Das E-Rezept kommt – darum sind Bremer Praxen und Apotheken skeptisch

Der Eingang einer Apotheke.

Das E-Rezept kommt: So soll es Arbeitsabläufe erleichtern

Bild: Radio Bremen

Ab dem 1. Juli 2023 wird auch in Arztpraxen und Apotheken die Digitalisierung eingeläutet: Das bundesweite E-Rezept kommt.

Die Ära der rosafarbenen Zettelchen, mit der es vom Arztbesuch zur Apotheke geht, läuft langsam aus. Stattdessen gibt es das E-Rezept. Ab dem 1. Juli reicht die Karte der Krankenkasse, um es in der Apotheke einzulösen. Ab dem 1. Januar 2024 soll das E-Rezept der neue Standard sein.

Doch wie funktioniert so ein E-Rezept eigentlich? Wenn eine Ärztin oder ein Arzt mit Hilfe einer digitalen Signatur ein E-Rezept ausstellt, wandern die Daten in die Cloud. "Die Verordnung wird am Praxiscomputer eingegeben und im sicheren Datennetz des Gesundheitswesens gespeichert", sagt Isabell Justus von der Apothekerkammer Bremen. Kommt die Patientin oder der Patient dann in die Apotheke, reicht das Einstecken des Krankenkassen-Kärtchens ins Lesegerät, damit entsprechende Anweisungen auf dem Bildschirm erscheinen. So die Theorie.

In der Praxis: Probleme mit Datenschutz und Anwendung des E-Rezeptes

Nachdem die Erfahrungen sowohl mit dem Ausstellen als auch mit den bisherigen Einlöse-Möglichkeiten eines E-Rezepts eher durchwachsen waren, sind regionale Akteure wie die Kassenärztliche Vereinigung Bremen, die Apothekerkammer Bremen und der Hausärzteverband Bremen eher zurückhaltend.

Ich finde das E-Rezept grundsätzlich eine ganz wunderbare Sache, wenn alle Hürden beseitigt sind, wie Datenschutzprobleme und Anwendungsprobleme, dass man auch drauf zugreifen kann.

Nausikaa Conradi aus der Lloyd-Apotheke in Bremen-Schwachhausen

Bereit sei Nausikaa Conradi aus der Lloyd-Apotheke in Bremen-Schwachhausen schon seit fast zwei Jahren und denke immer: "Ja, wann kommt’s denn nun?" – schließlich wurde Geld investiert, für Kartenlesegeräte und Heilberufsausweise. Wenn denn alles reibungslos läuft, sei es sicher eine Arbeitserleichterung, gerade auch bei der Abrechnung, findet Nausikaa Conradi.

"Wir können es einlösen, rein theoretisch klappt es. Es gibt bloß ab und zu immer noch Übertragungsprobleme, dass dann irgendwas wieder nicht funktioniert," sagt Apothekerin Adelheid Drünert von der Hubertus Apotheke in Bremen-Borgfeld.

Das sind die Hürden des E-Rezeptes

Bislang ist der E-Rezept-Vorgang wohl zeitaufwändiger als ein Rezept auf dem klassischen rosa Zettelchen. Außerdem gebe es keine Rückfall-Lösungen, wenn das Internet mal ausfalle, geben Kritiker zu bedenken. Dazu kommt noch, dass nicht alles per E-Rezept verschrieben werden kann. Verordnungen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, sind bislang ausgenommen. Ebenso "echte" Rezepte, die die Apotheke bitten, eine Arznei anzumischen.

Außerdem gibt es das E-Rezept bislang nur für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen. Wer privat versichert ist, braucht Geduld. Erste Versicherungen planen derzeit, ab dem zweiten Halbjahr 2023 elektronische Identitäten auszugeben. Die sind nötig, um ein E-Rezept bekommen und einlösen zu können.

Bremer Arztpraxen machen noch kaum Gebrauch vom E-Rezept

In Arztpraxen scheint das Thema kaum angekommen zu sein. Das zeigen nicht repräsentative Stichproben in unterschiedlichen Bremer Stadtteilen. Obwohl es alle Praxen können dürften, sagt Holger Schelp vom Bremer Hausärzteverband. Schelp sieht in dem umstrittenen bundesweiten Rollout die Chance, dass das E-Rezept in Gang kommt und will sich selbst ganz vorsichtig ran wagen.

Die Bremer Apothekerkammer geht davon aus, dass bis Ende Juli alle Apotheken im Land Bremen E-Rezepte einlösen können. Die kassenärztliche Vereinigung vermutet, dass es noch Wochen, wenn nicht Monate dauert, bis sich das Verfahren eingespielt hat.

Die kassenärztliche Bundesvereinigung kritisiert, dass das E-Rezept bisher noch nicht in allen Praxisverwaltungssystemen reibungslos und anwenderfreundlich funktioniere. Dafür seien Standards erforderlich, sagt Sybille Steiner von der kassenärztlichen Bundesvereinigung, deren Einhaltung von einer unabhängigen Instanz überwacht werden. Daher sei ein stufenweiser Rollout über Testregionen sinnvoller.

Mehr zum Thema:

Autor

  • Zu sehen ist ein Porträtfoto von Mario Neumann. Blaue Augen, relativ kurze, dunkelblonde Haare. Er hat die Arme verschränkt und lächelt.
    Mario Neumann Autor

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 30. Juni 2023, 8:40 Uhr