Interview

"Niemand setzt sich an die Martinistraße, wenn er an die Weser kann"

Julia Brandt ist eine von vielen Bremern, die 2021 die Verkehrsversuche in der Martinistraße miterlebt haben – und genervt war. Ihrer Meinung nach kann Bremen das 2022 besser machen.

Julia Brandt ist 39 Jahre alt, sie hat einen 2 Jahre alten Sohn, kommt ursprünglich aus Berlin und lebt jetzt seit 14 Jahren in Bremen. Sie arbeitet als Personalentwicklerin in der Stadt und lebt mit ihrem Mann und Sohn in Peterswerder. Mit ihrem Sohn ist sie viel in der Stadt unterwegs – und hat vor allem die verschiedenen Versionen der Entwicklung der Martinistraße mitgemacht.

Wie haben Sie die Innenstadtentwicklung dieses Jahr wahrgenommen?

Aufgrund von Corona war man viel in der eigenen Stadt unterwegs. Mein Sohn und ich sind vor allem viel durch die Stadt gelaufen und haben beobachtet, was dort so passiert. Bremen erlebe ich sowohl als Spaziergängerin als auch als Rad- und Autofahrerin. Und wenn ich meinen Sohn aus der Kita abhole, komme ich regelmäßig an der Martinistraße vorbei. Sehr ärgere ich mich da über die gelben Blumenkästen, die markieren sollen, dass der Radweg dort auf die Straße umgeleitet wird. Aber wie machen das Menschen mit einer Sehbehinderung? Oder aber auch nur Radfahrer, die unaufmerksam sind – das ist doch ein riesiges Gefahrenpotenzial? Generell würde ich mir wünschen, dass überall mehr aufeinander Rücksicht genommen wird.

Was glauben Sie, muss sich in Bremen ändern, damit die Innenstadt nicht weiter Schaden nimmt?

Die Innenstadtenwicklung muss meiner Meinung nach neu gedacht werden. Es muss Wohnraum geschaffen werden. Ich finde auch die Idee gut, die Studierenden in die Stadt zu bekommen. Denn so entwickelt sich etwas organisch. Generell finde ich es ja gut, wenn die Leute Dinge ausprobieren – aber in Sachen Martinistraße ist es teilweise schief gegangen. Ich habe da wenig bis gar nichts Positives drüber gehört. Die Verantwortlichen hätten schneller reagieren sollen und den Versuch beenden. Natürlich setzt sich keiner in den Schatten der Häuserblocks, wenn ein paar Meter weiter die Schlachte beziehungsweise die Innenstadt ist.

Ein weiterer Baustein für die Entwicklung der Stadt sind sicherlich die Autos. Wir haben beispielsweise zwei Autos und sie werden nicht viel bewegt – es wäre besser, wenn wir diese kostenlosen Stellplätze für Wohnraum oder aber spielende Kinder freigeben würden. Da müsste man mehr ran und Bremen sollte sich anschauen, was andere Städte so tun – im Positiven, wie im Negativen.

Was wünschen Sie sich denn für die Zukunft?

Privat wünsche ich mir für den kommenden Sommer einen Kindergartenplatz für meinen Sohn. Ansonsten natürlich das Übliche: Dass wir diese Pandemie hinter uns bringen, die Einschränkungen aufheben können und für uns keine Gefahr mehr besteht. In anderer Hinsicht hoffe ich darauf, dass die Menschen wieder rücksichtsvoller miteinander umgehen – in der Debatte um Corona, aber auch im alltäglichen Umgang. Dass Autofahrer mehr Rücksicht auf Radfahrer nehmen und umgekehrt – wobei ich mich als Autofahrerin über jeden Radfahrer freue, heißt ja, ein Auto weniger. Dass die Generationen nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten. Zuletzt wünsche ich mir als Bremerin, dass Werder wieder in die 1. Liga aufsteigt.

Autorin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 30. Dezember 2021, 19:30 Uhr