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Steigende Bauzinsen: Das sollten Bremerinnen und Bremer jetzt wissen

Haus mit Solaranlage auf dem Dach ist eingerüstet
Die Bauzinsen steigen. Für Häuslebauer und Immobilienkäufer wird der Traum vom Eigenheim somit teurer. Bild: dpa | Mia Bucher

Die Baukreditzinsen haben sich seit Januar fast verdreifacht. Warum das so ist und weshalb die Nachfrage bei Immobilienkäufern dennoch gestiegen ist, erklären wir hier.

Seit Jahresbeginn sind auch für Bremerinnen und Bremer die Kosten für den kreditfinanzierten Bau oder Kauf einer Immobilie deutlich gestiegen. Den jüngsten Zahlen des Kreditvermittlers Interhyp zufolge ist der Bauzins für ein Darlehen mit einer zehnjährigen Laufzeit seit Januar von einem Prozent auf 2,8 Prozent hochgeschnellt.

Doch woran liegt das? Und was bedeutet das für Bremerinnen und Bremer, die Immobilienkredite neu aufnehmen oder ein bestehendes Darlehen ersetzen müssen? Die wichtigsten Fragen dazu beantworten wir hier.

Warum steigen die Baukreditzinsen seit Jahresbeginn?

Bauzinsen hängen von verschiedenen Faktoren ab. Einer davon ist der Leitzins, mit dem sich Geschäftsbanken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) Geld leihen oder anlegen können. Dessen Erhöhung würde nicht nur für Banken, sondern auch für ihre Kunden höhere Zinsen nach sich ziehen – und auch die Bauzinsen erhöhen. Derzeit liegt der wichtigste Leitzins allerdings noch bei null Prozent. Mit einer Erhöhung rechnen Experten frühestens im Juli.

Dass die Bauzinsen schon jetzt gestiegen sind, hängt daher kurzfristig auch von anderen Gründen ab. Wichtige Referenzwerte sind zum Beispiel am Kapitalmarkt festgelegte Zinssätze wie die Rendite von Bundesanleihen. Dabei handelt es sich um die Verzinsung, die der deutsche Staat seinen Gläubigern für Staatsschulden zahlt. Und die Rendite für Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit liegt mittlerweile wieder bei mehr als einem Prozent – nachdem sie zwischenzeitlich sogar negativ war.

Nicht zuletzt legen Baukredit-Anbieter, also zum Beispiel Banken und Bausparkassen, den Zinssatz für Hypothekendarlehen anhand vieler weiterer Kriterien im freien Spiel von Angebot und Nachfrage fest. Das bedeutet: Aktuelle Entwicklungen wie eine hohe Inflation oder auch die Angst vor weiter steigenden Zinsen können die Nachfrage in die Höhe schnellen lassen, was wiederum zu höheren Bauzinsen führt.

Ein Modellhaus steht auf Geldbündeln
Die monatliche Tilgung bei einem Zinssatz von nur einem oder wie derzeit fast drei Prozent unterschiedet sich deutlich. Bild: dpa | Zoonar | Wolfgang Filser

Welche Folgen haben steigende Zinsen für Häuslebauer und Immobilienkäufer?

Wer eine Immobilie kauft oder ein Haus baut, muss meist einen hohen Kredit aufnehmen. In Bremen liege die Höhe solcher Hypothekendarlehen im Schnitt bei rund 200.000 bis 300.000 Euro, schätzt Roland Stecher, Baufinanzierungsberater bei der Verbraucherzentrale Bremen. Wobei die Finanzierung von Neubauten in Bremen eher die Ausnahme sei. "Der Kauf gebrauchter Wohnungen oder Reihenhäuser, das ist der Klassiker für Bremen", sagt Stecher.

Wie sich dabei unterschiedliche Zinssätze auf Hypothekendarlehen auswirken, zeigt ein Rechenbeispiel: So waren für einen durchschnittliches Baudarlehen von 300.000 Euro und drei Prozent Tilgung im Januar noch monatlich 1.000 Euro fällig – damals noch bei einem Bauzinssatz von rund einem Prozent. Bei einem Bauzinssatz von drei Prozent würde die monatliche Tilgung bei sonst gleichen Konditionen auf monatlich rund 1.500 Euro anwachsen.

Wie entwickelt sich die Baukreditnachfrage in Bremen angesichts steigender Zinsen?

Konkrete Zahlen, wie sich die Nachfrage in Bremen entwickelt, geben Baufinanzierer wie die Sparkasse Bremen zwar ungern heraus. Die Nachfrage sei aber trotz gestiegener Zinsen nach wie vor hoch, sagt Sparkassen-Sprecherin Elke Heussler. Auch für bestehende Baufinanzierungen würden vorzeitige Verlängerungen nachgefragt. "Allerdings stellen wir bei unseren Kundinnen und Kunden auch eine Verunsicherung fest", sagt Heussler. Durch die veränderte Zinssituation und die gleichzeitig steigenden Nebenkosten werde es für einige schwieriger, ihre Wunschimmobilie zu realisieren.

Von ähnlichen Erfahrungen berichtet Baufinanzierungsexperte Roland Stecher. Auch bei der Verbraucherzentrale Bremen habe sich die Nachfrage im Verlaufe des Jahres gewandelt. "Anfang des Jahres, als die die Zinsen gestiegen sind, war der Beratungsandrang groß", sagt Stecher. Mit dem Ukraine-Krieg und der hohen Inflation habe sich das allerdings gedreht.

Nach dem Kriegsbeginn brach es ein.

Roland Stecher, Baufinanzierungsberater der Verbraucherzentrale

"Es wirkt so, als würden sich die Familien fragen: Wie machen wir jetzt weiter, wie ist meine Situation, wie entwickeln sich die Nebenkosten?", sagt der Berater.

Von dieser Erfahrung berichtet auch der Bremer Niederlassungsleiter des Baukreditvermittlers Interhyp, Ralf Lucht: "Aufgrund der gestiegenen Preise und der jüngst stark angestiegenen Zinsen sehen wir, dass viele Kundinnen und Kunden neu kalkulieren müssen und zum Teil auch Kompromisse bezüglich ihrer Wunschimmobilie eingehen."

Dass durch die gestiegenen Bauzinsen die Preise für Immobilien sinken könnten, glaubt Lucht hingegen nicht. Denn in wirtschaftlich unsicheren Zeiten hätten die Menschen wenig Anlagealternativen zu Immobilien. "Weiter steigende Bauzinsen könnten die Nachfrage etwas schmälern, aber wir rechnen nicht mit sinkenden Immobilienpreisen", sagt er. Die Nachfrage sei immer noch zu groß und das Angebot weiterhin zu gering.

Worauf sollten Immobilienkäufer und Häuslebauer jetzt achten?

Grenzen kennen: Auf keinen Fall sollten sich Käufer übernehmen, sagt Roland Stecher von der Verbraucherzentrale Bremen. "Eine vernünftige Finanzierung sollte nicht mehr als 30 Prozent des zur Verfügung stehenden Nettos betragen." Auch Nebenkosten wie Gas und Wasser, die über die Tilgungszahlung hinaus gezahlt werden müssen, sollten großzügig kalkuliert werden. "Da braucht man einen ausreichenden Puffer", sagt der Finanzierungsberater.

Ruhe bewahren: Überstürzen sollten Käufer ebenfalls nichts, sagt Stecher. "Eine Immobilie zu kaufen ist ja nicht so wie Socken zu kaufen – das will wohl überlegt sein." Von kurzfristig gestiegenen Zinsen sollte sich daher niemand blenden lassen. Zumal die Zinssätze noch immer unter jenen lägen, die vor der Finanzkrise im Jahr 2008 verlangt worden waren. "Für Hypothekenkredite wurden damals Zinssätze zwischen 4,5 und 5 Prozent für zehn Jahre gezahlt", sagt der Berater

Angebote vergleichen: Wichtig sei es zudem, Angebote zu vergleichen – "und auch mal zu rechnen", sagt Stecher. Danach könne man immer noch zur Hausbank gehen und fragen, ob sie das Angebot einer anderen Bank mitgehen würde.

Flexibel bleiben: Auch die Option, die Tilgung zwischenzeitlich auch einmal heruntersetzen zu können, sollten sich Käufer offenhalten. Im jetzigen Zinsumfeld sollten man mit zwei, drei Prozent tilgen, rät Stecher. "Wenn es dann zu eng wird, kann man immer noch auf ein Prozent runtergehen." Dies könne zum Beispiel notwendig werden, wenn jemand in Kurzarbeit gehe. Solche Tilgungssatzänderung, aber auch im gegensätzlichen Fall die Möglichkeit einer Sondertilgung, sollten kostenfrei in jedem Darlehensvertrag enthalten sein, sagt der Berater.

Rechte nutzen: Im derzeitigen Zinsumfeld könne es dem Berater zufolge darüber hinaus Sinn machen, eine längere Zinsbindung von 15 Jahren oder sogar mehr zu vereinbaren. Ein Vorteil: Verbraucher haben in Deutschland das Recht, länger laufende Darlehen nach zehn Jahren zu kündigen, ohne dass Vorfälligkeitsentschädigungen gezahlt werden müssen. Sollten die Zinsen also doch wieder fallen, wäre das also kein Problem.

Welche Optionen gibt es für Anschlussfinanzierungen?

Für diejenigen, deren bisheriger Darlehensvertrag abläuft, können die gestiegenen Zinsen zu erheblichen Mehrbelastungen bei der Anschlussfinanzierung führen. "Ich gehe davon aus, dass wir einige kritische Fälle bekommen dieses Jahr", sagt Finanzierungsexperte Stecher. Hier ginge es dann vor allem darum, die Finanzierung trotz höherer Zinskosten aufrecht zu erhalten, so dass es nicht in die Zwangsversteigerung gehe.

Für diejenigen, die sich im Hinblick auf die Anschlussfinanzierung frühzeitig absichern wollen, gibt es hingegen so genannte Forward-Darlehen. Sie funktionieren wie eine normale Anschlussfinanzierung. Das Besondere: Kreditnehmer einigen sich mit ihrer Bank schon deutlich vor dem Vertragsende und der alten Zinsbindungsfrist auf neue Konditionen. "Von einigen Banken wird das bis zu fünf Jahren vor Ablauf des aktuellen Darlehens gewährt", sagt Stecher. Die frühzeitige Festlegung sei aber mit einem Zuschlag verbunden. Und wenn es zur Verlängerung komme, müssten die Konditionen angenommen werden, selbst wenn sich die Zinsen zu Ungunsten der Bankkunden entwickelt hätten. "Bei diesem Zinsumfeld von drei Prozent kann man aber durchaus ein Forward-Darlehen abschließen", sagt Stecker. Dies gelte vor allem für Menschen, die wirklich sicher gehen wollen, dass der Zinssatz für sie konstant bleibe.

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 8. Juni 2022, 19:30 Uhr