr fehlten im Bundesland Bremen sogar 6.500 Plätze, um den Bedarf der Eltern zu decken, hieß es später im Jahr in einer Studie der Bertelsmann-Stiftung. Eine Lösung sei kaum in Sicht, da im kleinsten Bundesland bis 2025 rund 1.400 Fachkräfte für Kitas und Grundschulen fehlten.

4 Sanierung von Sport- und Turnhallen

Für den Senat und das Ressort für Kinder und Bildung sind das keine neuen Baustellen. Aber sie werden auch das anstehende Jahr maßgeblich bestimmen.

So wie auch die Instandsetzung und energetische Sanierung von Schulen und Turnhallen. Der desolate Zustand vieler Turnhallen ist längst Streitthema. Anfang Dezember drohte der Landessportbund (LSB) sogar, die Kooperation mit dem Senat aufzukündigen. Von 139 öffentlichen Schulsporthallen im Land waren zu diesem Zeitpunkt 15 gesperrt. Viele von ihnen gelten als einsturzgefährdet.

5 Umgestaltung der Innenstadt

Nach dem Verbleib der Straßenbahngleise in der Obernstraße, der vor Weihnachten endgültig beschlossen wurde, ist zumindest diese Debatte um die Neugestaltung der Bremer Innenstadt beendet. Gleichzeitig muss der Senat nun 2024 die Weichen stellen, wie es an zentralen Orten in der City weitergeht.

Für den Domshof beispielsweise hat Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) zwei Architekturbüros den Zuschlag für die weitere Planung im Jahr 2024 erteilt. Ob dann, wie geplant, 2025 der Umbau beginnen kann, wird sich zeigen.

Ein erhöhter Blick auf die Domsheide.
2024 muss der Senat seine Pläne für die Domsheide konkretisieren. Auch für die Zukunft des Domshofs und des Grundstücks des bisherigen Parkhauses Mitte stehen Entscheidungen an. Bild: Radio Bremen

Nach dem Ende der Straßenbahn-Debatte muss Mobilitätssenatorin Özlem Ünsal (SPD) nun auch konkrete Pläne für den Umbau der Domsheide ausarbeiten. Anders als bislang diskutiert, sollen die Busse und Bahnen laut Mobilitätsressort nun nicht mehr an einem zentralen Punkt gebündelt werden. Stattdessen sollen die zwei bisherigen Haltepunkte bleiben.

Viel Planung und ein Ideenwettbewerb stehen 2024 auch für das Grundstück an, auf dem jetzt noch das Parkhaus Mitte steht. Bis Herbst soll der Wettbewerb abgeschlossen sein. Wie lang es dann noch bis zum Abriss des Parkhauses dauern wird, ist ungewiss. Auch diese Baustelle wird die Bremer Politik im anstehenden Jahr begleiten.

Nicht zuletzt steht 2024 auch der Umzug von rund 1.500 Studentinnen und Studenten in das ehemalige Landesbank-Gebäude am Domshof an. Was mit den weiteren Gebäuden passiert, die Bremen jüngst in der Innenstadt erworben hat oder erwerben will, ist bislang nicht abschließend geklärt. Dazu zählen der Börsenhof A, die Grundstücke neben dem Konzerthaus Glocke und das Postgebäude an der Domsheide.

6 Umbau des Stahlwerks

Auf dem Zettel hat der Senat nach wie vor die Umstellung des Bremer Stahlwerks auf klimaneutrale Produktion. Zwar wurde auf dem Gelände des Arcelor-Stahlwerks im April der Grundstein für eine der größten Wasserstoffanlagen in Deutschland gelegt, um ab 2024 einen Teil des Energiebedarfs mit Wasserstoff zu decken statt mit Kohle. Die Finanzierung des Projekts ist allerdings noch nicht durch.

Neben den rund 300 Millionen Euro, die Bremen für die Umstellung auf grünen Stahl zuschießen will, werden auch Gelder in Höhe von rund 700 Millionen Euro vom Bund benötigt.

Tatsächlich hat die EU-Kommission die staatlichen Fördergelder für Arcelor bislang noch nicht genehmigt. Derzeit wird der Antrag noch geprüft. Die gute Nachricht: Förderanträge für die Stahlunternehmen Salzgitter und Thyssenkrupp Steel sind bereits genehmigt worden.

7 Häfenfinanzierung und Häfenkooperation

Ebenfalls ums Geld geht es in der für Bremen und vor allem Bremerhaven wichtigen Hafenwirtschaft. Das Land Bremen fordert mehr Unterstützung vom Bund. Derzeit erhalten die norddeutschen Seehäfen in Summe nur rund 38 Millionen Euro Unterstützung. Ins Land Bremen fließen davon rund zehn Millionen Euro.

Am Containerterminal in Bremerhaven warten Container auf ihre Abfertigung.
Containerterminal in Bremerhaven: Bremen ringt um Fördergelder vom Bund. Bild: dpa | Carmen Jaspersen

In der "Bremer Erklärung" fordert Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt daher gemeinsam mit den Wirtschaftsministern der anderen fünf Küstenländer eine Verzehnfachung der bisherigen Gelder, um Seehäfen wie Bremerhaven im Wettbewerb mit ausländischen Konkurrenzhäfen wettbewerbsfähig zu halten. Bislang hat der Bund allerdings keine konkreten Zusagen zur Seehäfenfinanzierung gegeben.

Zugleich beschäftigt den Senat inzwischen die Entwicklung in Hamburg. Dort hat sich die weltgrößte Container-Reederei MSC zum Jahresende 2023 bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) eingekauft. Sowohl bei Reederei-Konkurrenten in Hamburg wie zum Beispiel Hapag-Lloyd und Eurokai als auch in Bremen und Bremerhaven sorgte die Ankündigung für Unruhe. Für den Bremer Senat bedeutet der Hamburger Vorstoß, dass die geplante nationale Hafenstrategie voraussichtlich angepasst oder neu gedacht werden muss.

Das bedeutet der MSC-Einstieg im Hamburger Hafen für Bremen

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 20. Dezember 2023, 19:30 Uhr