Pro & Contra
Bremer Freikarte: Segen für arme Kinder oder pure Geldverschwendung?
Bremer Freikarte: Segen für arme Kinder oder pure Geldverschwendung?
Die Bremer SPD will die umstrittene Freikarte für Kinder und Jugendliche dauerhaft behalten. Dazu gibt es in unserer Redaktion verschiedene Meinungen.
60 Euro für Kinder und Jugendliche im Land Bremen – und das jedes Jahr: Die SPD-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft will die Freikarte erhalten. Bei ihrer Klausurtagung in Hamburg haben die Sozialdemokraten ihr umstrittenes Prestigeprojekt untermauert und wollen es im Haushalt festschreiben.
Ab dem kommenden Jahr ist die Finanzierung der Freikarte unklar. Weil Bremen wegen der klammen Kasse sparen muss, üben die anderen Parteien scharfe Kritik. Mehr noch: Die Opposition kritisiert die Freikarte seit Jahren – und auch bei buten un binnen gehen die Ansichten teils auseinander.
Pro
Für arme Kinder ein Segen
Gerade im Land Bremen, wo nach jüngsten Analysen fast jedes dritte Kind arm ist, ist die Bremer Freikarte ein Segen. Laut aktuellem Teilhabeatlas sind 28,6 Prozent der Kinder im Land Bremen von Kinderarmut betroffen – Spitzenreiter in Deutschland. Die Folgen der verschiedenen Formen von Kinderarmut – psychische Erkrankungen, schlechte Gesundheit, Bildungsarmut – kann im Land Bremen keiner ernsthaft wollen, oder?
Mit der Bremer Freikarte steuert man wenigstens ein bisschen dagegen. Denn nicht alle Eltern können es sich leisten, mit ihrem Nachwuchs zum Freimarkt zu gehen, um eine oder auch zwei Runden Karussell zu fahren.

Und mal ganz ehrlich: Die Zahlen zeigen auch, dass wenn gerade kein Rummel auf der Bremer Bürgerweide, dem Sedanplatz in Vegesack oder dem Wilhelm-Kaisen-Platz in Bremerhaven ist, die Kids schwimmen, eislaufen oder mit ihren Freunden ins Kino gehen. Oder sie toben sich in den Indoor-Spielplätzen aus, besuchen Museen und Zoos, die vielleicht ein bisschen mehr Werbung dafür machen könnten, dass man den Eintritt bei ihnen mit der Freikarte bezahlen kann.
Die Kinderarmut wird im Land Bremen mit der Bremer Freikarte nicht verschwinden, aber sie ist ein Mittel gegen soziale Ausgrenzung und für das Wichtigste, was wir in unserer Gesellschaft haben: die Kinder. Für viele Eltern, die sich trotz schwieriger – auch finanzieller – Verhältnisse liebevoll um ihre Kinder bemühen, ist die Freikarte ein Geschenk – gerade im Land Bremen.
Contra
Verschwendete Steuern für Gratis-Karussellfahrten
Es birgt schon eine gewisse Ironie. Der Finanzsenator verkündet, dass dem Land Bremen nach jüngster Steuerschätzung in den kommenden Jahren etliche Millionen weniger zur Verfügung stehen werden als geplant – und die SPD-Fraktion beschließt genau an diesem Tag, weiter etliche Millionen für die Freikarte ausgeben zu wollen. Vergangenes Jahr waren es 5,6 Millionen Euro.
Das ist politischer Irrsinn und schlicht und einfach unnötig. Die 60 Euro, die Kinder und Jugendliche mit der Freikarte geschenkt bekommen haben, wurden in den vergangenen Jahren vor allem auf dem Freimarkt ausgegeben oder in Indoor-Spielparks. Sorry, liebe SPD: Steuergelder sind nicht dafür da, um Kindern Karussellfahrten zu bezahlen.

Wäre die Freikarte wenigstens beschränkt, könnten damit vor allem Kultureinrichtungen besucht werden oder würde damit der Beitrag zum Sportverein und zur Musikschule bezuschusst – dann würde ich ein Auge zudrücken, auch in finanziell schwierigen Zeiten. Das wäre Teilhabe, die einen echten Mehrwert hätte. Gerade für Familien aus schwierigen Verhältnissen.
Gratisrunden auf dem Freimarkt dagegen sind Wahlgeschenke, die langfristig gar nichts bringen. Wer echte Teilhabe fördern will, muss das Geld dahin lenken, wo es wirklich gebraucht wird – gerade im Land Bremen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 20. Mai 2025, 17:20 Uhr