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Sonderermittlerin bestätigt Missstände in Bremens Feuerwehrspitze

Laut Abschlussbericht sind Sexismus, Rassismus und Mobbing in der Berufsfeuerwehr an der Tagesordnung. Die Wurzel des Übels sieht Karen Buse in der Führungsstruktur.

Die Sonderermittlerin im Bremer Feuerwehrskandal erhebt in ihrem Abschlussbericht schwere Vorwürfe gegen die Feuerwehrführung. Die Leitungsstrukturen seien rückständig, autoritär und angstbesetzt. Dies begünstige zahlreiche Fälle von sexistischen Übergriffen, Mobbing und Rassismus, wie sie laut dem Bericht regelmäßig innerhalb der Berufsfeuerwehr vorkommen.

Karen Buse bei einer Pressekonferenz
Sonderermittlerin Karen Buse (SPD) geht nach teils anonymen Hinweisen aus den eigenen Reihen mit der Feuerwehrführung ins Gericht. Bild: Radio Bremen

Rund ein halbes Jahr hat die ehemalige Richterin und Staatsrätin Karen Buse (SPD) an ihrem Bericht über die Diskriminierungsvorwürfe innerhalb der Bremer Berufsfeuerwehr gearbeitet. Anlass waren Recherchen von buten un binnen, NDR und Süddeutscher Zeitung über rechtsextreme Umtriebe und Mobbing innerhalb der Feuerwehr.

Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) setzte seine ehemalige Stellvertreterin Karen Buse als Sonderermittlerin ein. Erklärtes Ziel: etwaige strukturelle Missstände innerhalb der Berufsfeuerwehr erkennen. Solche Missstände gibt es laut dem Abschlussbericht, der buten un binnen vorliegt, zu Hauf.

Dutzende Feuerwehrleute hatten sich – teils anonym – an Karen Buse gewandt. Unter anderem berichten mehrere Frauen von sexistischem Verhalten männlicher Kollegen. So heißt es etwa in dem Bericht: "Die wenigsten Beamtinnen erfreuen sich an abendlichen Pornofilmen im gemeinsamen Aufenthaltsraum auf der Wache." Einige Frauen hätten dies gegenüber den Kollegen geäußert und zur Antwort bekommen, dass sie den Gemeinschaftsraum verlassen könnten, wenn ihnen das Fernsehprogramm nicht zusage.

Feuerwehrleitung reagierte unzureichend

Einen weiteren Fall dokumentiert der Bericht mit den Worten: "Der Hinweis, dass ein Vorgesetzter Nacktfotos einer Feuerwehrbeamtin auf dem PC gespeichert hatte und diese jeweils den auf der Wache neu anfangenden Beamten vorgeführt haben soll, löste bei der Feuerwehrleitung keine unmittelbare Reaktion aus." Es sei bei allen Vorfällen auffällig, dass sie von der Feuerwehrleitung formal und inhaltlich unzureichend behandelt worden seien, so die Sonderermittlerin.

Ohne an dieser Stelle auf Details eingehen zu können, muss doch festgestellt werden, dass die Opfer keinerlei Zuwendung oder Schutz erhielten, während sich um die Täter mit einiger Fürsorge bemüht wurde.

Zitat aus dem Abschlussbericht

Dabei habe sich eine Tendenz erkennen lassen, die Vorfälle als "privat" einzustufen, obwohl der dienstliche Bezug offensichtlich gewesen sei. An der Tagesordnung sind laut dem Bericht auch Initiationsriten, die Neulinge auf Anordnung von Vorgesetzten absolvieren müssten. Demnach sei eine Variante dieses Rituals, dass der Neuling einen laut Bericht "extrem unappetitlichen Pornofilm" ansehen und dabei Schokoladenpudding essen müsse.

Abwertung von Menschen mit Migrationshintergrund

Auch Homophobie und Rassismus gehören laut Bericht zum Alltag in vielen Bremer Feuerwachen. Abwertende Begriffe würden auf fast jeder Wache "ganz ausnahmsweise" bis "regelmäßig" als Bezeichnung für "Nicht-Biodeutsche" verwandt. Auch das hätten Feuerwehrbeamte der Sonderermittlerin berichtet und meist erläuternd hinzugefügt, dass nicht Ausländer oder Migranten generell so benannt würden. Die Begrifflichkeiten seien nur als Reaktion auf besonders aufwühlend und schwierig erlebte Einsätze bei diesen Bevölkerungsgruppen gefallen.

Nein, es brennt nicht, aber an der einen oder anderen Stelle schlägt der Rauchmelder an.

Fazit der Sonderermittlerin Karen Buse

Trotz dieser Aussagen sieht die Sonderermittlerin keine Hinweise auf strukturellen Rassismus bei der Bremer Berufsfeuerwehr. Die eklatantesten Missstände macht sie in der Führungsstruktur der Behörde aus. Diese sei rückständig, autoritär und angstbesetzt. Nicht selten werden demnach Vorgesetzte selbst zu Tätern. "Nicht wenige Beamtinnen und Beamte haben in den Gesprächen, aber auch anonym, von Mobbing durch Vorgesetzte berichtet", heißt es im Bericht. Führungspersonal agiere mit Willkür und versetze die Belegschaft in Angst und Schrecken, hätten mehrere Feuerwehrleute der Sonderermittlerin berichtet.

Die ehemalige Richterin Buse kommt trotz der erheblichen Fehlentwicklungen, die ihr Bericht aufzeigt, zu einem vergleichsweise milden Gesamturteil über den Zustand der Bremer Berufsfeuerwehr. "Nein, es brennt nicht, aber an der einen oder anderen Stelle schlägt der Rauchmelder an", lautet ihre Metapher. Welche Konsequenzen der Bericht für die Bremer Feuerwehr hat, steht noch nicht fest. Kommende Woche befasst sich die Innendeputation mit dem Papier. Der für die Feuerwehr zuständige Innensenator wollte sich auf Nachfrage von buten un binnen im Vorfeld der Deputationssitzung nicht äußern.

Geldstrafen für drei Feuerwehrleute

buten un binnen liegt ein weiterer Bericht des Innenressorts vor. Daraus geht hervor, dass nach Abschluss eines Disziplinarverfahrens gegen drei Feuerwehrleute Geldstrafen in unterschiedlicher Höhe verhängt worden seien. Dem Trio wird vorgeworfen, massive Bedrohungen gegenüber einer Kollegin geäußert zu haben. buten un binnen berichtete im November 2020 über den Fall. Die Feuerwehrleute haben über ihren Anwalt Widerspruch gegen die Geldstrafen eingelegt.  

Rückblick: Vorwurf des Rechtsextremismus und Mobbing bei der Bremer Feuerwehr

Bild: Radio Bremen

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Autor

  • Manz Sebastian
    Sebastian Manz Autor

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 3. Juni 2021, 19:30 Uhr