Kommentar

Mehr Rücksicht im Straßenverkehr statt Mittelfinger-Mentalität

Nach Fahrradunfall: Brief eines Bremer 4-Jährigen geht viral

Bild: dpa | Christin Klose

Ein Junge hat nach einem Radunfall in Bremen einen Brief an den flüchtigen Verursacher geschrieben. Von ihm können wir viel lernen, meint Online-Redaktionsleiter Thorsten Reinhold.

Da kachelt ein Radrüpel den vierjährigen Kalle in Bremen um, der mit seiner Familie gerade Brötchen fürs Frühstück holt. Er hilft nicht, fragt nicht nach dem Jungen und haut ab. Geht gar nicht.

Dabei können wir alle Rad- und Autofahren oder zu Fuß gehen, ohne Unsympathen zu sein. Die Formel dafür ist im Grunde einfach. Kalle hat es mit seiner Mutter so formuliert:

In der Kita lernen wir, dass wir aufeinander achten.

Kalle in seinem Brief an den Unfallverursacher

 

Klingt einfach, ist es offenbar aber nicht. Denn wie sonst kommt der raue Ton auf den Straßen – nicht nur in Bremen – zustande?

Verkehrspsychologen erklären das Verhalten damit, dass die Menschen im Verkehr ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen. Wer mit dem Rad unterwegs ist, will den Vorteil als Radfahrer. Den Autofahrern sind nur die Straßen wichtig. Fußgänger wollen schnell auf die andere Seite kommen. Anders gesagt: Wir werden zu Egoisten. Da ist es dann mit Rücksicht und Respekt schnell vorbei.

 Große Kampagne, fragliche Wirkung

Seit Jahren wird das Thema diskutiert und nach Lösungen gesucht. In diesem Jahr hat der Deutsche Verkehrssicherheitsrat mit 50 anderen Institutionen und Verbänden die Kampagne #mehrAchtung gestartet. Sie soll für gegenseitigen Respekt im Straßenverkehr sorgen. Da werden Plakate aufgehängt, Social-Media-Kampagnen gestartet und Pressemitteilungen verschickt. Die Wirkung? Wahrscheinlich gering bis kaum spürbar.

Der Instagram-Post von Kalle hat in kurzer Zeit tausende Menschen in Bremen erreicht. Sie haben den Beitrag kommentiert, Hilfe angeboten, Entsetzen ausgedrückt und sich mit dem Thema auseinandergesetzt. Das wirkt stärker als eine millionenschwere Kampagne. Was wir von Kalle lernen können?

Erstens: "So geht man mit Menschen nicht um."

Zweitens: "Wir achten aufeinander."

Mehr braucht es eigentlich nicht.

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 6. Oktober 2023, 19:30 Uhr