Dieser Bremer erkennt Wahrheit und Lüge an der Handschrift
Ist die Unterschrift unter dem Vertrag echt? Ist das Testament wirklich vom Verstorbenen geschrieben? Wir schauen einem Handschriftenprüfer über die Schulter.
In dem großen Gebäude der Bremer Polizei in der Vahr gibt es einen Mann, der oft im Verborgenen agiert und doch eine entscheidende Rolle bei der Aufklärung von Straftaten spielt: Thorsten Lohse. Er ist Handschriftenprüfer der Bremer Polizei.
Seine Arbeit besteht darin, die Echtheit von Unterschriften und handschriftlichen Dokumenten zu überprüfen, um bei der Aufklärung von Straftaten behilflich zu sein.
Seit 25 Jahren hat Thorsten Lohse sein Büro ganz oben im Gebäude. Eigentlich ist er gelernter Grafikdesigner, er landete nur durch einen Zufall bei der Kriminaltechnik der Bremer Polizei. Seine Aufgabe besteht darin, die Echtheit von Unterschriften und anderen handschriftlichen Dokumenten zu überprüfen, um Betrug, Fälschungen und andere kriminelle Aktivitäten aufzudecken.
Wie funktioniert die Handschriftenprüfung?
Handschriftenprüfer werden aber nicht nur von Strafverfolgungsbehörden eingesetzt. Anwaltskanzleien, Banken und anderen Institutionen können die Fachleute ebenfalls zur Unterstützung bei der Aufklärung von Betrug, Urkundenfälschung und anderen kriminellen Aktivitäten einsetzten.
Meistens beginnt Thorsten Lohse seine Untersuchungen damit, sich das betroffene Schriftstück genau anzuschauen.
In diesem Fall geht es um einen Streit zwischen Mieter und Vermieterin. Der Mieter behauptet, dass er Miete bezahlt hat und dass die Vermieterin das auch quittiert habe. Die Vermieterin behauptet, es wäre nicht ihre Unterschrift und hat den Fall zur Anzeige und damit zu Thorsten Lohse auf den Schreibtisch gebracht.
Der beschriebene Fall ist kein echter; er wurde für uns nachgestellt. Er sei aber vergleichbar mit den Fällen, die er sonst bearbeitet.
Ein Vergleich mit der originalen Schrift mache das Ganze einfacher, sagt er, aber auch ohne ließen sich bestimmte Merkmale schnell erkennen. Er achtet auf Merkmale wie den Schreibstil, den Druck, die Flussrichtung der Buchstaben und andere individuelle Eigenschaften.
Das "e" in diesem Unterschriftenvergleich lässt ihn skeptisch werden, denn das kleine "e" in der vermeintlich gefälschten Unterschrift (oben im Bild) sei gequetschter als das in der originalen Unterschrift (unten im Bild).
Darüber hinaus verwendet Lohse oft noch technologische Hilfsmittel wie Mikroskope, um die Unterschrift noch genauer zu analysieren. Durch die Vergrößerung und digitale Bearbeitung kann er selbst kleinste Details erkennen, die mit bloßem Auge nicht sichtbar wären, zum Beispiel eine Änderung des Druckes, Schreibflusses oder eine Anflickung.
Thorsten Lohse kommt bei der Unterschrift zu dem Schluss: Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei der Unterschrift um eine Fälschung.
Der Beruf des Handschriftenprüfers
Die Arbeit eines Handschriftenprüfers erfordert ein tiefes Verständnis für Schriftmerkmale, Drucktechniken und forensische Methoden zur Dokumentenanalyse. Typischerweise verfügen Handschriftenprüfer über einen Hochschulabschluss in Forensik, Kriminalistik, Grafikdesign oder einem verwandten Fachgebiet sowie über spezifische Schulungen und Zertifizierungen in der Handschriftenanalyse und forensischen Techniken.
Die Handschriftenprüfung fällt bei der Polizei in den Bereich der Kriminaltechnik. Diese umfasst verschiedene Arbeitsbereiche, zu denen unter anderem auch die Forensik, die Spurensicherung, die DNA-Analyse und die chemische Analyse von Substanzen gehören.
Die Kriminaltechnik arbeitet eng mit Strafverfolgungsbehörden zusammen, um Beweise zu sammeln, zu analysieren und zu interpretieren, die bei der Aufklärung von Verbrechen helfen können. Ihre Arbeit spielt eine entscheidende Rolle bei der Sicherung von Beweisen und der Unterstützung von Ermittlungen und Gerichtsverfahren.
Oft als Sachverständige vor Gericht
Handschriftliche Beweise spielen eine wichtige Rolle in Gerichtsverfahren, da sie oft als authentische Nachweise für Identität, Zustimmung oder Verträge dienen. Die Arbeit eines Handschriftenprüfers kann entscheidend sein, um die Echtheit von Dokumenten vor Gericht zu belegen und somit zur Sicherstellung von Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit beizutragen.
Die Ergebnisse einer Handschriftenanalyse können als Beweismittel in strafrechtlichen Ermittlungen und Gerichtsverfahren verwendet werden, wobei die Experten vor Gericht häufig als Sachverständige auftreten, um ihre Schlussfolgerungen zu präsentieren und zu verteidigen.
Unterschied zwischen Handschriftenprüfer und Graphologe
Während ein Handschriftenprüfer sich auf die objektive Analyse und Überprüfung der Echtheit von Schriftstücken konzentriert, beschäftigt sich ein Graphologe mit der subjektiven Interpretation von Handschriften, um Rückschlüsse auf die Persönlichkeit, Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften einer Person zu ziehen.
Graphologen kommen zum Einsatz, wenn man zum Beispiel rausfinden will, ob jemand dazu gezwungen wurde einen bestimmten Text zu schreiben.
Während die Arbeit eines Handschriftenprüfers stark auf forensischen und technischen Aspekten beruht, nutzt ein Graphologe auch Methoden aus der Psychologie und Interpretation, um Einblicke in die Person hinter der Handschrift zu gewinnen.
Die Zukunft der Handschriftenprüfung
Trotz der zunehmenden Digitalisierung und des Rückgangs des handschriftlichen Schreibens bleibt die Arbeit eines Handschriftenprüfers von großer Bedeutung für die Strafverfolgung, meint Thorsten Lohse.
Die Unterschrift hat auch in der heutigen digitalen Welt noch eine gewisse Wertigkeit. Solange es Unterschriften gibt, wird seine Arbeit von Thorsten Lohse von entscheidender Bedeutung bleiben.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 23. März 2024, 19:30 Uhr