40 Jahre "Schwulenparade" CSD in Bremen

Vier junge Männer haben ihre Körper in Regenbogenfarben geschminkt und halten sich gegenseitig fest.
Im vergangenen Jahr feierten 8.000 Demonstrierende den CSD in Bremen. Bild: dpa | Andreas Arnold

Vor 40 Jahren gingen Homosexuelle das erste Mal in Bremen auf die Straße, um lautstark und bunt für ihre Rechte zu kämpfen. Bis zum nächsten CSD dauerte es allerdings Jahre.

Seit Jahren führt Bernd Thiede vom Rat und Tat Zentrum für queeres Leben in seiner Stadtführung "Schwule Spuren in Bremen" Menschen durch die Altstadt und erinnert an die Anfänge des CSD, des Christopher Street Days in Deutschland. Als Geburtsstunde gilt der 30. Juni 1979. Während es in Köln ein Fest mit Info-Cafe, Filmvorführungen und Tanz gab, sind in Berlin und Bremen die Schwulen und Lesben auf die Straße gegangen. In Berlin kamen gut 450, in Bremen waren es mehr.

"Schwuler Karneval" in Bremen

Es war ein buntes Treiben, es waren circa 700 Schwule und Lesben und andere Unterstützer in Bremen und es war natürlich schön bunt. Es flogen Wattebäusche, die Polizisten bekamen rote Rosen. Es gab Gesang und es wurden dann natürlich politische Forderungen gestellt.

Bernd Thiede, Rat & Tat Zentrum für queeres Leben

Ihre Forderungen: Abschaffung des Paragraphen 174 bis 175, der Homosexualität verbat, weg mit den Schutzaltersbestimmungen, Widergutmachung für faschistische Verfolgung und KZ-Haft, keine Berufsverbote für Schwule und Lesben, Schluss mit Bespitzelung und rosa Listen und dass die Hetze in den Medien aufhört. Ein gutes Dutzend Männer der Schwulen Aktion Bremen haben damals die Initiative ergriffen, den ersten CSD unter dem Titel "Schwuler Karneval" auf die Beine zu stellen.

Komische Blicke, aber kaum Anfeindungen

Es gab eine große schwule Szene in Bremen mit vielen Kneipen und Initiativen, erzählt Reiner Neumann vom Rat und Tat Zentrum. Er hat damals die Demonstration als Zuschauer beobachtet. "Ich hab noch das Bild vor Augen wie die Massen bunt kostümiert am Bahnhofsplatz vorbeizogen. Man fragt sich natürlich warum Karneval, aber es ist durchaus ein Vergleich mit rheinischem Karneval, wo auch die Menschen sich kostümieren und damit auch nicht angefeindet werden. Man zeigt einfach so eine Lebenslust nach außen und feiert sich selbst."

Zwei Dragqueens vor einem Lkw
Mit Regenbogen-Fahne und schrillen Kostümen wird beim CSD durch Bremen gezogen. Bild: Radio Bremen

Komische Blicke gab es, denn offen homosexuell zu leben war noch lange keine Selbstverständlichkeit. Anfeindungen gab es aber wenig bis keine. Bremen galt auch damals schon als liberale Stadt. Der Demonstrationszug zog bis zum Marktplatz, wo es eine Kundgebung gab. Den Schwulen angeschlossen hatten sich auch viele Lesben, teilweise waren sie aus ganz Deutschland angereist, um hier auf die Straße zu gehen. Petra Hassenpflug engagierte sich damals im Bremer Frauenkulturhaus

Sie kamen vorbei ins Frauenkulturhaus und haben uns eingeladen und wir zogen dann auch mit und versuchten unsere Plakate und unsere Slogans hoch zu halten. Ich erinnere mich aber auch, dass sich manche Frauen das Gesicht bemalt haben, um nicht erkannt zu werden.

Petra Hassenpflug

Gefeiert haben die Männer und Frauen ihre Abschlussparty nach Demonstration und Kundgebung damals noch getrennt – die einen im Schlachthof, die andere im Volkshaus in Walle. Und das war es dann erst einmal. Einen zweiten, dritten oder vierten CSD zu organisieren, war kein Thema, erinnert sich Heinrich Lintze, der damals in der Schwulenszene aktiv war.

Ich würde sagen, wir sind jetzt rausgegangen, wir haben diesen Schritt gemacht und jetzt geht es für uns darum, unter uns die inneren Strukturen für unser Leben, das Kämpfen zum Beispiel am Arbeitsplatz für unsere Rechte einzutreten.

Heinrich Lintze

Entstanden ist im diesem Zuge 1982 das Rat und Tat Zentrum als Beratungszentrum und Treffpunkt. Den nächsten CSD gab es in Bremen dann erst wieder 1994, erzählt Reiner Neumann. "Bei dem kam es dann leider aber zum Eklat. Die politisch eher links angesiedelten schwulen Männer fanden diesen CSD zu kommerziell."

Nächster CSD in Bremen am 31. August

Zu kommerziell war auch der Versuch 2004. Seit 2017 gibt es einen CSD jetzt aber wieder regelmäßig. Im vergangenen Jahr mit 8.000 Demonstrierenden. Berichtet wurde darüber in allen Medien – das war 1979 noch nicht der Fall, da wurde der historische Start in der Presse komplett ignoriert.

Der CSD in Deutschland und auch in Bremen feiert in diesem Jahr sein 40. Jubiläum. Unter diesem Motto wird in Bremen zum diesjährigen CSD dann am 31. August demonstriert.

Autorin

  • Katharina Guleikoff
    Katharina Guleikoff Moderatorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 30. Juni 2019, 8:20 Uhr

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