Infografik
Rollo, Pizza-Toni, Rütli Bremen: So prägen andere Kulturen das Land

Zuwanderer prägen das Land auf vielfältige Weise. Und manches fällt gar nicht mehr auf, so ist es in den Bremer Alltag integriert. Hier ein paar Beispiele – welche kennen Sie?
Gut 140.000 Menschen ausländischer Herkunft leben derzeit in Bremen. Viele von ihnen haben sich das, was sie mit ihrer Heimat verbinden, bewahrt – und damit auch die Menschen und Bräuche im Land Bremen beeinflusst. Diese sieben Beispiele zeigen, wo dies in Bremen und Bremerhaven der Fall ist.
1 Essen: Rollo, portugiesische Brötchen und Borschtsch
Bremen und Bremerhaven sind maßgeblich von Cafés, Restaurants und Kneipen geprägt, die von Ausländerinnen und Ausländern, die hier eine neue Heimat gefunden haben, geführt werden.
In Bremerhaven beispielsweise gibt es allein in der Hafenstraße türkische, griechische, syrische, vietnamesische, bulgarische, französische und italienische Restaurants und seit rund acht Jahren sogar einen portugiesischen Bäcker. Um hier Kaffee und Kuchen zu essen, fahren einige Bremerhavener quer durch die Stadt.
Und auch in Bremen ist die Restaurant- und Kneipenlandschaft ein Abbild der internationalen Vielfalt. Ob Stout im Irish Pub, das Kimchi beim Koreaner oder die frittierten Yamswurzeln beim Nigerianer. Das "Rollo" soll sogar im Bremer Viertel erfunden worden sein – so berichten es Stadtführerinnen, wenn sie mit ihren Gästen vor dem Bistro Tandour stehen, wo 1980 das Original "Arabic" erstmals verkauft worden sein soll.
Wer hingegen das frisch zum Weltkulturerbe erhobene ukrainische Suppengericht "Borschtsch" probieren will, kann dies zum Beispiel in Bremens Markthallte Acht tun.
2 Zuwanderer: Türkische Gastarbeiter und ihre Familien
Vor gut sechs Jahrzehnten kamen die ersten türkischen Gastarbeiter nach Bremen und Bremerhaven, nachdem Deutschland sie angeworben hatte. Die neuen Mitbürger sollten helfen, den Arbeitskräftemangel in Deutschland auszugleichen. In Bremen waren es vor allem die Stahlwerke und die damals boomende Werftindustrie, die Arbeitskräfte in der Türkei anwarben.
So stieg der Anteil türkischer Menschen in Bremen in den folgenden Jahrzehnten deutlich – hat sich seit 1997 aber wieder verringert. Mit 22.860 Türkinnen und Türken ist diese Gruppe allerdings noch immer die größte unter den aus dem Ausland stammenden Menschen in Bremen.
Anteil der türkischen Bevölkerung im Land Bremen seit 1960
Wie auch Menschen anderer Nationen, hat sich diese Gruppe längst in die Bremer Gesellschaft eingebracht – sei es durch gesellschaftliches Engagement wie die Gründung von Sportvereinen, die Gründung von Handwerksbetrieben oder mittelständischen Unternehmen, den Aufbau von Kulturvereinen und auch muslimischer Gemeinden.
3 Kulturvereine: Heimat-Treffpunkte in Bremen
Um sich die einstige Heimat auch in Bremen zu bewahren, haben viele im Ausland geborene Bremerinnen und Bremer Kulturvereine gegründet – sei es der Pan-Afrikanische Kulturverein, der Syrische Exil-Kulturverein, der Schweizerverein Rütli Bremen oder der Kroatische Kulturverein. Diese Vereine vermitteln auch den Menschen in Bremen, wie vielfältig die Kulturen derjenigen sind, die Norddeutschland zur Wahlheimat gemacht haben.
4 Namen: Amira, Mohammed und viele mehr
Bremens beliebteste Vornamen unterscheiden sich regelmäßig vom Bundestrend. In den vergangenen Jahren war laut Gesellschaft für Deutsche Sprache beispielsweise mehrmals der arabische Jungenname Mohammed der beliebteste im Land Bremen. Bei der letzten Erhebung landete er auf Rang 3 – nach Finn (irisch) und Noah (hebräisch).
Bei den Mädchen liegen hingegen Mia (hebräisch oder aramäisch), Hanna (hebräisch) und Emilia (romanisch) vorn.
5 Fußball: von der kontrollierten zur südamerikanischen Offensive
In Zeiten Otto Rehhagels war es vor allem die kontrollierte Offensive, die Werder Bremen zu Titeln führte. Geprägt von eher stillen Persönlichkeiten wie dem norwegischen Libero Rune Bratseth oder dem Neuseeländer Mittelstürmer Wynton Rufer.
Inzwischen ist Bremens Profisport international. In der Ära Schaaf lieferten seit 1999 die jungen südamerikanischen Stürmer Ailton und Claudio Pizarro die "Pizza Toni" aus – und auch die Mütze des Chefkochs wurde vom Franzosen Johan Micoud schließlich auf den Brasilianer Diego übertragen. Heute steht Werder für Tore, Spektakel und ausgelassene Fans – auch dank der ausländischen Fußballer, die ihr Lebensgefühl mit an die Weser gebracht haben.
6 US-Truppen: Amerika in Bremerhaven
Seit dem Kriegsende 1945 haben knapp fünf Jahrzehnte lang amerikanische Soldaten das Bild Bremerhavens geprägt. Rund 4.000 Soldaten und ihre Familien waren hier stationiert. Ob Coca-Cola, Hamburger oder Elvis – was in Amerika hip war, wurde in dieser Zeit über Bremerhaven nach Europa eingeschifft. Noch heute feiern Elvis-Fans einmal jährlich die Ankunft des "King of Rock 'n' Roll" in der Seestadt.
Und trotz des Rückzugs der US-Truppen im Jahr 1993 ist Bremerhaven bis heute von US-Amerikanern geprägt. Nicht nur durch die von ihnen errichteten Gebäude – zum Beispiel am Carl-Schurz-Platz in Bremerhaven-Lehe, sondern auch kulturell wie zum Beispiel durch das in "Klein-Amerika", direkt hinter der Grenze des Stadtteils Speckenbüttel, jährlich stattfindende Deutsch-Amerikanische Volksfest.
7 Partnerstädte: Internationaler Austausch seit 1976
Wichtige Bausteine für den internationalen Brückenbau liefern auch die vielen Inititativen, die Bremen und seine Partnerstädte begonnen haben. Zu diesen Partnerstädten zählen Durban (Südafrika, seit 2011), Windhoek (Namibia, seit 2001), Izmir (Türkei, seit 1995) Haifa (Israel, seit 1988), Riga (Lettland, seit 1985), Dalian (China, seit 1985), Pune (Indien, seit 1976) und das polnische Danzig, das 1976 erste Partnerstadt Bremens wurde.
Letztere Partnerschaft hat in Bremen beispielsweise den 1982 gegründeten Deutsch-Polnischen Chor hervorgebracht, der deutsche und polnische Lieder verschiedener Epochen und Gattungen singt.
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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 29. Oktober 2022, 19:30 Uhr