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Mehr Parkplätze trotz Radpremiumroute am Osterdeich? So rechnet Bremen
Für 2,85 Millionen Euro baut Bremen den Osterdeich zur Radpremiumroute um. Dabei sollen der Radweg verbreitert und zugleich mehr Autoparkplätze geschaffen werden – auf dem Papier.
Klingeling – Bremen wird immer mehr zur Fahrradstadt. Der nächste Abschnitt des Netzes der Radpremiumroute soll am Osterdeich zwischen Theatergarage und Lüneburger Straße entstehen. Dem hat die zuständige Deputation für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung inzwischen zugestimmt. Und auch die vom Senat veranschlagten 2,85 Millionen Euro Baukosten wurden vom Haushalts- und Finanzausschuss an diesem Freitag durchgewinkt.
Der Premiumradweg am Osterdeich soll das bereits bestehende Netz ergänzen, die Fahrradwege quer durch die Stadt verkürzen und sicherer machen. Die gesamte bislang geplante Premiumroute soll sich so bis 2025 von Hemelingen bis Walle und von der Neustadt bis zum Wallring erstrecken.
Geplanter Ausbau der Bremer Radpremiumrouten
Am Osterdeich plant der Senat beispielsweise eine Verbreiterung des Radwegs von derzeit 3,15 Meter auf 4,25 Meter. Zusätzlich soll ein neuer, 75 Zentimeter breiter Sicherheitsstreifen die Straße vom Radweg trennen. Zahlreiche Parkplätze am Deich fallen dann weg.
Geplante Radpremiumroute am Osterdeich
Das Parken zwischen Sielwall und Lübecker Straße wird am Deich neben dem bisherigen Radweg künftig untersagt. Stattdessen werden gegenüberliegend Parkplätze am Fahrbahnrand vor den Häusern geschaffen. Dadurch verringert sich die zweispurige Fahrbahn für Autos und Lastwagen von bislang 8,50 auf dann 6,50 Meter.
Radpremiumroute zwischen Sielwall und Lübecker Straße
Am Osterdeich in Richtung Innenstadt zwischen Sielwall und Mozartstraße, wo bislang sowohl das Parken häuserseitig am Straßenrand als auch neben dem Deichradweg möglich ist, sind die Pläne noch umfassender.
Dort plant der Senat, die bisherigen Parkplätze am Deich neben dem Radweg fast komplett zu entfernen. Nur noch häuserseitig sollen künftig Parkplätze am Fahrbandrand zur Verfügung stehen.
Radpremiumroute zwischen Mozartstraße und Sielwall
Für den gesamten Bereich der Premiumroute am Osterdeich standen vorher 190 Stellplätze zur Verfügung. Nach der Maßnahme werden es 159 sein, teilt Mobilitätsressort mit – also 31 weniger als bislang.
Dass die Zahl der Parkplätze dennoch – zumindest auf dem Papier – sogar steigt, liegt an sieben geplanten Carsharing-Parkplätzen am Deich, die neu geschaffen werden sollen. Die Rechnung: Das zuständige Amt für Straßen und Verkehr (ASV) zählt einen Carsharing-Parkplatz wie zehn normale Parkplätze. So werden aus sieben Parkplätzen auf dem Papier 70. Insgesamt kommen ASV und Mobilitätsressort somit auf bis zu 229 Parkplätze.
Sofern Car-Sharing-Angebote angenommen werden, kann ein gemeinsam genutzter Pkw mehrere Privatfahrzeuge und damit einhergehend Stellplätze ersetzen.
ASV-Sprecherin Andrea Voth
Auf Nachfrage von buten un binnen bezieht sich das ASV bei dieser Rechnung auf eine Erhebung aus dem Jahr 2017. Die Befragung unter den damals 13.849 Kunden der Bremer Carsharing-Anbieter Cambio und Move About ergab dabei den Studienautoren zufolge: Erstens seien pro Car-Sharing-Fahrzeug in Bremen sieben Autos abgeschafft worden. Zweitens seien pro Carsharing-Fahrzeug neun Autos weniger angeschafft worden. So kam die Erhebung zu dem Schluss, dass in Bremen jedes Car-Sharing-Fahrzeug 16 Autos ersetzt oder verhindert.
Ein Car-Sharing-Fahrzeug soll zehn Privatautos ersetzen
"Wir haben daher mit dem Faktor 1:10 sogar noch sehr konservativ gerechnet", sagt Jens Tittmann, Sprecher des Ressorts für Mobilität und Stadtentwicklung. In anderen Städten lägen die Quoten zum Teil bei 1:20.
"Quoten von 1:20 werden nur in den Toplagen der Innenstädte erreicht", sagt hingegen der Projektleiter der Analyse aus dem Jahr 2017, Hannes Schreier. Bremen gehöre zudem zu jenen Städten mit dem höchsten Faktor. Das liege auch daran, dass die Stadt früh auf feste Car-Sharing-Standorte gesetzt habe. In München beispielsweise, wo lange das Free-Floating-Modell ohne feste Standorte verfolgt worden sei, habe die Quote parallel zur Bremer Erhebung bei lediglich 1:2 bis 1:4 gelegen.
Hoher Faktor dank fester Stellplätze
Dass vor allem die Autofahrer am Osterdeich künftig angesichts einer verengten Fahrbahn vorsichtiger über die schon heute zu einem großen Teil mit Tempo 30 versehenen Straße fahren müssen, nimmt das Ressort um Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne) in Kauf.
"Um unsere CO2-Ziele einzuhalten und der Klimakrise etwas entgegen zu setzen, benötigen wir dringend die Verkehrswende", sagt Schaefer. Die Umsetzung dieser einstimmig im Verkehrsentwicklungsplan beschlossenen Premiumroute sei ein wichtiger Bestandteil davon.
Dass wir im Zuge der Verkehrswende die vorhandenen Straßenräume neu verteilen und von der autogerechten Stadt abrücken müssen, lässt sich nicht vermeiden.
Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne)
Der Verkehrszählung zufolge rollen bislang werktags im Schnitt zwischen 18.000 und 21.000 Autos über den Osterdeich. Zum Vergleich: Laut ADFC liegt der Tagesdurchschnitt an Radlern am Osterdeich bei 3.327. Der offiziellen Verkehrszählung zufolge waren es am 16. März 4.333. Die Beschlussvorlage zur Radpremiumroute spricht hingegen von bis zu 5.000. Die höhere Zahl sei damit zu begründen, dass die warmen Tage und die Fahrradsaison jetzt erst jetzt begönnen, sagt Ressortsprecher Tittmann.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 17. März 2023, 19:30 Uhr