Getötete Ekaterina B.: Verteidiger fordert Freispruch für Ehemann

Ein Mann im blauen Hemd sitzt zwischen zwei Männern in Anzügen an einem Tisch, dahinter steht ein Mann in Uniform.
Bild: Radio Bremen | Carolin Henkenberens

Im Fall der getöteten Ekaterina B. aus Bremerhaven hat ein Verteidiger den Freispruch des angeklagten Ehemanns gefordert. Seine Mutter hat sich erneut ans Gericht gewandt.

Im Mordprozess Ekaterina B. hat nach dem Staatsanwalt und den Nebenklägern nun auch ein Verteidiger des Angeklagten sein Plädoyer gehalten. Bevor es dazu im Landgericht Bremen kam, gab es erneut eine Überraschung. Die Verteidiger wollen, dass ein Brief verlesen wird, den die Mutter des Angeklagten ans Gericht geschrieben hat.

Und so eröffnet der Vorsitzende Richter erneut die Beweisaufnahme und liest den neun Seiten langen Brief vor. Darin gibt die Mutter des Angeklagten nochmals an, dass sie die 32-jährige Ekaterina B. aus Bremerhaven ermordet habe und nicht ihr Sohn. Sie erklärt die Unstimmigkeiten in ihrer Aussage damit, dass sie auf einige Fragen vor Gericht bewusst falsche Antworten gegeben habe, damit ihr Sohn glaubt, sie gestehe –  sie aber nicht ins Gefängnis muss. Doch nun, so beteuert sie, sage sie die Wahrheit. "Mein Sohn muss freigelassen und ich muss verhaftet werden", schreibt sie.

Kammer will Mutter nicht erneut als Zeugin hören

Die Kammer jedoch sieht in dem Brief abermals den Versuch, die eigene Aussage so anzupassen, dass sie mit den Widersprüchen zusammenpasst. Auch lehnt die Kammer den Antrag der Anwälte des Angeklagten ab, die Mutter erneut als Zeugin vor Gericht zu hören. Davon seien keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, sagt der Vorsitzende Richter und bittet dann den ersten Verteidiger um sein Plädoyer.

Der argumentiert in seinem Plädoyer, dass wenige Beweise gegen den Angeklagten vorlägen. Es gebe zwar einige Indizien, diese seien aber nicht belastbar. Wenn der Angeklagte etwa zu Beruhigungsmitteln oder Säure recherchiert habe, beweise das nicht seine Täterschaft. Vielmehr passe das zu seiner narzisstischen Persönlichkeitsstörung und Beschreibungen von Zeugen von ihm als Kontrollfreak. Die Indizien verdichteten sich nach Ansicht des Verteidigers also letztlich nicht dazu, dass der heute 47-jährige Ehemann seine Frau Ekaterina getötet und ihre Leiche zerteilt hat.

Angeklagter hat laut Verteidigung keine Trennung befürchtet

Auch die von der Staatsanwaltschaft angeführten Motive – drohende Trennung, alleiniges Sorgerecht für die Tochter – sind aus Sicht des Verteidigers nicht richtig. Der Angeklagte habe keine Trennung befürchtet und im Falle einer Trennung auch das geteilte Sorgerecht erzielen wollen. Sollte das Gericht den Angeklagten dennoch verurteilen, so der Anwalt, dann lediglich wegen Totschlags und nicht wegen Mordes. Auch eine besondere Schwere der Schuld liege nicht vor.

Die Staatsanwaltschaft hatte vergangene Woche auf Mord aus Heimtücke und niederen Beweggründen plädiert und lebenslänglich gefordert. Ebenso forderte der Ankläger, dass das Gericht die besondere Schwere der Schuld feststellt. Dies würde bedeuten, dass der Angeklagte nicht nach 15 Jahren vorzeitig freikommen kann. Die Nebenkläger schlossen sich den Vorwürfen an.

Am Dienstag wird das Plädoyer des zweiten Verteidigers erwartet. Dass Verteidiger getrennte Plädoyers halten ist nicht unüblich und das Recht beider Anwälte. Dies deutet nicht automatisch auf Meinungsverschiedenheiten hin. Danach hat der Angeklagte Gelegenheit, sich noch ein letztes Mal zu äußern. Dass er davon Gebrauch machen wird, deuteten seine Anwälte am Montag bereits an. Schon zuvor hatte er Dutzende Anträge gestellt und Stellungnahmen verlesen, um seine angebliche Unschuld zu beweisen. Das Urteil fällt nach dem letzten Wort des Angeklagten, das könnte im Mai oder Juni der Fall sein.

Staatsanwaltschaft fordert harte Strafe im Mordfall Ekaterina B.

Bild: Radio Bremen

Hier finden Sie die wichtigsten Entwicklungen zum Fall in einer Chronologie:

2. Mai 2023: Die Staatsanwaltschaft fordert eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Ehemann. Dem schließen sich die Nebenkläger an.

20. April 2023: Die Plädoyers lassen nach wie vor auf sich warten. Der Angeklagte bringt 100 handgeschriebene Seiten mit Beweisanträgen an.

31. März 2023: Erneut bringt der Angeklagte weitere Punkte vor, fast alle werden abgelehnt. Plädoyers werden wieder nicht gehört.

28. März 2023: Der Angeklagte bringt dem Gericht 80 Punkte zur Berücksichtigung vor. Anders als erwartet kommt es noch zu keinen Plädoyers.

20. Februar 2023: Der Ehemann stellt sich den Fragen des Gerichts. Erstmals ist auch Ekaterinas Mutter im Saal.

15. und 16. Februar 2023: Der Ehemann sagt umfassend aus. Er schiebt die Tat auf seine Mutter.

8. Februar 2023: Ekaterinas Ehemann kündigt überraschend an, in der kommenden Woche vor Gericht aussagen zu wollen. Bisher hatte er zu den Vorwürfen geschwiegen.

3. Januar 2023: Erneut äußert ein Rechtsmediziner deutliche Zweifel an der Aussage der Schwiegermutter. Der angeklagte Ehemann bleibt weiterhin in Untersuchungshaft.

28. Dezember 2022: Die Schwiegermutter wiederholt ihr Geständnis vor Gericht.

15. November 2022: Der Ehemann bleibt weiter in Untersuchungshaft. Die Verteidigung hatte nach dem Geständnis der Schwiegermutter der Getöteten einen Antrag auf Entlassung gestellt. Das Schwurgericht weist diesen zurück.

8. November 2022: Ein Rechtsmediziner äußert vor Gericht Zweifel am Geständnis der Schwiegermutter. Unter anderem würden Todeszeitpunkt und angeblicher Zeitpunkt der Zerteilung der Leiche nicht zu den Ergebnissen der Obduktion passe.

2. November 2022: Ekaterinas Schwiegermutter soll erneut vor Gericht aussagen. Sie verweigert aber die Aussage.

19. Oktober 2022: Laut Landgericht hat ein Zeuge der Polizei einen Beutel übergeben, der einen USB-Stick, ein Smartphone und Klamotten enthielt. Die Sachen gehörten offenbar Ekaterina B. Der Zeuge sagte aus, Ekaterinas Schwiegermutter habe ihm die Sachen geschenkt.

18. Oktober 2022: Die Polizei gibt bekannt, dass sie an der Geeste in Bremerhaven ein weiteres Leichenteil entdeckt hat. Die Schwiegermutter hatte im Prozess den Hinweis darauf gegeben.

12. Oktober 2022: Überraschende Wende: Ekaterinas Schwiegermutter gesteht die Tötung vor Gericht. Ins Gefängnis muss sie daraufhin aber nicht.

26. August 2022: Der Prozess gegen den Ehemann startet. Der 46-Jährige schweigt. Laut Anklage soll er seiner Frau Anfang Februar in Bremerhaven ein Beruhigungsmittel gegeben haben. Dann soll er sie getötet, die Leiche zerteilt und in Plastikfolien und Müllsäcke gepackt haben. Diese steckte er laut Anklage in einen Koffer, den er schließlich in die Weser warf.

3. August 2022: Das Gericht hat die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen den Ehemann von Ekaterina B. wegen Mordes zugelassen. Der Prozess soll Ende August vor dem Landgericht Bremen beginnen.

16. März 2022: Der Fall ist erneut Thema in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY". Die Polizei informiert über den aktuellen Ermittlungsstand.

3. März 2022: Der Ehemann schweigt. Polizei und THW suchen nach weiteren Beweisstücken.

2. März 2022: Nun herrscht traurige Gewissheit: Die Polizei gibt bekannt, dass die seit vier Wochen vermisste Ekaterina B. tot ist. Einen Tag zuvor war in Höhe des Sail-City-Hotels in Bremerhaven ein Koffer mit Leichenteilen angespült worden. Die Polizei nimmt den Ehemann der Toten fest.

23. Februar 2022: Die Polizei startet einen Suchaufruf in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY".

16. Februar 2022: Bisher blieb die Suche nach Ekaterina B. erfolglos. Nun hat die Polizei ein Foto veröffentlicht, das am Tag ihres Verschwindens aufgenommen wurde.

14. Februar 2022: Seit zehn Tagen wird die 32-jährige Ekaterina B. aus Bremerhaven-Wulsdorf vermisst. Die Polizei sucht nun öffentlich nach ihr.

Autorin

  • Carolin Henkenberens
    Carolin Henkenberens Autorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 8. Mai 2023, 13 Uhr