Interview

Tierärztin Veronica Sinz bei Olympia: "Mittendrin statt nur dabei"

Eine Frau mit Maske fasst ein braunes Pferd an, um sie herum sind viele Menschen
Veronica Sinz (mit Maske) hat bei den Olympischen Spielen als Tierärztin gearbeitet. Sie unterstützte dort unter anderem Sandra Auffarth. Bild: privat | privat

Das erste Mal bei Olympia dabei war Veronica Sinz. Damit hat sie nicht nur eine Wette gegen ihren Bruder gewonnen, sondern sich auch einen Kindheitstraum erfüllt.

Zehn Goldmedaillen, elf silberne und 16 bronzene sind die deutsche Bilanz der Olympischen Spiele in Tokio. Darunter waren in diesem Jahr auch neun Athletinnen und Athleten aus Bremen und umzu, so etwa Schwimmer Florian Wellbrock, Reiterin Sandra Auffarth und Segler Paul Kohlhoff. Begleitet werden die Teilnehmenden in der Regel von einem großen Team aus Ärzten, Physiotherapeuten und Trainern. Als Chiropraktikerin und Tierärztin war Veronica Sinz, die sonst das Gestüt Lichtenmoor in Heemsen leitet und als Tierärztin arbeitet, das erste Mal dabei.

Was war Ihr Höhepunkt 2021?

Mein Highlight war definitiv, dass ich bei den Olympischen Spielen teilnehmen durfte. Nicht als aktive Teilnehmerin, sondern als Begleiterin durfte ich Vielseitigkeitspferde betreuen – sowohl physiotherapeutisch als auch chiropraktisch und kinesiologisch. Alles, was im Human-Leistungssport auch gemacht wird. Das war ganz großartig.

Zwei blonde Frauen lachen in die Kamera. Die eine zeigt ihre goldene Olympia-Medaille
Ein Team: Julia Krajewski, die als erste weibliche Reiterin Olympia-Gold geholt hat, und Tierärztin Veronica Sinz. Bild: privat | privat

Gab es einen besonderen Moment?

Das Emotionalste war für mich der Moment, bevor Julia Krajewski ihre Goldmedaille gewonnen hat. Kurz vor ihrem letzten Ritt habe ich sie im Tunnel getroffen und gesagt: "Du musst jetzt den Sack zu machen." Da hat sie mich in den Arm genommen und mir gedankt. Wir waren total verbunden. Es war nicht nur das Team Pferd und Reiter, auch die Trainer, Pfleger, Tierärzte, die Physiotherapeutin. Das war ein ganz besonderes Erlebnis. Dass man sogar an so einer Gold-Medaille mitwirken konnte, das war wunderschön.

Das zweite Highlight war nach dem Geländeritt, als wir Mat, das Pferd von Sandra (Auffarth, Anmerkung d. Red.), abgegossen haben mit Eiswasser und sie zu mir meinte: "Na Vroni, mittendrin statt nur dabei" – das stimmte einfach.

Wie kam es dazu, dass Sie in diesem Jahr erstmals bei Olympia mitwirken durften?

Ich durfte für Indien mitfliegen und zwar für Foouad Mirza. Er ist Schüler von Sandra Auffarth und steht bei ihr im Stall. Sein Pferd betreue ich mittlerweile schon länger. Ende 2019 sagte er zu mir, dass sein nächstes Ziel die Olympischen Spiele sind. Da habe ich gesagt: "Da würde ich gerne mitkommen". Geglaubt habe ich nicht daran. Bis Foouad 2021 zu mir meinte, er bräuchte meine Email-Adresse, ich müsste ein paar Sachen ausfüllen für Tokio.

Das war ein Kindheitstraum von mir. Damals dachte ich noch, dass ich es als Reiterin gerne schaffen würde. Irgendwann wusste ich, dass das Talent nicht ausreicht und habe mir dann gewünscht, als Tierärztin mitzukommen. Mein Bruder und ich haben etwas gewetteifert, wer zuerst zu Olympia fährt. Er ist Humanmediziner, 2022 darf er zu den Winterspielen nach Peking mitreisen. Knapp nach mir.

Hat Corona Ihr Jahr sehr beeinflusst?

Wir Tierärzte hatten schon ein paar Einschränkungen wie etwa Mindestabstände und eingeschränkte Zeiten, in denen wir in die Ställe durften. Aber ehrlich gesagt hatten wir das große Glück, weiter arbeiten zu dürfen.

In Tokio war Corona sehr präsent. Zum einen haben wir deswegen nicht an der Eröffnungsfeier teilgenommen. Zum anderen gab es neben Mindestabstand, Trennwänden und Desinfektionsmitteln sehr viele Vorsichtsmaßnahmen. Dennoch hatte man ein gutes Gefühl, denn die täglichen Tests und die Maßnahmen haben einem auch Sicherheit vermittelt.

Was wünschen Sie sich für das nächste Jahr?

Ich wünsche mir, dass ich ein bisschen mehr Zeit für meine menschliche und tierische Familie habe. Tokio hat dieses Jahr viel Zeit beansprucht. Dann hoffe ich ganz fest, dass es mit großen Ereignissen und Championaten weitergeht. Mein privates Ziel ist, einmal Marathon zu laufen. Das habe ich mir in Tokio vorgenommen. Ich dachte, ich kann nicht nach Hause kommen, ohne das nächste große Ziel zu haben. Jetzt steht in meinem Kalender der "New York City Marathon 2022" eingetragen.

Autorin

  • Johanna Ewald
    Johanna Ewald Redakteurin und Autorin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 30. Dezember 2021, 19:30 Uhr