Bahnchaos in Norddeutschland: War das erst der Anfang?

  • Experten: Sabotage könnte ein Testdurchlauf gewesen sein.
  • Zusammenhang zur mutmaßlichen Sabotage an Pipelines denkbar.
  • SPD will Bundespolizei mehr Befugnisse geben.

IT-Sicherheitsexperten zufolge könnte es sich bei der gezielten Sabotage am Kabelnetzwerk der Deutschen Bahn um einen Testlauf gehandelt haben. "Es könnte nur ein Testdurchlauf gewesen sein, um die Auswirkungen einer solchen Sabotage zu sehen", sagte Michael Wiesner, Sprecher des Expertengremiums Arbeitsgruppe Kritische Infrastrukturen (AG Kritis) den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die zwei in Berlin und Herne durchtrennten Kabel zeigten, "dass es sich um koordiniertes Vorgehen handelt", so der AG-Kritis-Sprecher und IT-Sicherheitsberater. Die Täter hätten Informationen über die Trassenführung, das GSM-R-System sowie die Folgen eines Ausfalls gehabt.

Zeitpunkt der Aktion wohl bewusst gewählt

"Dies lässt auf jeden Fall auf ein hohes Maß an krimineller Energie und umfangreiche Vorbereitung schließen", sagte Wiesner weiter. Neben einem möglichen Testlauf sei auch ein Zusammenhang mit der mutmaßlichen Sabotage an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 oder mit der Zerstörung der Krim-Brücke denkbar, sagte Wiesner. 

Ebenso könnte der Zeitpunkt explizit gewählt worden sein, etwa aufgrund von Großveranstaltungen wie der AfD-Demonstration in Berlin oder den Bundesliga-Fußballspielen am Wochenende. In diesem Jahr registrierte die AG Kritis vermehrt Cyberangriffe, etwa auf den Energiesektor.

SPD: Bundespolizeigesetz muss modernisiert werden

Derweil fordert die SPD mehr Befugnisse für die Bundespolizei. Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der "Rheinischen Post", die Sicherheitsbehörden müssten die erforderlichen Ermittlungsbefugnisse zur Verfügung haben. "Insbesondere müssen wir jetzt sehr schnell ein modernes Bundespolizeigesetz im Bundestag auf den Weg bringen", sagte Wiese. 

Die letzte Reform sei aus dem Jahr 1994. Seitdem habe sich viel geändert. "Die Bedrohungslage ist hoch", warnte Wiese. "Dies haben die Sabotageakte auf unsere Infrastruktur nochmal sehr deutlich gemacht." Die Bundespolizei sei zuständig für den Schutz von Bahnhöfen und Flughäfen sowie im Grenzgebiet.

Um Sabotageangriffe zu verhindern, brauche sie "dringend an die heutige Zeit angepasste Kompetenzen." Eine Reform des Bundespolizeigesetzes war Ende 2021 im Bundesrat gescheitert. Die Union forderte unterdessen ein neues Sicherheitskonzept für die Bahn auf Grundlage der Polizeiermittlungen sowie die Einrichtung einer Stabsstelle für Infrastruktursicherheit.

Zugverkehr war am Samstag in weiten Teilen Norddeutschlands lahmgelegt

Die gezielte Sabotage bei der Deutschen Bahn, bei der zwei Kabel in Berlin und Herne durchtrennt worden waren, hatte am Samstagmorgen den Zugverkehr in weiten Teilen Norddeutschlands lahmgelegt. Die Bahn stellte nahezu den gesamten Zugverkehr in Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein für rund drei Stunden ein.

Sabotage legt Zugverkehr in Norddeutschland lahm

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 9. Oktober 2022, 18 Uhr