Interview

Bremer DLRG mit Saisonstart zufrieden – aber hiervor wird gewarnt

Ein Mann und eine Frau sind mit ihren Luftmatratzen auf einem See unterwegs
Luftmatratzen machen Spaß, sicher sind sie aber nicht, warnt Bremens DLRG-Sprecher Philipp Postulka. Bild: dpa | Thomas Warnack

Die Badesaison ist aus Sicht der DLRG gut angelaufen. Bislang hat sie nur zwei Menschen am Unisee vor dem Ertrinken retten müssen. Ein Helfer erklärt, wann es gefährlich wird.

Ein Mann im gelben T-Shirt steht am Wasser.
Er ist selbst im Rettungswachdienst: Philipp Postulka. Bild: Radio Bremen | Felicia Lemke

Bei heißen Temperaturen ziehen Bremens Badeseen etliche Menschen ins Wasser. Was nach Spiel und Spaß aussieht, kann aber schnell gefährlich werden, sagt der Pressesprecher der Bremer DLRG, Philipp Postulka. Das liege an Abbruchkanten, die es in fast allen Badeseen in der Region gebe, aber auch an Luftmatratzen, Schwimmringen und -flügeln. Warum das so ist, erklärt der Rettungsschwimmer im Interview.

Die ersten Hitze-Wochenenden liegen hinter uns. Wie ist die Badesaison in Bremen aus Ihrer Sicht angelaufen?

Wir sind sehr zufrieden. Was die Einsatzzahlen angeht, ist es bisher eine ruhige Saison. Wir haben dieses Jahr noch keine Ertrinkungstoten in Bremen, das freut uns sehr – und wir hoffen, dass es dabei bleibt. Auch sonst haben wir bisher kaum schwere Badeunfälle gehabt. Das ist eher ungewöhnlich, aber natürlich begrüßenswert.

Wie erkennen Bremer überhaupt, ob ein See bewacht ist?

Wasserrettungsdienst ist immer an der Beflaggung zu erkennen. Dort weht dann eine rot-gelbe Flagge, die sieht in ganz Deutschland gleich aus. An unseren Badeseen steht an der Wache dann ein Mast, an dem wir die Flagge hissen.

DLRG-Flagge weht am Strand vor dem Meer
Egal, ob am Meer oder am See: Die Flagge sieht in Deutschland immer gleich aus. Bild: dpa | Kirchner-Media |David Inderlied

Wir fragen Sie jedes Jahr nach Tipps für sicheres Baden. Was sind die wichtigsten?

Am wichtigsten ist, dass man schwimmen kann. So gerät man gar nicht erst in gefährliche Situationen. Wer nicht schwimmen kann, sollte im Nichtschwimmer-Bereich bleiben, den gibt es in jedem Badesee in Bremen. Die Bereiche sind mit einem Zaun abgegrenzt, das heißt, man kommt zum Beispiel gar nicht erst in die Nähe von Abbruchkanten. Natürlich kann man über den Zaun steigen, aber dann ist man zumindest gewarnt, dass man den Nichtschwimmer-Bereich verlässt.

Sonst hilft grundsätzlich immer ein Blick in die Baderegeln der DLRG, die sind online überall verfügbar, auch in vielen verschiedenen Sprachen. Wenn die Regeln berücksichtigt würden, hätten wir keine Einsätze mehr, das muss man einfach sagen. Was auch wichtig ist: Du solltest nie um Hilfe rufen, wenn du keine Hilfe brauchst und nicht in Gefahr bist. Wir hören auf den Hilferuf, – wenn aber Kinder beim Spielen andauernd um Hilfe rufen, dann ist das nicht nur nervig, sondern wir stumpfen auch ab. Das ist natürlich dann ungünstig, wenn die Kiddies wirklich in Gefahr sind und vorher zig mal Hilferufe gespielt haben. Wenn dann tatsächlich etwas ist, hören wir das vielleicht nicht mehr.

An Abbruchkanten kommt es immer wieder zu Unfällen. In welchen Bremer Seen gibt es die?

Abbruchkanten gibt es in allen Bremer Badeseen, weil die Badeseen durch Wasserentnahmen künstlich geschaffen worden sind. Man geht einige Meter in den Badesee hinein, man steht bauch- oder brustief im Wasser und bis zu dieser Wassertiefe ist das Bodenprofil unauffällig abgefallen, es ging also langsam vom flachen ins bauchtiefe Wasser – dann geht es plötzlich steil hinunter. Abbruchkanten sind in Badeseen immer an unterschiedlichen Stellen, manchmal sind sie auch nah am Ufer.

Schild am Badesee warnt vor Abbruchkante
Achtung Abbruchkante! Bild: dpa | Fredrik Von Erichsen

Man geht einige Meter in den Badesee hinein, man steht bauch- oder brustief im Wasser und bis zu dieser Wassertiefe ist das Bodenprofil unauffällig abgefallen, es ging also langsam vom flachen ins bauchtiefe Wasser – dann geht es plötzlich steil hinunter.

Philipp Postulka, DLRG Bremen

Für wen ist das gefährlich?

Für Nichtschwimmer. Wenn man schwimmen kann, ist das überhaupt nicht gefährlich. Für Schwimmer ist das so wie im Schwimmbad, wenn sie vom flachen ins tiefere Wasser kommen, sie merken das und fangen an zu schwimmen. Der große Unterschied und das Problem ist aber, dass man im Schwimmbad sehen kann, wann es tief wird. Jemanden, der nicht schwimmen kann, überrascht die Abbruchkante im See und der hat dann ein Problem.

Was wird getan, um vor Abbruchkanten zu warnen?

An einigen Badeseen gibt es Schilder, zum Beispiel am Achterdieksee in Oberneuland und am Sodenmattsee in Huchting. Das sind auch die Seen, wo es vermehrt zu Unfällen gekommen ist – auch in Verbindung mit den Badeplattformen, die es da im Wasser gibt. Man hat Warnschilder aufgestellt. Wenn man jetzt also ins Wasser geht, steht da ein dreieckiges Warnschild mit einem Bild, das zeigt: Achtung Abbruchkante. Die Frage ist, bringt das etwas oder bringt das nichts? Schwer zu sagen. An anderen Seen gibt es Informationstafeln, auf denen man sehen kann, wo der Nichtschwimmer-Bereich ist. Nicht überall gibt es die Abbruchkanten-Warnschilder.

Viele bringen Luftmatratzen und Co. an die Seen mit. Was halten Sie davon?

Aufblasbare Schwimmhilfen wie Luftmatratzen, Schlauchboote, aufblasbare Tiere und Schwimmflügel bieten keine Sicherheit im Wasser. Die Teile können abtreiben oder kaputt gehen. Schwimmflügel können von den Armen abrutschen. Wenn Kinder in tiefes Wasser kommen, strecken sie oft ihre Arme über den Kopf – genau dann rutschen die Schwimmflügel nach oben ab. Dann sind die Schwimmflügel an der Oberfläche, aber das Kind nicht mehr. Also: Schwimmflügel sind kein sicheres Auftriebsmittel.

Die DLRG ist auf Ehrenamtliche angewiesen. Wie gut sind Sie da gerade aufgestellt?

Gut. Das schwankt immer ein bisschen, aber es ist so, dass wir bei der Zahl der Aktiven in diesem Jahr bislang keine große Einbrüche feststellen. Insgesamt sind bei uns im Land momentan über 300 Helferinnen und Helfer aktiv. Im Bezirk Bremen-Stadt, das ist die Stadtgemeinde außer Bremen-Nord, haben wir sogar einen Mitgliederzuwachs von fast zehn Prozent.

Sie suchen also gerade nicht mehr nach Ehrenamtlichen?

Nein, wir können überall Leute gebrauchen und freuen uns über jeden Einzelnen, weil wir nicht erwarten, dass man sich in Vollzeit einbringt. Jeder macht so viel, wie er schafft. Je mehr Ehrenamtliche wir haben, desto besser – weil dann ist die Belastung für den Einzelnen weniger intensiv.

Wenn ich an einem See 50 Aktive hätte – pro Tag braucht man etwa fünf bis zehn –, dann müsste sich der Einzelne kaum Stress machen, wenn er mal absagt. Es gibt Wachen bei uns, da haben wir 30 Aktive. Es gibt aber auch Wachen, da sind gerade mal zehn Menschen aktiv. Das ist ein Problem, weil die Hälfte der Leute an manchen Tagen nicht kann. Wenn dann nur noch ein paar Aktive übrig bleiben, wird es eng. Wenn es aber insgesamt mehr aktive Leute gibt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Wachen gut besetzt werden können.

Kann jeder bei der DLRG mitmachen oder muss man bestimmte Voraussetzungen erfüllen?

Man muss Lust haben, sich ehrenamtlich zu engagieren. Alles, was man machen muss, lernt man kostenlos bei uns. Idealerweise ist man körperlich fit – wobei man das bei uns auch werden kann. Man muss auch nicht besonders gut schwimmen können – auch das lernt man bei uns so, dass man es gut kann. Also, selbst wenn man nur das Seepferdchen hat, ist das nicht schlimm, sondern sogar die Regel.

Rein ins Wasser, raus aus der Sonne: Badesee lockt Tausende Bremer

Bild: Radio Bremen

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Autorin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 10. Juni 2023, 19:30 Uhr