Interview

AWI-Experte zum UN-Hochseeabkommen: "Die Arbeit fängt jetzt erst an"

Ein Mann im Sakko steht vor einer blauen Wand und blickt in die Kamera.
Bild: AWI | Sina Löschke

Die Vereinten Nationen haben sich nach 15 Jahren auf ein Abkommen zum Schutz der Weltmeere geeinigt. Im Interview mit Bremen Eins ordnet ein AWI-Experte den UN-Meilenstein ein.

Das ist historisch – das sagen selbst Umweltschutzorganisationen. Am Wochenende haben sich die UN-Mitgliedsstaaten nach 15 Jahren der Verhandlung auf den Text für das erste internationale Hochseeabkommen zum Schutz der Weltmeere geeinigt. Ziel war es, dass bis Ende des Jahrzehnts mindestens 30 Prozent der Weltmeere als Schutzgebiete ausgewiesen werden können. Das Abkommen soll außerdem die biologische Vielfalt auf hoher See unter international verbindlichen Schutz stellen.

Stefan Hain ist umweltpolitischer Sprecher des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven. Er stand am Wochenende im permanenten Kontakt mit der deutschen Delegation bei den Vereinten Nationen in New York und kann das Ergebnis einordnen.

Was ist das Wesentliche an diesem Abkommen?

Das Wesentliche ist, dass dieses Abkommen überhaupt zustande gekommen ist. Man muss sich vorstellen: Die hohe See ist der mit Abstand größte Lebensraum, den wir hier auf der Erde haben. Und mit diesem Abkommen hat der Schutz dieses Lebensraums ein Zuhause gefunden. Wir haben jetzt die Möglichkeit, unter diesem Abkommen, die Aktivitäten, die auf der Hochsee sind, zu evaluieren und dann entsprechende Schutzmaßnahmen einzuführen.

Glauben Sie, dass alle Länder mitmachen, also beispielsweise auch Russland oder China?

Das wird sich noch zeigen. Das Wichtigste: Mit diesem Abkommen ist quasi der Startschuss geliefert worden. Die eigentliche Arbeit fängt jetzt erst an. Es wird darauf ankommen, wie die einzelnen Mitgliedsstaaten dieses neue Abkommen in die nationale Rechtsprechung und so weiter umsetzen. Je besser die Umsetzung ist, desto effektiver wird dieses Abkommen dann letztlich werden.

Umweltschutzorganisationen hoffen, dass das Abkommen hilft, den Verlust der Artenvielfalt im Meer zu stoppen – wie realistisch ist das?

Das Abkommen wird mit Sicherheit einen großen Beitrag dazu leisten. Ob wir es wirklich schaffen, das Artensterben in der hohen See ganz zu stoppen, das wird sich noch zeigen. Bei der hohen See haben wir das Problem, dass wir viele Arten, die dort leben, überhaupt noch nicht kennen. Das heißt, es besteht die Gefahr, dass diese Arten verschwinden, ohne dass wir überhaupt über ihr Dasein Bescheid wissen.

(Das Gespräch führte Ansgar Langhorst, aufgezeichnet von Joschka Schmitt.)

Alles auf Nachhaltigkeit: Bremer Fischmesse mit neuen Ansätzen

Bild: dpa | Florian Schuh

Mehr zum Thema:

  • Fisch-Forschung in Bremerhaven: Kann Fisch nachhaltig gefangen werden?

    Wie kann Fisch nachhaltig gefangen werden? Das Thünen-Institut am Standort Bremerhaven untersucht die Meeresbiologie, speziell die Verbreitung von Fischen.

Autor

  • Ansgar Langhorst
    Ansgar Langhorst

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Vormittag, 6. März 2023, 10:40 Uhr