So sehr streiten Bund und Länder um die Zukunft des 9-Euro-Tickets

Menschen stehen an einem Fahrkarten-Automat der Bahn.
Bild: dpa | FrankHoermann/SVEN SIMON
  • Bund und Länder uneins bei Folgeangebot für Neun-Euro-Ticket.
  • Bremer SPD kritisiert Bundesverkehrsminister.
  • Forderungen nach Anschlussangebot werden lauter .

Bei einem möglichen Folgeangebot für die Neun-Euro-Tickets im Nahverkehr sehen die Länder auch den Bund weiter mit in der Verantwortung. Über eine Fortführung werde in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe diskutiert, insbesondere in Bezug auf ein sozial gestaffeltes Ticket, sagte die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Bremens Senatorin Maike Schaefer. "Die Umsetzung wird aber nur mit einer massiven Anhebung der Regionalisierungsmittel durch den Bund möglich sein", betonte die Grünen-Politikerin.

Wissing schiebt den Ländern die Verantwortung zu

Wenn Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) jetzt die Länder in der Pflicht zur Finanzierung sehe, wolle er ganz offensichtlich davon ablenken, dass er für die Zeit nach dem Neun-Euro-Ticket keine ernsthafte Strategie für eine nachhaltige Mobilitätswende habe. Nach dem Regionalisierungsgesetz sei der Bund für die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs zuständig, sagte Schaefer. Wissing hatte deutlich gemacht, dass er die Länder am Zug sieht. "Ich kann ein Ticket gar nicht gestalten, sondern das müssen die Länder machen", sagte er in der ARD.

Es kann nicht sein, dass sich die FDP hier einer langfristigen Entlastung der Menschen aus ideologischen Gründen verweigert.

Mustafa Güngör, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion

Von der Bremer SPD kam scharfe Kritik an den Aussagen Wissings. "Es kann nicht sein, dass sich der Bundesverkehrsminister in dieser entscheidenden Frage aus der Verantwortung stiehlt", sagte SPD-Bürgerschaftsfraktionschef Mustafa Güngör. Die Nachfolgeregelung zum Neun-Euro-Ticket sei "angesichts der notwendigen Verkehrswende ganz klar auch eine bundesweite Aufgabe". Selbst aus Bayern sei der Ruf nach einem Jahresticket für den gesamten öffentlichen Nahverkehr laut geworden.

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Die Bremer FDP wies die Kritik an der Bundespartei zurück. Bundesminister Wissing tue gut daran, die "Erfahrungswerte des Testlaufs" abzuwarten. "Das Neun-Euro-Ticket ist von der Bevölkerung sehr gut angenommen worden, wird aber alleine in den drei Monaten Testlauf mehrere Milliarden Euro kosten", sagte der FDP-Landesvorsitzende Thore Schäck.

Die im Juni gestarteten Neun-Euro-Tickets gelten noch im Juli und August und ermöglichen bundesweit jeweils für einen Monat Fahrten in Bussen und Bahnen des Nahverkehrs. Der Bund finanziert die Aktion mit 2,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei Verkehrsunternehmen – zusätzlich zu regulären 9,4 Milliarden an Regionalisierungsmitteln in diesem Jahr, mit denen die Länder und Verbünde Verkehrsleistungen bei den Anbietern bestellen. Dazu kommt eine weitere Milliarde aus einem anderen Bundestopf.

Forderungen nach Folgeangebot mehren sich

Die Stimmen, die ein Anschlussangebot fordern mehren sich dabei. So forderte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) eine Folgeregelung, die direkt an das Neun-Euro-Ticket anschließt. "Es muss vermieden werden, dass Menschen, die jetzt den ÖPNV nutzen, im September aufs Auto umsteigen", sagte Verkehrsexperte Jens Hilgenberg der dpa. Die beste Lösung wäre ein 365-Euro-Jahresticket, das auch monatsweise erworben werden kann. Um den ÖPNV zu einer attraktiveren Alternative für noch mehr Menschen zu machen, brauchte es parallel zu günstigen Angeboten etwa auch deutlich bessere Fahrplanangebote.

Ganz generell wäre laut einer Umfrage eine große Mehrheit der Menschen in Deutschland für ein Anschlussangebot. 72 Prozent würden grundsätzlich eine Nachfolgelösung befürworten, wie die Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov ergab.

9-Euro-Ticket: Wie geht es in Bremen ab September weiter?

Bild: Radio Bremen

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Nachrichten, 15. Juli 2022, 16 Uhr