Interview

Asteorid im All aus Flugbahn geschubst: OHB untersucht Einschlagkrater

Das Bremer Raumfahrtunternehmen ist glücklich: Beim Einschlag einer Sonde in den Asteroiden Dimorphos wurde dessen Bahn im All verändert – jetzt kann die OHB-Mission starten.

Es war ein echter Volltreffer, wie der Chef der US-Raumfahrtbehörde Nasa, Bill Nelson, sagte: Eine Raumsonde schlug schon vor zwei Wochen in den elf Millionen Kilometer entfernten Asteoriden Dimorphos ein. Seit vergangener Nacht steht fest, dass sie Dimorphos so genau getroffen hat, dass auch Teil zwei der Mission gelungen ist – die Flugbahn des Asteoriden im Weltall wurde verändert. Mit dieser beabsichtigten Kollision zwischen einem riesigen Felsen und einem Raumschiff wollte man herausfinden, wie man die Erde vor Asteoriden-Einschlägen schützen kann.

Das Bremer Raumfahrtunternehmen OHB feiert diesen Erfolg mit. Denn der OHB-Satellit "Hera" soll den Asteoriden erneut aufsuchen und den Einschlagkrater näher untersuchen. Hera wird dafür hochauflösende Aufnahmen von dem Asteoriden machen. Projektleiter Stefan Voegt sagte buten un binnen, die gesamte Mission sei sehr wichtig für die Menschheit.

Herr Voegt, wie gespannt haben Sie die Nasa-Mission "Dart" beobachtet?

Natürlich sehr gespannt, viele Teamkollegen haben in der Nacht den Livestream der Nasa verfolgt. Selbstverständlich haben wir alle die Daumen für einen erfolgreichen "Impact" gedrückt, schließlich wollen wir mit Hera insbesondere den entstandenen Einschlagkrater detailliert untersuchen.

Die Menschheit hat somit von nun an prinzipiell die Möglichkeit, sich vor dem Einschlag von Asteroiden auf der Erde zu schützen – zumindest gilt dies für eine bestimmte Größenklasse, nämlich der von Dimorphos mit 160 Meter Durchmesser; gerade diese Größenklasse ist aber relativ häufig vertreten.

Stefan Voegt, OHB-Projektleiter

Nasa-Chef Bill Nelson lobte den Erfolg der Mission als einen "Wendepunkt" für den Schutz der Menschheit vor dem Einschlag eines Asteroiden. Als wie wichtig beurteilen Sie den Erfolg?

In der Tat konnte erstmals und sehr erfolgreich demonstriert werden, dass es möglich ist, die Flugbahn eines – kleineren – Himmelskörpers durch einen Einschlag zu verändern. Dies ist keine triviale Aufgabe und erfordert in der Endphase vor dem Einschlag das Beherrschen einer bordautonomen Flugführung, also ohne Einflussnahme der Teams im Kontrollzentrum. Dies ist überhaupt die Voraussetzung für eine aktive Asteroidenabwehr. Die Menschheit hat somit von nun an prinzipiell die Möglichkeit, sich vor dem Einschlag von Asteroiden auf der Erde zu schützen – zumindest gilt dies für eine bestimmte Größenklasse, nämlich der von Dimorphos mit 160 Meter Durchmesser; gerade diese Größenklasse ist aber relativ häufig vertreten; somit hatte dieses Experiment hohe praktische Relevanz.

Warum wollen wir überhaupt die Umlaufbahn eines Asteroiden von der Erde aus umlenken?

Die Asteroideneinschläge in Sibirien (Tunguska, 1908) und im Ural (Chelyabinsk, 2013) haben gezeigt, welche Gefahren selbst von kleineren Körpern, etwa 20 bis 40 Meter, ausgehen, sollten diese die Erde treffen. Die Folgen derartiger Einschläge in Metropolregionen mag man sich gar nicht vorstellen. Daher haben die großen Raumfahrtagenturen wie Nasa und Esa schon vor Jahren Programme aufgesetzt, um den Himmel regelmäßig nach potenziell gefährlichen Objekten abzusuchen. Erkennt man nun eine solche Gefahrensituation weit genug im Voraus, ließe sich die Umlaufbahn des potenziell gefährlichen Himmelskörpers um die Sonne durch einen "kinetischen Impact", wie gerade von "Dart" vollführt, ändern, um dieses Objekt an der Erde vorbei zu lenken und somit die Gefahr für die Menschheit abzuwenden.

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 6:40 Uhr, 12. Oktober 2022