Wie eine Bremer Hausgenossenschaft die Kneipe Horner Eck weiterdenkt

Junge kurzhaarige Frau hinter einer Theke präsentiert ein Bier
Wenn das kein perfektes Bier ist: Malou arbeitet im Horner Eck hinter der Theke. Bild: Radio Bremen | Alexander Schnackenburg

Die Bremer Traditionskneipe "Horner Eck" liegt in den Händen einer Genossenschaft. Die will jetzt das ganze Haus kaufen. Das nötige Geld hat sie fast beisammen.

Anfangs war es nur ein Witz: "Jetzt müssten wir eigentlich auch noch das Haus kaufen." So scherzten die heute 31-jährige Malou und elf weitere Frauen und Männer aus der Nachbarschaft, nachdem es ihnen 2018 geglückt war, das vom Aus bedrohte Horner Eck genossenschaftlich weiterzuführen. Nicht als gewöhnliche Kneipe, sondern als sozialen Raum, als Kulturstätte mit Konzerten, Lesungen, Ausstellungen, Filmvorführungen und vielem mehr.

Der genossenschaftliche Ansatz und die Idee von der betont aufgeschlossenen Kulturkneipe schlugen ein wie eine Bombe. Kaum hatten Malou und Co. übernommen, da brummte das Horner Eck wie lange nicht mehr. Zu alten Stammgästen gesellte sich neues Publikum.

Bald aber verbreitete sich eine beunruhigende Neuigkeit im Team: Der Eigentümer der Immobilie werde das Haus demnächst verkaufen. Ein neuer Eigentümer könnte die Zukunft der Kneipe gefährden, war sich das junge Kneipenteam einig. "Und dann wurde aus unserem Witz vom Hauskauf ein Plan", blickt Malou zurück.

Genossenschaft kurz vor Hauskauf

Junge Frau mit mittellangen Haaren lächelt in rötlichem Licht in Kamera
Alma engagiert sich als Genossenschaftlerin in der Horner Eckhaus Genossenschaft, die sich derzeit gründet. Bild: Radio Bremen | Alexander Schnackenburg

Ein Plan, dessen Umsetzung offenbar kurz bevorsteht: Die "Horner Eckhaus eingetragene Genossenschaft in Gründung" steht nach eigenen Angaben dicht davor, das Haus in der Friesenstraße 95 für etwa 700.000 Euro zuzüglich 60.000 Kaufnebenkosten zu erwerben. "Der Eigentümer hat uns ein Vorkaufsrecht auf das Haus bis Mai gewährt", sagt Alma dazu. Wie Malou ist die 28-jährige eine von derzeit rund 160 Genossenschaftsmitgliedern, die das Haus kaufen wollen.

430.000 Euro habe man bereits in Form von Genossenschaftsanteilen und zinsgünstigen Direktkrediten beisammen. Das übrige Geld für den Kauf könne sich die Genossenschaft von Banken leihen, versichern Alma und Malou. Entsprechende Zusagen hätten sie bereits. Davon unberührt verfolgten sie das Ziel, bis Mai weitere 70.000 Euro oder noch mehr Geld durch Genossenschaftsanteile oder Direktkredite zusammen zu bekommen. "Je mehr Eigenkapital wir haben, desto günstiger wird der Kauf natürlich am Ende für uns", erklärt Alma und verweist auf die Kreditzinsen. Hinzu komme, dass die Genossenschaft wenigstens 100.000 Euro für die Sanierung des alten Bremer Hauses benötigen werde.

Tatsächlich geht es der Genossenschaft längst nicht mehr allein darum, die Kneipe Horner Eck dauerhaft abzusichern. Das Eckhaus soll noch viel mehr werden. Es soll seinen Bewohnern langfristigen günstigen Wohnraum bieten, weithin steigenden Mieten zum Trotz. Zudem, betonen Alma und Malou, sollten nach dem Kauf durch die Genossenschaft allein die Nutzer des Hauses, also das Kneipenteam und die Bewohner, alle wesentlichen Entscheidung rund um die Immobilie treffen – unabhängig von der Frage, wer wie viele Anteile am Haus hält.

Residenzen im Horner Eckhaus?

Lächelnder junger Mann mit Vollbart in rötlichem Kneipenlicht im Profil
Engagiert sich für ein spannendes Konzertprogramm im Horner Eck: Alex. Bild: Radio Bremen | Alexander Schnackenburg

Schon jetzt weit fortgeschritten sind auch die Pläne für Kulturprojekte im Horner Eck. Bereits in den vergangenen Jahren konnte das Kneipenteam Kulturschaffenden mithilfe von Fördermitteln Residenzen anbieten – also die Möglichkeit, während ihrer künstlerischen Arbeit im Horner Eck in Bremen zu wohnen. "Natürlich träumen wir davon, dass wir einige Künstlerinnen und Künstler, die bei uns etwas machen, künftig direkt bei uns im Haus unterbringen können", sagt Malou.

Freier Eintritt zu Konzerten

Manches indes soll im Horner Eck wahrscheinlich auch künftig bleiben wie bisher – etwa das Konzept für das Konzertprogramm: "Wir bieten etwa acht bis zehn Konzerte pro Jahr an", erklärt der 31-jährige Alex, der zusammen mit einer eigens hierfür ins Leben gerufenen Musik AG das Programm gestaltet.

"Der Eintritt bleibt frei, es gibt auch keine Verzehrpflicht bei unseren Kulturveranstaltungen, und alle, die hier auftreten, werden von uns bezahlt", erläutert er weitere Grundsätze der Konzertveranstaltungen im Horner Eck. Im Übrigen träten Bands verschiedener Genres auf. Da sei man ganz offen. Nur etwa Punkbands des alten Schlags, in denen ausschließlich Männer mitspielen würden, brauche man nicht unbedingt.

Zusätzlich zu den Konzerten spielen auch Ausstellungen im Horner Eck eine wichtige Rolle. Derzeit zeigt die Kneipe etwa acht Kunstausstellungen unterschiedlichster Ausrichtung pro Jahr. Wie die Konzerte, so plant und begleitet auch diese Ausstellungen eine eigens hierzu eingerichteten Gruppe aus Genossenschaftsmitgliedern. "Wir machen alles gemeinsam", sagt Malou dazu. Das gelte für Kulturprojekte genauso wie für Scherze an der Theke – und hoffentlich bald auch für den Kauf des Horner Eckhauses.

Die Kneipe Horner Eck ist in Gefahr: Genossenschaft will Haus kaufen

Bild: Radio Bremen
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Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 26. August 2023, 19.30 Uhr