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5 Tage Bauernprotest in Bremen und Bremerhaven: Was hat es gebracht?

Traktoren stehen in einer Reihe.
Rund 200 Trecker waren allein am Montag rund um Bremen unterwegs. Bild: Radio Bremen

Bundesweit sind die Landwirte gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung lautstark auf die Straßen gegangen – auch in Bremen, Bremerhaven und dem Umland. Was bleibt von dieser Woche?

Schon im Vorfeld hatten Pendlerinnen und Pendler die Aktionswoche der Landwirte mit Spannung erwartet: Angekündigt war schließlich nicht weniger, als dass die Bauern den Verkehr in Deutschland lahmlegen wollten. Nun ist die Aktionswoche vorbei – und die ersten Bilanzen werden gezogen.

Welche Aktionen gab es in Bremen, Bremerhaven und dem Umland?

Die Aktionswoche startete mit einem ereignisreichen Protest-Montag: Mehrere Landwirte hatten mit ihren Traktoren unter anderem Zu- und Auffahrten zur A1 und A27 sowie die zentrale Hafenzufahrt in Bremerhaven und den Wesertunnel blockiert. Insgesamt waren rund um Bremen etwa 2.000 Trecker unterwegs, die den Verkehr verlangsamten. Das führte auch zu Verspätungen bei den Bussen der BSAG.

Traktoren stehen auf einer Straße in Bremerhaven.
Mit Traktoren waren die Landwirte auch vor der Eisarena in Bremerhaven zu sehen. Bild: Radio Bremen

In den Tagen danach blockierten die Landwirte ebenfalls Autobahnauffahrten, auch die A27, A28 und A31 waren betroffen. Das sorgte für Staus. Aufsehen erregte daneben, als die Landwirte am Donnerstagnachmittag das Güterverkehrszentrum blockierten: Rund drei Stunden lang waren die Ein- und Ausfahrten blockiert. Daneben besuchten die Landwirte auch einen Kindergarten – und flankierten das Spiel der Fischtown Pinguins. Dort zeigten sie aber vor allem Präsenz, anstatt die Anreise der Fans zu stören.

Wie sind die Aktionen abgelaufen?

Der Großteil der Protestaktionen lief friedlich ab, jedoch kam es auch zu einigen Zwischenfällen. In Bremerhaven etwa bedrohte am Montag ein Autofahrer die demonstrierenden Landwirte mit einem Hammer, ein anderer fuhr im Landkreis Cloppenburg einen Demonstranten mit seinem Auto an und verletzte ihn schwer. Auch in Cuxhaven hatten Autofahrer Landwirte mit ihren Fahrzeugen touchiert. Die Polizei hat Ermittlungen dazu aufgenommen.

Aber auch gegen Demonstrierende wurden Verfahren angestoßen: Die Polizei im Kreis Oldenburg und die Polizei im Kreis Osterholz haben Ermittlungen wegen des Verdachts der Öffentlichen Aufforderung zu Straftaten aufgenommen. Hintergrund: Bei Demonstrationen wurden Galgen mit einem Ampelschild aufgestellt. Verfahren gab es wegen Nötigung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr. Insgesamt hat die Polizei Oldenburg allein am Montag 134 Strafverfahren eingeleitet.

Wie haben die Menschen auf die Proteste reagiert?

In der Bevölkerung zeigen sich die Menschen für die Proteste der Bauern überwiegend verständnisvoll. Laut Zahlen des Meinungsforschungsinstituts Forsa von Mittwoch lag die Zustimmung für die Bauern bei etwa 80 Prozent. Im ZDF-Politikbarometer heißt es, knapp 70 Prozent der Menschen haben Verständnis für den Protest.

Auch in den Kommentarspalten der Social-Media-Plattformen von buten un binnen werden Beiträge zu dem Thema heiß diskutiert. Argumente gab es hier aber für beide Positionen.

Was war der Auslöser für die Proteste der Landwirte?

Auslöser der Proteste waren Pläne der Bundesregierung, die Subventionierung des Agrardiesels und die Steuerbefreiung landwirtschaftlicher Fahrzeuge zu streichen. Noch vor Beginn der Protestwoche wurde das aber wegen scharfer Kritik aus der Landwirtschaft verworfen, zumindest teilweise: Die Subventionen und Steuerbefreiungen sollen nicht mehr auf einen Schlag, sondern nun Schritt für Schritt entfallen. Den Landwirten war das zu wenig, außerdem hatte sich wegen der Agrarpolitik der vergangenen Jahre bei ihnen offenbar Frust angestaut – weswegen sie die Protestwoche trotzdem durchzogen.

Was haben die Landwirte erreicht?

Einen Teil-Erfolg konnten die Landwirte also schon im Vorfeld der Aktionswoche verbuchen. Weitere konkrete Maßnahmen hat die Politik aber bisher nicht angestoßen. Allerdings hatten die Fraktionsvorsitzenden der Ampel die Spitzen der Landwirtschaftsverbände zu einem Gespräch geladen, das am Montag stattfinden soll. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz sei nach Angaben der Landwirte gesprächsbereit.

Daneben haben die Landwirte definitiv eine große mediale Aufmerksamkeit erzeugt. Nach Einschätzung der Agrarsoziologin Luisa Pieper sei dieser aber kommunikativ betrachtet kein großer Erfolg gewesen.

Es ist den Landwirten nicht gelungen, der breiten Gesellschaft deutlich zu machen, worum es ihnen eigentlich geht.

Luisa Pieper, Agrarsoziologin

Wie berechtigt sind die Proteste?

Insgesamt hat die Landwirtschaft in den vergangen beiden Jahren Gewinn gemacht, auch das Höfe-Sterben hat sich zuletzt verlangsamt. Je nach Betriebsgröße und -form sowie Standort lief es für die Höfe aber unterschiedlich gut. Und ohne Subventionen geht es meist sowieso nicht: Im Schnitt machen Zuschüsse und Direktzahlungen fast die Hälfte des Einkommens in der Landwirtschaft aus.

Laut Agrarwissenschaftler Alfons Balmann seien die beschlossenen Kürzungen aber trotzdem nicht das eigentliche Problem der Branche. "Was in den vergangenen Jahren vermehrt auf die Landwirtschaft zugekommen ist, sind höhere Anforderungen beispielsweise mit Blick auf den Tier- oder Umweltschutz. Und hier musste dann auch viel zusätzliche Bürokratie etabliert werden." Das sorge in der Branche für eine gewisse Frustration. "Die Landwirtschaft protestiert zu Recht in dem Sinne, dass wir seit Langem eine Agrarpolitik haben, die an Symptomen herumdoktert – anstatt die tieferliegenden Probleme anzugehen", so Balmann.

Agrarexperte: Anforderungen gestiegen, Existenzen eher nicht gefährdet

Bild: Radio Bremen

Wie geht es nun weiter?

Die Aktionswoche der Landwirte war bis Freitag angesetzt, demonstriert wird allerdings weiter: Am kommenden Montag ist eine Großkundgebung in Berlin geplant, an denen auch Landwirte aus Bremen, Bremerhaven und Niedersachsen teilnehmen wollen. Die ersten wollen sich mit Treckern und Bussen schon am Sonntagmorgen auf den Weg machen. Im Nordwesten selbst sind laut Bauernverbänden aber keine Aktionen geplant.

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Quellen: buten un binnen, dpa, epd und Reuters.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 12. Januar 2024, 19.30 Uhr