Infografik

Ein Wolf zog 2023 durch Bremen – könnte das 2024 wieder passieren?

Ein Wolf mit grauem Fell steht vor einem Baum
Ein Wolf in der Stadt? Das könnte auch 2024 wieder auf die Bremerinnen und Bremer zukommen. Bild: dpa | Bernd Weißbrod

Wo ist der Bremer Wolf? Und wie wahrscheinlich ist es, dass auch im neuen Jahr Wölfe durch Bremen streifen? Die wichtigsten Antworten geben wir hier.

Ein Wolf im Bremer Stadtgebiet, das hat im Herbst 2023 viele Bremerinnen und Bremer verängstigt. Inzwischen ist klar: Das 2022 in Sachsen geborene Raubtier ist nach Nordrhein-Westfalen weitergezogen. Doch wie wahrscheinlich sind weitere Besuche von Wölfen in Bremen?

Welcher Route folgt der Wolf, der im Oktober in Bremen war?

Die Spur von Wölfen exakt zu verfolgen, ist schwer. Der im Herbst 2023 in Bremen gesichtete, gefilmte und per DNA-Analyse nachgewiesene Wolf ist da eher die Ausnahme. Das junge Tier, das unter der Kennung "GW3645m" geführt wird, wurde gleich mehrmals eindeutig an verschiedenen Orten mit genetischem Nachweis identifiziert.

Der lange Weg des Bremer Wolfs

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Ursprünglich stammt der 2022 geborene Wolf aus einem Rudel nordöstlich von Leipzig in Sachsen, das als Wolfsrudel "Tiefensee-Löbnitz" geführt wird. Von diesem Rudel trennte sich der Wolf allerdings im Sommer 2023. Zunächst verschlug es ihn im Spätsommer auf die Insel Rügen in die Nähe des Ortes Hagen. Dort wurde seine DNA anhand von Bissspuren an einem Damwild am 24. August nachgewiesen.

Ein Wolf wurde in Bremen gesichtet.
Im Oktober wurde ein junger Wolf in Bremen-Hastedt gesichtet. Bild: Radio Bremen

Zwei Monate später tauchte der Wolf dann in Bremen auf. Dort wurde er an verschiedenen Stellen gesichtet und sogar gefilmt. Am 22. Oktober wurde seine DNA im Stadtteil Hastedt nachgewiesen.

Am 13. November wurde seine genetische Spur schließlich am Niederrhein nachgewiesen, nach dem Riss zweier Schafe auf einer Weide bei Kevelaer im Kreis Kleve. Wo sich der Wolf seit Dezember aufhält, ist unbekannt.

Könnte sich ein ähnlicher Wolfsbesuch in Bremen wiederholen?

Ja. Der Wolf, der im Oktober in Bremen gesichtet wurde, ist Wolfskennern zufolge keinesfalls ein Sonderfall. Es gebe zwar auch viele ortsgebundene Tiere, die in der Nähe ihres ursprünglichen Rudels blieben, sagt Marcus Henke, Präsident der Landesjägerschaft Bremen. "Beim in Bremen identifizierten Wolf handelt es sich allerdings um einen sogenannten Wanderwolf." Auch sein Verhalten sei typisch, sagt der Wolfsexperte. "Diese Tiere legen oft große Strecken zurück, um ein neues Revier zu finden."

Wenn in Sachsen ein Jungwolf geboren wird, dann müssen wir nicht glauben, dass wir mit dem nichts zu tun haben.

Marcus Henke
Marcus Henke, Präsident der Landesjägerschaft Bremen

Solche Rüden wanderten dorthin, wo sie die größten Chancen auf ein neues Revier sehen, wo es Raum gebe und Fähen, also weibliche Wölfe, mit denen sie sich paaren können, sagt Henke.

Wie entwickelt sich die Wolfspopulation um Bremen und Bremerhaven?

Nicht nur in Sachsen, wo auch das in Bremen gesichtete Tier herstammt, gibt es viele Wölfe. Auch in Niedersachsen existieren mittlerweile zahlreiche Rudel in verschiedenen Regionen. "Wir haben inzwischen in Niedersachsen hunderte Wölfe", sagt Wolfsexperte Marcus Henke.

Eine Wolfsmutter mit ihren Welpen im Wald.
In Niedersachsen gibt es derzeit offiziell 39 Wolfsrudel. Das erste wurde vor gut einem Jahrzehnt nachgewiesen. Bild: dpa / Blickwinkel | D. & M. Sheldon

Der Blick in den Wolfs-Monitoring-Atlas der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) zählt allein für das Bremer und Bremerhavener Umland rund ein Dutzend Wolfsrudel oder Wolfspaare auf. Vor den Toren Bremerhavens lebt beispielsweise das Wolfsrudel "Schiffdorf", bei Bremen-Nord das Wolfsrudel "Garlstedt".

Diese Karten seien allerdings nie aktuell, sagt Henke. "Alles, was vier Pfoten hat, ist uns immer zwei Schritte voraus." Im Landkreis Verden werde beispielsweise bislang von nur einem Rudel ausgegangen. "Tatsächlich sind es inzwischen aber wohl drei", sagt der Wolfexperte. Hinzu käme, dass viele Wölfe unentdeckt blieben und so auch nicht in den offiziellen Zahlen auftauchten.

Dass die Zahlen weiter steigen, ist schon statistisch absehbar. Für Niedersachsen verzeichnete die DBBW-Datenbank das erste Wolfsrudel vor gut einem Jahrzehnt. 2017 waren es zehn Rudel, 2020 schon 23 und aktuell zum Jahreswechsel offiziell 39.

Im Bremer Umland gibt es noch Raum, der nicht besetzt sei, sagt Henke. Momentan seien dort noch Einzeltiere unterwegs. "Dieser Raum wird aber irgendwann von Wolfsrudeln gefüllt."

Wie kann das Land Bremen mit steigenden Wolfzahlen umgehen?

Die Wahrscheinlichkeit, dass es auch 2024 wieder ein Wolf in die Bremer City schafft, ist hoch, sagt Wolfsexperte Henke. "Wir bekommen gerade fast täglich Wolfssichtungen im Bremer Stadtgebiet", sagt der Jäger.

Die Optionen, wie in diesen Fällen vorgegangen werden kann, sind bislang allerdings begrenzt. Denn der Wolf zählt auf europäischer Ebene zu den streng geschützten Tierarten. Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union sieht sogar die Einrichtung besonderer Schutzgebiete vor. Wölfe zu stören, zu fangen oder zu töten, ist verboten. Angesichts der steigenden Population des Raubtiers hat die EU-Kommission nun allerdings vorgeschlagen, den Schutzstatus der Wölfe von "streng geschützt" auf "geschützt" zu lockern.

Dies würde es erlauben, die Jagd auf Wölfe zu genehmigen, wenn dadurch nicht der Erhalt von Populationen gefährdet wird. "Die Handlungsfähigkeit im Sinne des Tierschutzes wäre so gewährleistet", sagt auch Bremens Jägerpräsident Henke. Er hofft, dass Bremen sich künftig für eine entsprechende Lockerung des Schutzstatus' einsetzt. Bislang habe sich das kleinste Bundesland in dieser Frage zurückgehalten. "Hintergrund ist, dass die Wölfe, die hierherkommen, ja niedersächsische Wölfe sind", sagt Henke. Man müsse aber auch die Risiken im Blick behalten, sagt er. "Kinder und Wölfe in einer Stadt, das passt nicht zusammen, da haben wir auch eine Verantwortung."

Wenn ein Wolf mitten in Bremen am Gartenzaun knabbert

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Vier, Nachrichten, 17. Dezember 2023, 11 Uhr