So will Bremen den Investitionsstau in den Häfen in den Griff bekommen

Schiefer Molenturm sorgt für Ärger in den Häfenausschüssen

Bild: dpa | Mohssen Assanimoghaddam

Mehrere Hundert Millionen Euro sollen in den kommenden Jahren in Hafenprojekte in Bremerhaven fließen. Zu spät, sagt die Opposition. Das Land habe viele Anlagen kaputtgespart.

Die untergegangene "Seute Deern", eine eingestürzte Drehbrücke, der abgesackte Molenturm in Bremerhaven: Es liest sich ein wenig, wie eine Liste des Schreckens von historischen Bauwerken, die nach und nach vergammelt und weggebrochen sind. Unweigerlich geht der Blick da auf die vielerorts marode Hafeninfrastruktur in Bremen und den Investitionsstau. Das Land will gegensteuern – doch das fällt offenbar schwer.

Das jüngste Beispiel für den Verfall steht inzwischen nicht mehr. Doch der Anblick des abgesackten und schiefen Bremerhavener Molenturms traf viele Bremerhavenerinnen und Bremerhavener ins Mark. Tagelang war der kleine Leuchtturm Thema in der nationalen und sogar internationalen Presse. Die Hafengesellschaft Bremenports versichert, Bremerhaven bekommt den Turm zurück. Er soll auf einer neuen Mole wieder aufgebaut werden. Keineswegs sei es eine Strategie, Projekte möglichst lange hinauszuschieben, entgegnet Bremenports-Chef Robert Howe Kritikern. "Auch wenn man das der Mole und auch dem Molenfeuer nicht ansieht, sind das komplexe Themen, die wir hier haben", sagt er.

Wir müssen die Nautik beachten, wir müssen die Sedimentfracht beachten, wir müssen hier die Leichtigkeit der Schifffahrt auch für die neue Zufahrt der Doppelschleuse beachten.

Bremenports-Chef Robert Howe
Von einer Krangondel aus wird am schiefen Leuchtturm auf der Mole in Bremerhaven die Demontage der Kuppel vorbereitet.
Erst abgesackt, dann abgebaut: Der Molenturm in Bremerhaven ist das jüngste Beispiel für den Verfall in Bremerhaven. Bild: dpa | Bodo Marks

Bei jedem großen Infrastrukturprojekt hat man Planungsprozesse von zehn bis 15 Jahren, sogar noch darüber hinaus, betont der Hafenplaner. Allerdings: Der Fall des inzwischen abgetragenen Molenturms von Bremerhaven macht deutlich, dass in der Vergangenheit vieles versäumt wurde. Denn dass es einen erheblichen Investitionsstau gibt, ist seit Jahren Diskussionsthema in der Politik.

Viele Hafenanlagen wurden kaputtgespart, findet die Opposition

In den Häfenausschüssen herrschte Unverständnis. Das Land habe viele Hafenanlagen kaputtgespart, findet die CDU. Der Untergang des maroden historischen Segelschiffs Seute Deern – das als Wahrzeichen Bremerhavens galt – hat den Anfang gemacht, sagt auch Hauke Hilz von der FPD. "Die Drehbrücke im Fischereihafen ist im Betrieb zusammengebrochen, jetzt haben wir hier im Fischereihafen die Beeinträchtigung des Schiffsverkehrs durch den schiefen Turm", sagt der Bremerhavener. "Wem was gehört ist das eine – die Frage ist, wie birgt man Risiken und wie verhindert man solche Risiken."

Bremenports ist eine Landesgesellschaft und die müssen koordinieren, auch wenn es andere Zuständigkeiten gibt.

Hauke Hilz, FDP-Bürgerschaftsabgeordneter aus Bremerhaven

In der Tat sind in den vergangenen Jahren mehrfach marode Kajen zusammengesackt, bröckelten nur noch so vor sich hin. Viele – zum Beispiel die im Fischereihafen – sind mehr als 100 Jahre alt. Und das Geestesperrwerk aus den 60er-Jahren muss auch dringend erneuert werden, steckt aber in der Planung fest.

An Rücktritt denkt die Häfensenatorin nicht

Bremens Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD) will sich aber keine Untätigkeit vorwerfen lassen. Rücktrittsforderungen von der Wählergemeinschaft Bürger in Wut weist sie zurück: "Der Kapitän sollte ja nicht in schwerer See das Schiff verlassen und insofern schaue ich da in die Zukunft und mache meine Arbeit." Das Land investiere andauernd in die Infrastruktur.

Wir haben neun Projekte im Bau und elf weitere Maßnahmen in der Planung. Und das macht schon mal deutlich, wie viel wir uns hier in der nächsten Zeit vornehmen oder auch schon vorgenommen haben.

Bremens Häfensenatorin Claudia Schilling

Bremen wird nach ihren Worten in den nächsten zehn Jahren eine halbe Milliarde Euro in Hafenprojekte stecken. Aktuelles Großprojekt: Die Sanierung der Kaje des Kreuzfahrtterminals – die Columbuskaje wird komplett erneuert. 80 Millionen Euro sind dafür veranschlagt. Der mit Abstand größte Brocken aber wird die Erneuerung des Containerterminals werden mit mehreren Hundert Millionen Euro.

Senatorin hofft auf Fördergelder vom Bund

Woher das Geld genau kommen soll, dazu sagt die Häfensenatorin noch nichts Genaues. Man hoffe auch auf Förderung durch den Bund und müsse noch Beratungen abwarten. Aber Hafenprojekte seien eben immer gleich Millionenprojekte – und deshalb eine Mammutaufgabe. Schilling sieht das Land auf einem guten Weg, ihre Zwischenbilanz falle positiv aus, meint sie.

Autor

  • Dirk Bliedtner
    Dirk Bliedtner Autor

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 31. August 2022, 19:30 Uhr