Als in Bremen gleich 2 Weserbrücken direkt nebeneinander standen

Einweihung der Großen Weserbrücke durch Bürgermeister Wilhelm Kaisen, vorne kniend Radio-Bremen-Reporter Horst Vetter, 1960
Radio-Bremen-Reporter Horst Vetter kniet vor Wilhelm Kaisen kurz bevor der die damals neue Große Weserbrücke offiziell freigibt. Bild: Staatsarchiv Bremen

Vor 60 Jahren kam es zu dieser kuriosen Situation: Neben der alten Großen Weserbrücke war eine neue entstanden – feierlich eröffnet vom späteren Namensgeber.

22. Dezember 1960: Sonne, Blasmusik und hunderte Schaulustige – alles ist bereit für die feierliche Eröffnung. Auch der Reporter von Radio Bremen: Horst Vetter meldet sich live vom Brückenkopf auf der Altstadtseite.

Der große Tag ist da, ich möchte sagen, die große Stunde: Bremen erhält heute seine neue Große Weserbrücke.

Horst Vetter, Radio-Reporter

Ein Wunderwerk der modernen Technik, sagt Bürgerschaftspräsident August Hagedorn. Und erinnert daran, wie wichtig Brücken sind und wie schmerzlich sie in der Nachkriegszeit vermisst wurden. Kurz vor Kriegsende hatten die Nazis alle noch verbliebenen Brücken gesprengt. Monatelang waren die Bremer auf die Fußgängerbrücke am Weserwehr oder die Fähren bei Lankenau und Vegesack angewiesen.

Die Stadt war geteilt, der Organismus ihres Lebens zersprengt. Ströme verbinden zugleich die Menschen und trennen sie – das haben wir in der Zeit der Zerstörung unserer Brücken erlebt.

August Hagedorn, Bürgerschaftspräsident (SPD) in seiner Rede zur Eröffnung der Brücke
Große Weserbrücke, Baustelle, um 1960
Die neue Brücke ist fast doppelt so breit wie die alte. Bild: Staatsarchiv Bremen

Die neue Brücke verbindet Alt- und Neustadt. Genau wie ihre Vorgängerin aus dem Jahr 1895 direkt daneben. Doch diese alte Große Weserbrücke mit ihren Türmchen und gusseisernen Verstrebungen steht vor dem Abriss. Sie ist marode. Und zu klein für den ständig wachsenden Verkehr. Die neue Brücke hat oben mehr Fahrspuren und unten eine größere Stromöffnung für die Schiffe.

Bremens Bürgermeister Wilhelm Kaisen findet die Konstruktion aus Spannbeton auch architektonisch gelungen: "Diese Brücke ist ganz einfach schlicht. Mit einem eleganten Bogen spannt sie sich über die Weser. Etwas Solides, etwas Festes, fügt sich ein in Geist und Gesicht unseres heutigen Bremens!"

Weil die neue Brücke Teil der B75 ist, beteiligt sich der Bund mit fünf Millionen Mark an den Baukosten. Rund zwölf Millionen zahlt Bremen für die Brücke und den Umbau von Straßen und Plätzen auf beiden Seiten selbst. Das Stadtbild hat sich verändert.

Ich nenne sie "Große Weserbrücke" aus dem einfachen Grund, weil diese Bezeichnung seit Jahrhunderten die Bezeichnung dieser Brücke gewesen ist.

Wilhelm Kaisen (Archivbild)
Wilhelm Kaisen, Bürgermeister (SPD)

Dann ist der Moment gekommen: Kaisen zückt die große Schere und druchtrennt das weiße Band mit den Worten: "So jetzt kommt der hohe Akt. Seid Ihr alle bereit? Damit ist die Brücke dem Verkehr übergeben!"

1980 bekommt die Große Weserbrücke einen anderen Namen. Sie heißt jetzt Wilhelm-Kaisen-Brücke – benannt nach dem Mann, der sie feierlich eröffnet hat am 22. Dezember 1960.

Autorin

  • Birgit Sagemann
    Birgit Sagemann

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Die Chronik, 22. Dezember 2020, 5:40 Uhr

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