"Pussy Riot" vor 10 Jahren verurteilt – jetzt kommen sie nach Bremen

Maskierte Mitglieder von Pussy Riot in der Erlöserkathedrale in Moskau, Russland, Februar 21, 2012.

17.08.2012: Urteil gegen Pussy Riot

Bild: dpa | Mitya Aleshkovsky

Ein 41-sekündiger Auftritt hat 2012 für die Festnahme der russischen Punkband gesorgt. Auf ihrer Tournee durch Europa erzählen die Frauen ihre Geschichte.

Nadjeschda Tolokonnikowa, Maria Aljochina und Jekaterina Samuzewitsch sind Mitglieder des feministischen Künstlerinnenkollektivs "Pussy Riot" und im Februar 2012 dafür festgenommen worden, dass sie ein Punk-Gebet performt haben. Ausgerechnet in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale, wo das orthodoxe Oberhaupt, Patriarch Kyrill, predigte. Er unterstützte die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der immer wieder demonstrativ die Nähe zur orthodoxen Kirche sucht.

Jetzt, zehn Jahre später, gastiert das Künstlerkollektiv am 3. September in Bremen. Im Theater am Goetheplatz geben sie ein Konzert und erzählen ihre Geschichte. Mit dabei ist Sängerin und Frontfrau Maria Aljoschina.

Punk-Gebet in der Kathedrale

Nach der Aktion vor zehn Jahren erinnerte sich Nadeschda Tolokonnikowa daran, als Wladimir Putin damals ankündigte, zum dritten Mal an die Macht zu kommen: "Wir fanden das nicht gut und planten eine illegale Protestaktion." Auffällig gekleidet und mit knallbunten Sturmhauben vermummt tanzen die jungen Frauen in der Kathedrale, um so gegen Putin und die unheilige Verbindung von Staat, Kirche und Geheimdienst zu protestieren. Sie sangen: "Heilige Jungfrau Maria, schmeiß' Putin raus!"

Ihre Festnahme folgte schnell. Die Kirche sah in der Protestaktion eine Gotteslästerung. Die staatliche Anklage lautete Rowdytum. Darauf stehen bis zu sieben Jahre Haft. Bereits die Untersuchungshaft war grausam für die jungen Aktivistinnen. Die 21-jährige Maria Aljochina war nie zuvor festgenommen worden und beschrieb die Situation so: "Wenn du zum ersten Mal in einer Polizeiwache landest, wenn man dich komplett entkleidet, dich dann zwingt, in einem Käfig Kniebeugen zu machen und dich anschreit mit dem Gesicht zur Wand, Hände an den Rücken, dann ist das etwas, womit du niemals gerechnet hast."

Weltweite Solidarität

Als einige Monate später der Prozess gegen Pussy Riot begann, demonstrierten Menschen mit bunten Sturmhauben weltweit ihre Solidarität mit den Russinnen. Politiker und Menschenrechtsorganisationen erhoben Einspruch gegen die viel zu hoch angesetzte Strafe. Und auch Prominente setzten sich öffentlich für die Angeklagten ein, unter anderem Sting und Madonna.

Sie haben etwas Mutiges getan, und ich bete für ihre Freiheit.

Madonna, Popstar
In einem gläsernen Kasten sitzen die angeklagte russische Frauen-Punk-Band "Pussy Riot" (Maria Aljochina, Jekaterina Samuzewitsch und Nadeschda Tolokonnikowa)
Maria Aljochina, Jekaterina Samuzewitsch und Nadeschda Tolokonnikowa auf der Anklagebank. Bild: dpa / Picture Alliance | Maxim Shipenkov

Die drei inhaftierten Frauen traten unterdessen in einen Hungerstreik, um damit gegen die Justizwillkür zu protestieren. Am 2. August 2012 äußerte sich zum ersten Mal der russische Präsident Wladimir Putin zu dem Verfahren. Bei einem Besuch in London sagte er überraschend: "Ich glaube, sie sollten für das, was sie getan haben, nicht zu hart bestraft werden. Ich hoffe, dass sie ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen werden."

Viele sahen das als Wendepunkt in dem Prozess, der bald darauf zu einem Schuldspruch führte. Wegen Rowdytums aus religiösem Hass wurden Tolokonnikowa, Samuzewitsch und Aljochina zu je zwei Jahren Arbeitslager verurteilt. Nur Jekatarina Samuzewitsch gelang es, eine mildere Bewährungsstrafe zu erwirken.

Pussy Riot auf Tournee

Die beiden anderen Frauen haben mittlerweile ihre Haft abgesessen und machen weiterhin regierungskritische Musik und starten Protestaktionen. Erst vor wenigen Wochen ist Maria Aljochina aus Russland nach Deutschland geflüchtet und nun mit anderen Frauen des Kollektivs Pussy Riot auf Europa-Tour. Und das kein bisschen leiser, auch nicht nach ihrer Verurteilung durch den russischen Staat vor zehn Jahren.

Autorin

  • Kerstin Burlage
    Kerstin Burlage Autorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Stichtag, 17. August 2022, 6:40 Uhr