Infografik

6 wichtige Statistiken zu Migration und Flucht nach Bremen

Eine Familie auf dem Weg in eine Erstaufnahmeeinrichtung
In Bremen ist der Ausländeranteil an der Bevölkerung ähnlich hoch wie in Hamburg oder Berlin. (Symbolbild) Bild: dpa | Boris Roessler

Ausländeranteil, Asylbewerber, Ausreisepflicht: Migration in Bremen ist vielfältig. Diese 6 Statistiken helfen, bei diesem komplexen Thema den Überblick zu bewahren.

Das Land Bremen ist seit Jahrzehnten ein Anziehungspunkt für Menschen aus vielen Ländern, seien es Gastarbeiter, Facharbeiterinnen, Studentinnen und Studenten aus der ganzen Welt oder Menschen, die aus verschiedenen Gründen aus ihrer Heimat flüchten mussten und nun in der Hansestadt Asyl suchen.

Das spiegelt sich auch in Zahlen wider. Die wichtigsten Daten und Fakten zur Migration in Bremen fassen wir hier in sechs Stichworten zusammen:

  1. Ausländeranteil: Bremen vor Hamburg und hinter Berlin.
  2. Ausländische Arbeitskräfte: Die Quote steigt in Bremen konstant.
  3. Asylbewerber: Verzerrte Statistik durch Ukraine-Flüchtlinge.
  4. Ausreisepflichtige Personen: Viele sind geduldet.
  5. Abschiebungen: Nur Brandenburg schiebt seltener ab.
  6. Unbegleitete Jugendliche: Sehr hohe Quote in Bremen.

1 Ausländeranteil: Bremen vor Hamburg und hinter Berlin

Das Land Bremen ist als Stadtstaat ein Anziehungspunkt für Menschen, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen. Im Jahr 2022 lag die Zahl der Ausländer in der Hansestadt bei 154.915, bei einer Gesamteinwohnerzahl von rund 685.000. Daraus errechnet sich ein Ausländeranteil an der Bevölkerung von 22,62 Prozent.

Ausländeranteil nach Bundesländern (in Prozent)

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Zum Vergleich: Im Stadtstaat Hamburg liegt die Quote bei 19,42 Prozent, in Berlin bei 25,28 Prozent. Im benachbarten Niedersachsen leben hingegen nur 12,84 Prozent der Menschen ohne deutschen Pass. Dies ist, nach Schleswig-Holstein, die niedrigste Quote unter den westdeutschen Bundesländern. In allen ostdeutschen Bundesländern liegt die Quote unter acht Prozent.

Der Ausländeranteil im Land Bremen ist im vergangenen Jahrzehnt deutlich gestiegen – von knapp 12 Prozent im Jahr 2011 auf gut 21 Prozent im vergangenen Jahr.

Entwicklung des Ausländeranteils im Land Bremen seit 2011

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Dies liegt einerseits daran, dass inzwischen mehr ausländische Bürgerinnen und Bürger in Bremen leben. 154.915 waren es im Jahr 2022, nur 77.691 waren es im Jahr 2012. Es liegt aber auch daran, dass die deutsche Bevölkerung parallel geschrumpft ist: von 577.083 Menschen im Jahr 2012 auf 540.949 im Jahr 2022.

2 Ausländische Arbeitskräfte: Die Quote steigt in Bremen konstant

342.243 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort Bremen meldete die Bundesagentur für Ende Juni 2022. Bei 45.755 von ihnen handelte es sich um Arbeitskräfte ohne deutschen Pass. Das ist ein Anteil von 13,4 Prozent.

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Die Quote der ausländischen Arbeitskräfte in Bremen steigt dabei seit Jahren kontinuierlich an. So lag sie 2018 noch bei 10,7 Prozent.

Die Arbeitslosenquote unter ausländische Bürgern in Bremen ist im Übrigen seit Jahren konstant. 2018 lag sie bei 23,4 Prozent, 2022 waren 24,2 Prozent der ausländischen Erwerbstätigen im Land Bremen ohne Arbeit.

3 Asylbewerber: Verzerrte Statistik durch Ukraine-Flüchtlinge

Im Land Bremen werden im Schnitt kaum mehr oder weniger Asylanträge gestellt, als im Rest der Republik.

Asylanträge pro Bundesland im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung

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In Berlin lag die Asylbewerberquote 2022 sogar gut 31 Prozent höher als in Bremen, in Hamburg gab es im gleichen Zeitraum im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße gut 10 Prozent mehr Asylbewerberinnen und Asylbewerber.

Die Entwicklung der Asylanträge im Zeitverlauf ist in Bremen, wie im Rest der Republik, seit 2020 angestiegen – allerdings nicht auf das Niveau während der Flüchlingskrise im Jahr 2015.

Asylbewerber im Land Bremen seit 2012

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Die Kurve spiegelt allerdings nicht direkt wider, wie sich die Zahl der Flüchtlinge und Migrantinnen in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Der wichtigste Grund: Ukrainerinnen und Ukrainer, die nach dem Angriff Russlands auf ihr Land seit dem Frühjahr 2022 aus ihrer Heimat nach Deutschland geflüchtet sind, haben einen besonderen Status. Ihnen wurde – nach Paragraf 24 des Aufenthaltsgesetzes – in Deutschland auch ohne Asylantrag Schutz und ein Aufenthaltsrecht gewährt.

Allein 2022 erreichten nach Angaben des Ressorts für Soziales und Integration 13.148 Flüchtlinge aus der Ukraine Bremen. Im Jahr 2023 kamen bis zum September noch einmal 1.554 geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer dazu.

Ebenfalls nicht in den Asylantragszahlen erfasst sind die Ausländerinnen und Ausländer, die unerlaubt eingereist und nach Bremen gekommen sind. Ihre Zahl lag 2022 dem Integrationsressort zufolge bei 245. Im Jahr 2023 liegt ihre Zahl bislang offiziell bei 303.

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4 Ausreisepflichtige Personen: Viele sind geduldet

Der Bundesregierung zufolge lag Mitte 2023 die Zahl ausreisepflichtiger Personen im Land Bremen bei 4.042. Darunter fallen beispielsweise Personen, die zwar mit einem gültigen Aufenthaltspapier wie einem Touristenvisum, einer EU-Blue-Card für Hochschulabsolventen oder einem Schutzstatus wie zum Beispiel einem Recht auf Asyl oder Flüchtlingsschutz nach Bremen gekommen, nach Ablauf eines solchen "Aufenthaltstitels" aber nicht wieder ausgereist sind.

Ein Großteil von ihnen, insgesamt 3.432 Menschen, wird in Bremen derzeit allerdings geduldet. Das bedeutet, ihre Abschiebung wird vorübergehend ausgesetzt.

Anteil Geduldeter unter den ausreisepflichtigen Personen

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Eine Duldung wird beispielsweise erteilt, wenn die Ausländerbehörde die Abschiebung "aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen" für maximal drei Monate aussetzt, die ausländische Person eine Berufsausbildung absolviert, ein Kind mit Aufenthaltserlaubnis hat, mit einer anderen geduldeten Person eng verwandt ist oder eine schwere Krankheit hat – letzteres ist in Bremen der Grund für rund zehn Prozent der Duldungen.

Drei syrische Pässe werden von einem Mann in der Hand gehalten.
Manche Flüchtlinge haben keine gültigen Reisedokumente. Das kann auch eine Abschiebung erschweren. Bild: dpa | Friso Gentsch

Die häufigsten Gründe für eine Duldung sind allerdings ungeklärte Identitäten und fehlende Reisedokumente, die verlorengegangen oder mutmaßlich auch bewusst von der ausreisepflichtigen Person vernichtet worden sind.

Abgelehnte Asylbewerber mit Ausreisepflicht gab es den Zahlen der Bundesregierung zufolge bis Mitte 2023 insgesamt 1.403 in Bremen. Geduldet wurden 1.278 von ihnen. Das entspricht 91,1 Prozent. Zum Vergleich: Der bundesweite Durchschnitt aller Länder liegt bei 90,7 Prozent.

5 Abschiebungen: Nur Brandenburg schiebt seltener ab

Bei den tatsächlich vollzogenen Abschiebungen hat Bremen im Vergleich zu anderen Bundesländern – gemeinsam mit Brandenburg – die mit Abstand niedrigste Quote.

Abschiebungsquote bei ausreisepflichtigen Personen ohne Duldung

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2022 vermeldete das Land Bremen 28 Abschiebungen von ausreisepflichtigen Personen, was einer Quote von rund 7,5 Prozent entspricht. In Hamburg und Berlin liegt diese Quote rund doppelt so hoch. In Bayern dreimal und in Thüringen sogar fünfmal so hoch wie in Bremen.

6 Unbegleitete Jugendliche: Sehr hohe Quote in Bremen

Ein viel debattiertes Thema in Bremen ist derzeit der Umgang mit unbegleiteten jugendlichen Migranten, die nicht älter als 18 Jahre sind.

Unbegleitete minderjährige Asylbewerber pro Einwohner

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Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist die Zahl unbegleiteter Jugendlicher im Verhältnis zur Einwohnerzahl in Bremen sehr hoch. Der Grund: Bremen hat in der Vergangenheit mehr junge Geflüchtete aufgenommen, als es muss.

Ein Problem: Ein Teil dieser jungen Menschen ist in den vergangenen Jahren in die Kriminalität abgerutscht.

So gehen der Bremer Polizei zufolge rund 60 Prozent der zuletzt sprunghaft angestiegenen Zahl an Straßenrauben auf Jugendliche zurück, von denen mehr als zwei Drittel aus den Maghreb-Staaten stammten, also aus nordafrikanischen Ländern wie Tunesien, Marokko oder Algerien.

Einschränkend weist das Jugendressort auf Nachfrage buten un binnens allerdings darauf hin, dass die Polizei-Statistik verzerrt sei. "Oft greift die Polizei bei den Altersangaben auf die Selbstauskunft dieser Täter zurück, die häufig nicht dem tatsächlichen Alter entspricht", sagt Ressortsprecher Bernd Schneider. Anders als behauptet, seien die als minderjährig geführten Täter nach behördlichen Erkenntnissen oft tatsächlich volljährig.

Zu viele junge Geflüchtete in Bremen: So reagiert die Politik

Bild: Radio Bremen
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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 12. Oktober 2023, 19:30 Uhr