Exklusiv

Bremerhavener Umweltstadträtin schmeißt hin – und ist "empört"

Eine Frau spricht in ein Mikrofon.

Bremerhavener Umweltstadträtin schmeißt hin – und ist "empört"

Bild: Helmut Stapel
  • Ihr Vorwurf: Vertreter von SPD, CDU und FDP hätten Klimaschutz-Vorlage ohne Rücksprache geändert.
  • Ergänzungen der Magistratsmitglieder seien fachlich wenig ausgereift.
  • Grünen-Politiker Michael Labetzke spricht von Sexismus.

Bremerhavens Umweltstadträtin Susanne Gatti will zum 31. Oktober zurücktreten. Das sagte sie buten un binnen. Als Grund nennt die parteilose Politikerin, dass die anderen Magistratsmitglieder von SPD, CDU und FDP sie bei einer Klimaschutz-Vorlage übergangen hätten.

Enttäuscht, wütend und auch empört sei sie, betonte Gatti. Sie sprach von einem unterirdischen Umgang mit ihr. Sie habe ein Konzept erarbeitet, wie Bremerhaven die Klimaschutzziele des Landes Bremen umsetzen kann. Doch die Vertreter von SPD, CDU und FDP hätten ohne Rücksprache mit ihr weitere Punkte hinzugefügt. Diese seien zum Teil fachlich wenig ausgereift, so Gatti.

Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) bedauert Gattis Rücktritt. Sie sei eine "konstruktive Bereicherung im Magistrat" gewesen. CDU-Fraktionschef Thorsten Raschen sagte hingegen, das Vorgehen der Koalition sei üblich. Er könne Gattis Kritik daher nicht nachvollziehen.

Stadtkämmerer Torsten Neuhoff (CDU) wies die Vorwürfe ebenfalls zurück. Selbstverständlich sei das Umweltschutzamt um Einschätzung gebeten worden. "Dass dann im weiteren Verfahren keine Einigung über die gemeinsame Einbringung der betreffenden Vorlage erzielt werden konnte, ist misslich, aber im politischen Geschehen nicht unüblich", so Neuhoff. Er bedauerte, dass dieses Verfahren zu Gattis Rücktritt führe. Sie habe den Magistrat mit ihrer Sichtweise zu Projekten angeregt und das Amt ehrenamtlich gut geführt.

Grüne erheben schwere Vorwürfe

Gatti sitzt seit 2019 ehrenamtlich und auf Vorschlag der Oppositionsfraktion Grüne PP im Magistrat. Diese Konstruktion soll alle politischen Kräfte einbinden, führt aber immer wieder zu Konflikten. Eine Reform des Magistrats war kürzlich gescheitert.

Auch der Grünen-Politiker Michael Labetzke bedauerte den Rückzug Gattis. Damit verliere Bremerhavens Magistrat einen seiner klügsten Köpfe. Labetzke sagte, er sei von Oberbürgermeister Grantz, Stadtkämmerer Neuhoff und Baustadtrat Bernd Schomaker (FDP) maßlos enttäuscht.

Die Koalition sollte vor Scham im Boden versinken.

Michael Labetzke von den Grünen
Michael Labetzke, Grüne

Labetzke sprach von einem "verheerenden Zeichen" für die Bremerhavener Politik. In dem Verhalten der anderen Magistratsmitglieder sieht Labetzke auch Sexismus gegenüber Gatti als Frau. Das Verhalten ihr gegenüber sei nicht nur dadurch zu erklären, dass sie ein kluger Kopf sei, sondern wohl auch, weil sie eine kluge Frau sei. "Die Koalition sollte vor Scham im Boden versinken", sagte Labetzke. Ihm tue es persönlich sehr leid, weil er sie als Mensch und wegen ihrer fachlichen Expertise sehr schätze.

Autorinnen

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau, 26. Oktober 2022, 17 Uhr