Fragen & Antworten
Was hat Rot-Grün-Rot in Bremen für die Pflege getan?
Wie es nach sechs Jahren Rot-Grün-Rot um die Pflege in Bremen steht
Halbzeit-Check: Seit knapp zwei Jahren regiert in Bremen der rot-grün-rote Senat. Mit welchem Erfolg? Das prüft buten un binnen in einer Serie. Heute: die Pflege.
Rund 6.700 Pflegeplätze gibt es in den 104 Pflegeheimen des Landes Bremen. Dass der Zwei-Städte-Staat mehr bräuchte, ist kein Geheimnis. Bundesweit, schätzt der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP), fehlen schon heute etwa 60.000 Pflegeplätze. Und weil der Altersdurchschnitt in Deutschland weiter steigt, steigt auch der Bedarf an Pflegeplätzen weiter. Der AGVP prognostiziert, dass es im Jahr 2034 bundesweit 160.000 Pflegeplätze zu wenig geben wird.
Das Problem: Neben dem Bedarf an Pflegeplätzen schnellen auch die Kosten für die Pflege immer weiter in die Höhe, auch mangelt es an Pflegekräften. Es wird immer schwieriger, Pflegeheime kostendeckend zu betreiben, wie die vielen Insolvenzen der letzten Jahre – auch in Bremen – belegen. Entsprechend sind in Deutschland zuletzt mehr Pflegeplätze verloren gegangen als neu entstanden. Der AGVP spricht von einem Verlust um zwei Prozent im Jahr 2023. Auch danach ist die Zahl der Plätze, zumindest in Bremen, laut Gesundheitsressort leicht gesunken: von 6.733 Plätzen Ende 2023 auf 6.689 im April dieses Jahres.
Umso mehr fragt sich: Wie will der Bremer Senat die Probleme lösen? Was hat er in der ersten Hälfte der laufenden Legislatur geschafft, was hat er noch vor? Ein Überblick.
Was hat der Bremer Senat im Koalitionsvertrag zur Verbesserung der Lage in der Pflege versprochen?
Die Koalition geht im Koalitionsvertrag davon aus, dass sich die Zahl der Pflegebedürftigen im Land Bremen bis 2033 auf mehr als 60.000 beinahe verdoppeln wird. Um diese Entwicklung aufzufangen, hält sie einen neuen Ansatz für geboten: "Wir wollen, dass der Wunsch der Menschen und ihr Recht auf Selbstbestimmung zum Ausgangspunkt genommen werden", heißt es dazu im Vertrag.
Das bedeutet: Die Koalition möchte die Menschen darin unterstützen, möglichst in ihrer vertrauten Umgebung alt zu werden, "in ihren gewohnten vier Wänden, in ihrem Wohngebiet, inmitten ihrer Nachbarschaft". Zu diesem Zweck möchte der Senat "den Ausbau von Alternativen zur klassischen stationären Pflegeeinrichtung fördern, zum Beispiel Pflege-WGs" sowie pflegende Angehörige stärker unterstützen. Dazu muss man wissen: Laut Statistischem Bundesamt werden knapp neun von zehn Pflegebedürftigen zu Hause versorgt, etwa jeder zweite von Angehörigen.
Schließlich kündigt der Senat im Koalitionsvertrag an, Menschen über 75 präventiv besuchen zu wollen, um Pflegebedarfe festzustellen. Der Senat weist im Koalitionsvertrag auch darauf hin, dass die Eigenanteile derer, die auf die Pflege im Heim angewiesen sind, weiter stiegen. Um hier gegenzusteuern, wolle man "sich auf Bundesebene für eine solidarische Bürgerversicherung einsetzen, die die wachsenden Eigenanteile der Pflegebedürftigen deckelt".
Wo steht Bremen derzeit bei der stationären Pflege?
Die Kosten für die Pflege im Heim sind in Bremen so teuer wie kaum andernorts in Deutschland. Sie liegen rund 500 Euro über dem Bundesdurchschnitt. Konkret bedeutet das: Der Eigenanteil, den die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner in Bremen stemmen müssen, liegt laut Verband der Ersatzkassen (VDEK) bei durchschnittlich 3.456 Euro.
Der VDEK gibt dem Bremer Senat eine Mitschuld an den hohen Eigenanteilen. Sie seien auch wegen der hohen tariflichen Bindung in Bremen so hoch. "Diese war politisch gewollt. Ebenso muss die Politik nun eine Lösung für die Finanzierung finden. Das darf nicht weiter zu Lasten der Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen gehen", sagt Torsten Barenborg, Leiter der VDEK-Landesvertretung Bremen. Darüber hinaus fordert der VDEK, dass die Länder die Investitionskosten der Heime übernehmen. Auch dadurch ließen sich die Bewohner entlasten.
Zum Hintergrund: Etwa ein Drittel der Heimbewohner Bremens kann sich das Heim aus eigenen Mitteln nicht leisten. So teilt Kristin Viezens aus dem Gesundheitsressort mit, dass 2.380 Heimbewohner im Land Bremen, davon 416 in Bremerhaven, im Jahr 2024 auf "Hilfe zur Pflege" angewiesen waren – also auf Sozialhilfe zum Bestreiten der Pflegekosten.
Wie sich der Eigenanteil für die Pflege im Heim in Bremen zusammensetzt
Wie steht es um den Ausbau der Pflegeleistungen in der vertrauten Umgebung der Pflegebedürftigen?
Dabei kommt der Senat offenbar nicht in dem Tempo voran, das er sich vorgenommen hat. So antwortet Viezens auf eine entsprechende Frage zwar: "Pflege im Quartier ist eine notwendige Weiterentwicklung des Pflegesystems." Auch würden innovative Pflegestrukturen in Quartieren immer wichtiger. Doch dazu müssten zunächst die Rahmenbedingungen der heutigen Pflegeversicherung verändert werden. "Bremen wird sich im Zuge der Pflegereform im Bund für mehr eigene Gestaltungsmöglichkeiten von neuartigen, kleinräumigen Pflegesettings einsetzen", sagt Viezens.
Bremerhaven könnte hierbei zum Vorreiter werden. Denn in Leherheide, so Viezens, strebe das Gesundheitsressort in Kooperation mit der Stadt Bremerhaven sowie mit Akteuren der Pflege vor Ort ein neues Modellprojekt an: "Heidjer Hilfe – Nebenan im Einsatz". Das Projekt solle sowohl aus Fraktionsmitteln als auch aus solchen der Pflegeversicherung gefördert werden. Es gehe darum, pflegenden Angehörigen niedrigschwellige Hilfen anzubieten und sie zu entlasten. Dabei orientiere man sich an den in der Stadt Bremen etablierten Dienstleistungszentren. "Ziel ist auch eine engere, verbindlichere Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen und Diensten im Stadtteil", sagt Viezens.
Das Modellprojekt "Präventive Hausbesuche" bei Seniorinnen und Senioren ab 75 werde in Bremerhaven bereits verstetigt, sagt Viezens. In Bremen laufe der Modellversuch noch.
Wie ist die Situation in der Altenpflege in Bremen?
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 2. Mai 2025, 6:50 Uhr