Interview

Baumann verrät, warum er sein privates Geld in Werder investiert

Bild: Imago | Kolbert-Press

Frank Baumann gehört zum Investoren-Bündnis, das Werder 38 Millionen Euro beschert. Warum er eingestiegen ist, obwohl er beim Verein aussteigt, erklärt er im Interview.

Werders Geschäftsführer Frank Baumann hatte sich am vergangenen Donnerstag rar gemacht, als das regionale Bündnis aus acht Investoren, das für 38 Millionen Euro Anteile an Werder erworben hatte, vorgestellt wurde.

Nun äußert sich Baumann erstmals und erklärt, warum er privates Geld in einen Verein investiert, den er im Sommer als Geschäftsführer verlassen wird. Und warum er sich nicht als Ideengeber des regionalen Bündnisses sieht.

Herr Baumann, Sie gehören zum regionalen Investoren-Bündnis – warum geben Sie Ihr privates Geld diesem Klub?

Dafür gibt es mehrere Gründe. Der wichtigste ist, dass ich absolutes Vertrauen in die handelnden Personen habe, in den Verein insgesamt, aber vor allem auch in die Zukunftsfähigkeit des Vereins. Ich glaube, dass wir die Weiterentwicklung fortsetzen können, die wir nach dem Abstieg gegangen sind. Zudem hatte ich immer den Anspruch an mich, meine Bereiche gut zu übergeben. Personell, sportlich und eben wirtschaftlich – bei Letzterem konnte ich jetzt selbst neben der operativen Tätigkeit einen kleinen Teil dazu beitragen.

Welche Gründe gab es noch?

Ich konnte meine Verbundenheit zu Werder nochmal dokumentieren. Ich bin jetzt 25 Jahre bei Werder und habe Werder insgesamt sehr viel zu verdanken und möchte damit etwas zurückgeben. Und der letzte Grund ist, dass ich glaube, dass dieses Bündnis sehr sehr gut zu Werder und zu mir passt. Wenn es nicht so gewesen wäre, hätte ich mich daran auch nicht angeschlossen. Es sind alles Menschen, die eine große Verbundenheit und Sympathie für Werder haben, die langjährig in Gremien, als Sponsoren oder als Fans dem Verein verbunden waren. Und die Zurückhaltung und Vertraulichkeit als sehr wichtig erachten. Deshalb konnte ich mich guten Gewissens da anschließen.

Alle Investoren haben aus ihrem Privatvermögen investiert – was hat denn Ihre Frau dazu gesagt?

Wir haben das zuhause in der Familie natürlich diskutiert und das Für und Wider abgesprochen. Es ist ja bekannt, dass die Investition erst einmal keine Rendite abwirft. Aber wir haben als Familie auch eine große Verbundenheit zu Werder. Während und nach meiner Spielerkarriere habe ich gutes Geld verdient bei Werder und dem Verein sehr viel zu verdanken. Und da konnten wir uns als Familie guten Gewissens beteiligen, so wie wir es bei der Anleihe schon getan haben.

Und wie viel ist Ihnen diese Verbundenheit jetzt wert?

(lacht) Über einzelne Summen sprechen wir nicht, das Thema Vertraulichkeit ist sehr wichtig. Die Gruppe tritt gemeinsam auf und hat eine Summe zusammen gesammelt. Das ist ein sehr gutes Ergebnis.

Es sind 38 Millionen Euro, viel Geld für Werder. Wie dringend braucht denn der Klub das Geld?

Nach der Pandemie und dem Abstieg hatten wir eine Situation, dass das Haus Werder Bremen kurzfristig einsturzgefährdet war. Dann haben wir aber durch hohe Kontinuität und richtige Entscheidungen wieder ein gesundes Fundament geschaffen. Durch das Trainerteam und die Spieler konnten wir stabile Wände hochziehen. Was ein bisschen gefehlt hat, was das Dach, das Schutz und Sicherheit vor dem nächsten Sturm gibt. Aber auch die Möglichkeit, das Haus von Innen weiter aufzuhübschen und fit für die Zukunft zu machen.

Um im Bild zu bleiben: Wer wohnt denn in dem Haus? Wie wird das Geld aufgeteilt?

Natürlich wollen wir weiter ins Kerngeschäft investieren, denn wenn es der 1. Männer-Fußballmannschaft gut geht, dann geht es vielen anderen Bereichen auch sehr gut. Deshalb ist es sinnvoll, wirtschaftlich sehr gezielt und vernünftig zu agieren. Trotzdem gehört auch das Leistungszentrum dazu, damit wir die Möglichkeit haben, für das ein oder andere Top-Talent mal ein paar Euro mehr auszugeben. Wir wollen aber auch in den Frauen-Fußball investieren und in Nachhaltigkeit und Infrastruktur.

Schließt dieses Geld eine Lücke oder verschafft es Werder einen Vorsprung?

Nein, es schließt ein Stück weit eine Lücke. Das muss man vernünftig einordnen. Ich glaube nicht, dass ein Bundesligaverein wegen dem Deal Schnappatmung bekommen hat und jetzt vor Werders Finanzkraft zittert. Wichtig ist, dass wir für uns eine höhere Sicherheit haben und auf dem Transfermarkt proaktiver agieren können. In der Vergangenheit mussten wir erst Transfererlöse erzielen, um dann investieren können.

Es verbessert aber besonders bei Verkäufen unsere Verhandlungsposition, weil wir finanziell stabiler dastehen. Und dann ist bekannt, dass wir nicht verkaufen müssen und die Möglichkeit haben, auch mal nein zu sagen. Es ist Geld, das eine Lücke schließt, aber die Lücke ist zu vielen Klubs aus der oberen Tabellenhälfte noch nicht geschlossen. Daher müssen wir vernünftig damit umgehen, um langfristig davon zu profitieren.

Aus dem Fan-Lager und auch im Weser-Stadion gab es kaum Kritik, die Zustimmung scheint zu überwiegen. Ist das eine Reaktion, die Sie so erwartet hatten?

Wir waren schon überzeugt, dass das regionale Bündnis für Werder die richtige Lösung ist und zu Werder passt. Deshalb sind wir auch durchaus selbstbewusst an die Öffentlichkeit gegangen. Natürlich wusste man nicht, wie unsere Ultras reagieren, aber auch sie können einschätzen, dass wir uns sehr sorgfältig Gedanken gemacht haben.

Klaus Filbry sagte, dass Sie eine entscheidende Rolle für das Bündnis gespielt hätten. Wie ist die Idee entstanden?

Nein, ich bin nicht der Ideengeber dieses Bündnisses. Das war bei Werder schon vor meiner Geschäftsführerzeit ein Thema und ein Wunschszenario. Wir haben versucht, über die Jahre, dieses Netzwerk zu pflegen. Da muss man Klaus Filbry ein Kompliment aussprechen, weil er die Kontakte gepflegt und Vertrauen aufgebaut hat. Ich würde meine Rolle da nicht zu hoch bewerten wollen.

Aber ohne Ihr Investment hätten andere vielleicht nicht mitgemacht.

Ich bin aus Überzeugung reingegangen, sodass es ein gutes Zeichen für alle Beteiligten ist, wenn ein Geschäftsführer eigenes Geld investiert. Das zeugt von Vertrauen. In der Wirtschaft ist es normal, dass sich Mitarbeiter und Führungskräfte an Unternehmen beteiligen. Ich glaube, dass es dem ein oder anderen, der noch etwas gezweifelt hat, ein Stück weit geholfen hat. Aber das Commitment, dass man sich engagieren möchte, gab es schon vor meiner Zusage.

Im Profi-Fußball ist so ein Engagement eines Geschäftsführers eher ungewöhnlich. Welche Rückmeldung haben Sie bekommen?

Insgesamt wird es positiv gesehen, dass sich Menschen engagieren, die eine Verbundenheit zu Werder haben, die keine Renditeerwartung haben und die sich zurückhalten wollen – sowohl im operativen Geschäft als auch medial – das ist ganz wichtig. Es gibt ja viele verschiedene Beteiligungsmodelle in der Liga und man spricht eher über die, die negativ gesehen werden. Wo sich Anteilseigner immer wieder zu Wort melden. Da wo sie sich zurückhalten, funktioniert es meist deutlich besser. Daher bin ich froh, dass sich die strategischen Partner auch für diesen Weg entschieden haben.

(Das Gespräch wurde geführt von Felix Ilemann und Heiko Neugebauer, aufgezeichnet von Petra Philippsen.)

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Autoren

  • Felix Ilemann
  • Heiko Neugebauer
    Heiko Neugebauer Moderator

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 29. Januar 2024, 18:06 Uhr