Fragen & Antworten

Strom, Wasser, Tanken: So sieht Bremens Blackout-Plan aus

Angriffe auf kritische Infrastruktur und das Bahnchaos in Norddeutschland schüren Ängste auch vor einem Strom-Blackout. Wie Bremen dem entgegnet, beantworten wir hier.

Im September in Schwachhausen, im Juni in Huchting, im Mai in Woltmershausen: Stromausfälle, die ganze Straßenzüge betreffen, kommen in Bremen alle paar Wochen vor. Doch was geschähe im Falle eines Blackouts, der die ganze Stadt betrifft? Diese Frage stellen sich viele, angesichts der jüngsten Angriffe auf kritische Infrastruktur, die auch Bremerinnen und Bremer betroffen hat.

Doch wie wäre Bremen tatsächlich vorbereitet, sollte es wirklich zu einem Blackout kommen? Die wichtigsten 8 Fragen dazu beantworten wir hier.

Gibt es in Bremen einen Blackout-Plan?

In Bundesländern wie Rheinland-Pfalz und in vielen Gemeinden gibt es Alarm- und Einsatzpläne für größere Stromausfälle. Und in Bremen? Hier bereiteten sich Polizeien und Feuerwehren sowie der Katastrophenschutz in enger Abstimmung mit dem Versorgungsnetzbetreiber Wesernetz darauf vor, sagt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des zuständigen Innenressorts.

"Für den Ernstfall gibt es den Notfallstab von Wesernetz sowie den Krisenstab der SWB", bestätigt Friedhelm Behrens, Sprecher des Bremer Stromversorgers SWB. Die gemeinsamen Räume seien mit Notstromversorgung ausgerüstet, darüber hinaus sei eine Kommunikation über Digitalfunk sichergestellt, der unabhängig vom Strom- und Telefonnetz sei.

Die Stäbe halten regelmäßige Übungen ab.

Friedhelm Behrens, Sprecher des Bremer Stromversorgers SWB

Grundsätzliche könne sich Bremen aber nicht vom europäischen Verbundnetz abkoppeln. Weshalb durch die Netzsteuerung im Fall eines Blackouts das Stromnetz, unter schrittweiser Zuschaltung von Last und Kraftwerkskapazitäten, nur langsam wieder aufgebaut werden könne. "Das wäre mit Sicherheit ein Vorgang, der bis zur Vollversorgung der Stadt mehrere Stunden bis Tage dauern würde", sagt Behrens.

Dass es zu einem totalen Blackout in der Stadt komme, sei allerdings unwahrscheinlich, sagt Behrens. Der Grund: Die einzelnen Netzabschnitte seien, ähnlich wie bei Sicherungen im Haus, separat abgesichert. "So wäre das Netz immer nur abschnittsweise stromlos."

Gäbe es in Bremen genügend Notstromaggregate?

Sollte es doch zu einem Blackout kommen, wäre die Bereitstellung genügender Notstromaggregate für Bremen eine immense Herausforderung, sagt Innenressort-Sprecherin Gerdts-Schiffler. "Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass viele Notstromaggregate gleichzeitig gebraucht werden, die Anschaffung hierfür teuer und der Markt für Notstromaggregate aktuell nahezu leergefegt ist."

Sicht auf ein Notstromaggregat
Große, mobil verfügbare Notstromaggregate wie dieses gibt es in Bremen nur wenige. Bild: dpa | Peter Schneider

Allerdings gibt es auch eine Liste existierender Stromgeneratoren in Bremen, die der kritischen Infrastruktur dienen. Sie wurde Anfang 2022 erstellt. Genaue Daten gibt das Innenressort allerdings nicht heraus. "Diese sind aus Sicherheitsgründen als Verschlusssache eingestuft und nicht für die Öffentlichkeit einsehbar", sagt Gerdts-Schiffler.

Wie sind Feuerwehr und THW ausgerüstet?

Auch die Bremer Feuerwehr verfügt über zahlreiche mittelgroße diesel- oder benzinbetriebene Notstromaggregate, mit denen Pumpen, Sägen oder Schweißgeräte betrieben werden können. Darüber hinaus hält die Feuerwehr drei große Notstromerzeuger vor – allerdings in erster Linie, um eigene Aufgaben sicherzustellen. "Diese Geräte werden mobil auf Feuerwehrfahrzeugen für den Betrieb feuerwehrtechnischer Geräte oder für die Versorgung der eigenen 25 Standorte bei einem Stromausfall vorgehalten", sagt Feuerwehrsprecher Christian Patzelt.

Neben der Feuerwehr verfügt auch das Technische Hilfswerk (THW) in den vier Bremer Ortsverbänden über kleinere Notstromaggregate. Größere Aggregate gibt es in so genannten THW-Fachgruppen. "Die Bremen nächstgelegene befindet sich in Hude-Bookholzberg", sagt THW-Sprecherin Britta Kindler. "Sollten diese Kapazitäten nicht ausreichen, können wir weitere Elektroversorgungsfachgruppen aus Niedersachsen oder anderen Bundesländern anfordern", sagt Kindler. Insgesamt gebe es 120 dieser Gruppen bundesweit.

Wäre die Treibstoffversorgung sichergestellt?

Ohne Strom fallen auch Tankstellensäulen aus. Das heißt, die Versorgung mit Diesel und Benzin wäre im Falle eines Blackouts ebenfalls unterbrochen. In Bremen gäbe es in diesem Szenario derzeit nur eine Tankstelle, die über eine Notstromversorgung verfügt, teilt das Innenressort mit. "Mit weiteren Tankstellenbetreibern laufen aktuell Gespräche", sagt Ressortsprecherin Gerdts-Schiffler.

Fest steht, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausreichend mit Notstrom versorgte Tankstellen in Bremen haben, um zum Beispiel auch die Bevölkerung mit Treibstoff zu versorgen.

Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innenressorts

Die bereits vorhandenen sowie die geplanten Tankstellen mit Notstromversorgung stünden daher ausschließlich denjenigen zu Verfügung, die aktiv mit der Bewältigung des Blackouts zu tun hätten – also im Wesentlichen Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste.

Schild an einem Zaun mit der Aufschrift Stromausfall
Bei einem Stromausfall müssen Einrichtungen der kritischen Infrastruktur sich selbst mit Notstrom versorgen können. Bild: dpa | Michael Bihlmayer

Wäre die Wasserversorgung sichergestellt?

Ein Stromausfall würde auch die Wasserversorgung lahmlegen. Um die Trinkwasserförderung zu gewährleisten, unterhält der Bremer Versorger SWB 143 vom Trinkwassernetz unabhängige Einzelbrunnen. "Das Wasser kann dort ohne Strom über Motor- oder Handpumpen gefördert werden", sagt SWB-Sprecher Friedhelm Behrens.

Die Kapazität der Notbrunnen reiche aus, um Einwohnerinnen und Einwohner Bremens zwei Wochen lang mit 15 Liter Trinkwasser pro Person und Tag zu versorgen. "Es würde aber ein paar Tage dauern, bis die Versorgung der Notbrunnen flächendeckend funktioniert", sagt Behrens.

In welcher Reihenfolge würden Einrichtungen der kritischen Infrastruktur versorgt?

Die Versorgung kritischer Infrastruktur werde in Bremen grundsätzlich jeweils stationär, also mit Aggregaten in den Gebäuden, vorgenommen, heißt es aus dem Innenressort. "Erst wenn diese ausfallen, ist der Einsatz mobiler Generatoren vorgesehen", so Ressortsprecherin Gerdts-Schiffler.

Auch Bremens Feuerwehr betont, dass sie nicht über die Kapazitäten verfüge, die Auswirkungen eines flächendeckenden Stromausfalls zu kompensieren. Vorkehrungen müssten daher von den Einrichtungen der kritischen Infrastruktur selbst getroffen werden. "In Betriebs- und Bauvorschriften gibt es zum Beispiel Vorgaben für Krankenhäuser, Altenheime oder Versammlungsstätten", sagt Feuerwehrsprecher Patzelt. "Einsatzmittel der Feuerwehr können und dürfen nicht Bestandteil dieser betrieblichen Planungen sein."

Sind Bremens Krankenhäuser gegen einen Blackout gesichert?

Als besonders kritisch gelten Krankenhäuser. Bremens Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) bestätigt auf Anfrage von buten un binnen, dass kraftstoffbetriebene Notstromaggregate im Fall eines Stromausfalls die Versorgung übernehmen würden. Um einen möglichen Spannungsabfall zu verhindern, seien zudem große Batterien zwischengeschaltet, die die Umstellung von der regulären Stromversorgung auf den Notstrombetrieb überbrücken. Der Stromverbrauch würde dann zwar reduziert – beispielsweise würde in den Fluren nur noch die Notbeleuchtung genutzt. "Die medizinische Versorgung wäre aber in jedem Fall gesichert", sagt Geno-Sprecherin Karen Matiszick.

OP-Säle, Intensivstationen, Medizintechnik wären weiterhin voll funktionsfähig.

Karen Matiszick, Sprecherin des Klinikverbundes Gesundheit Nord

Solange genug Kraftstoff vorhanden sei, könnten die Notstromaggregate unbegrenzt die Stromversorgung übernehmen. Darüber hinaus sei es aber auch vorgesehen, dass im Falle eines Stromausfalls die Feuerwehr mit einem Generator anrücke, um bei einem Ausfall der Notgeneratoren mit ihren Gerät einspringen zu können. Zuletzt kam es 2018 zu einer solchen Situation im Krankenhaus Links der Weser, als wegen eines Brandes in der Klimaanlage zwischenzeitlich der Strom ausgefallen war.

Was können Bremerinnen und Bremer tun?

Auch Bürgerinnen und Bürger können sich für einen Blackout rüsten. Wie das geht, erklärt beispielsweise das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenvorsorge in einer Broschüre.

Im Vordergrund steht dabei vor allem die Versorgung mit Essen und Trinken. So raten die Experten für den Katastrophenfall vor allem dazu, pro Person rund 14 Liter Flüssigkeit je Woche vorrätig zu halten. Dabei sollte es sich vor allem um lagerfähige Getränke wie Mineralwasser oder Fruchtsäfte handeln. Auch andere Lebensmittel sollten keiner Kühlung bedürfen und kalt gegessen werden können. Das BBK empfiehlt einen Vorrat von zehn Tagen.

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 21. Oktober 2022, 19:30 Uhr