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Die Nachfolgerin der Ariane 5 trifft auf diese harte Konkurrenz

Wenn ein Start das Ende ist: Letzte Mission einer Ariane-5-Rakete

Bild: Radio Bremen

In der Nacht soll das Flaggschiff europäischer Raumfahrt endlich letztmals ins All fliegen. Nach der Mission warten auf die Ariane 6 harte Wettbewerber.

Der geplante allerletzte Start der Ariane-5-Rakete heute – wie immer mit einer Oberstufe aus Bremen – wurde zuletzt zwei Mal abgesagt. Technische Probleme und schlechtes Wetter, machten den ursprünglichen Plan zunichte. In der Oberstufe befindet sich diesmal der Kommunikationssatellit "Heinrich Hertz" der Deutschen Raumfahrtagentur, gebaut vom Bremer Konzern OHB. Im All soll er rund 15 Jahre lang auf einer Höhe von 35.786 Kilometern in einem geostationären Transferorbit (GTO) verbleiben, also von der Erde aus betrachtet an einem festen Punkt am Himmel verharren.

Eine Ariane-5-Rakete beim Start
Ariane-Raketen starten aufgrund der Nähe zum Äquator vom Weltraumbahnhof Kourou aus in Französisch-Guayana. Bild: dpa | Jim Guillon/Esa-Cnes-Arianespac

Trägerraketen wie die Ariane 5 gehören bislang zu den wenigen, die solche Satelliten verlässlich an dieser Position im Weltraum aussetzen können. Seit einigen Jahren mischen jedoch nicht nur private, kostengünstigere Raketenbauer den Markt auf, auch die Satelliten sind immer leichter und kleiner geworden – und werden vielfach in erdnahen Umlaufbahnen (Low Earth Orbit, LEO) in 200 bis 2.000 Kilometern Höhe positioniert. So werden auch kleinere Raketen benötigt. Ein Ergebnis: Die mit Abstand meisten kommerziellen Starts absolvierten zuletzt die Falcon-Raketen des kalifornischen Unternehmens SpaceX, hinter dem der Milliardär Elon Musk steht. Doch auch das vom Amazon-Gründer und Milliardär Jeff Bezos gegründete Unternehmen Blue Origin steht mit seiner "New Glenn"-Rakete, benannt nach dem US-Astronauten John Glenn, vor dem ersten kommerziellen Start.

Wichtige Wettbewerber der Ariane 6

Ariane 6 im Vergleich zu Konkurrenten Hersteller: ArianeGroup Entwicklungsbeginn: 2013 Nutzlast (LEO): 7 bis 21,65 Tonnen Nutzlast (GTO): 4 bis 11,5 Tonnen Höhe: 63 Meter Starts: Erststart frühestens Ende 2023 Kosten pro Start: je nach Typ zwischen 75 und 115 Millionen US-Dollar Ariane 6 Hersteller: Blue Origin Entwicklungsbeginn: 2012 Nutzlast (LEO): 45 Tonnen Nutzlast (GTO): 13,6 Tonnen Höhe: 98 Meter Starts: Erststart wohl 2024 Kosten pro Start: rund 68 Millionen US-Dollar New Glenn Hersteller: ULA (Lockheed Martin, Boeing) Entwicklungsbeginn: 2014 Nutzlast (LEO): 10,8 bis 27,2 Tonnen Nutzlast (GTO): 3,5 bis 15,3 Tonnen Höhe: 61,6 Meter Starts: Erststart frühestens Ende 2023 Kosten pro Start: rund 112 Millionen US-Dollar V ulcan Centaur Hersteller: SpaceX Entwicklungsbeginn: 2005 Nutzlast (LEO): bis 22,8 Tonnen Nutzlast (GTO): bis 8,3 Tonnen Höhe: 70 Meter Starts: erste von mehr als 200 Missionen im Juni 2010 Kosten pro Start: rund 52 Millionen US-Dollar; Raketen größtenteils wiederverwendbar F alcon 9 Hersteller: Roskosmos Entwicklungsbeginn: 2005 Nutzlast (LEO): 7 bis 8,2 Tonnen Nutzlast (GTO): 2,81 bis 4,9 Tonnen Höhe: 46,3 Meter Starts: galt bis zum Ukraine-Krieg als Alternative zur Ariane 5 für kleinere Nutzlasten Kosten pro Start: rund 80 Millionen US-Dollar Sojus-2.1 Ariane 6 New Glenn V ulcan Centaur F alcon 9 Sojus-2.1
LEO = Low Earth Orbit (erdnahe Umlaufbahn in rund 200 bis 2.000 Kilometern Höhe) GTO = Geostationary Transfer Orbit (Umlaufbahn in 35.786 Kilometern Höhe mit fester Position zur Erde) Quelle: eigene Recherchen, Stand: Juni 2023

Ob sich die neue Ariane 6 – neben staatlich finanzierten Aufträgen – mittelfristig auch im Wettbewerb um kommerzielle Missionen durchsetzen kann, ist angesichts der neuen Wettbewerbssituation offen.

Zwar verspricht zumindest der Beginn der Ariane-6-Ära viel. Denn die ersten kommerziellen Flüge sind schon gebucht – bei insgesamt 18 Starts soll die Ariane 6 innerhalb von drei Jahren Dutzende der insgesamt 3.236 Kuiper-Satelliten des US-Technologiekonzerns Amazon in eine erdnahe Umlaufbahn schießen. So will Amazon Breitbandinternet in entlegene Erdregionen bringen.

Exklusiv hat Europas wichtigster Raketenbauer den Auftrag allerdings nicht. Denn Amazon hat parallel 38 Starts an das Joint-Venture United Launch Alliance der US-Konzerne Lockheed Martin und Boeing vergeben. Bis zu 27 Missionen sollen darüber hinaus vom US-Raketen-Startup Blue Origin übernommen werden, finanziert von Amazon-Gründer Jeff Bezos.

Dass der aktuell günstigste Raketenbauer SpaceX leer ausgegangen ist, dürfte angesichts des erbitterten Zweikampfs von Musk (SpaceX) und Bezos (Blue Origin) um die Zukunft der kommerziellen Raumfahrt kaum überraschen. So könnte die Ariane 6 zumindest in diesem Fall die Nutznießerin des Streits jener Milliardäre sein, die Europas Trägerrakete bald überflüssig machen wollen.

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 2. Januar 2023, 19:30 Uhr