"Mama, warum ist der Spielplatz zu?" Wie man Kindern Sucht erklärt

Gesperrter Spielplatz in Vegesack

Crackszene in Bremen-Vegesack sorgt für Unmut bei Nachbarn

Bild: Radio Bremen | Verena Patel

Wegen Spritzenfunden ist jetzt ein Spielplatz in Bremen-Vegesack gesperrt. Bremer Streetworker geben Tipps, wie man mit Kindern über Sucht spricht und was man besser nicht sagt.

Gesperrte Spielplätze wegen Spritzenfunden, Menschen, die sichtbar entrückt sind oder denen es nicht gut geht, im Stadtbild: In einer Großstadt wie Bremen sehen Kinder früh, welche Auswirkungen Sucht haben kann. Wie man als Eltern erklären kann, was das ist und Vorschläge für Antworten auf Kinder-Fragen geben Menschen, die täglich in Bremen mit Suchtkranken arbeiten.

1 Klarmachen: Sucht ist eine Krankheit

"Es geht um eine Krankheit. Aber die sieht man nicht wie eine Wunde oder einen blauen Fleck, sondern die spielt sich im Kopf ab", schlägt Tobias Winkler als Ansatz vor, um Drogensucht kindgerecht zu erklären. Er ist Sozialarbeiter bei der ambulanten Suchthilfe Bremen. "Süchtige wollen immer mehr von etwas haben, was ihnen nicht guttut. Das kann man sich in diesen Momenten vorstellen, wie bei einem ferngesteuerten Roboter." Die Kontrolle über die eigenen Handlungen ist dann nicht vorhanden. Denn Rauschmittel veränderten den Zustand und würden genommen, um bestimmte Gefühle wie Trauer, Wut, Scham, Angst nicht fühlen zu müssen.

2 "Warum geht es denen schlecht?"

Als Antwort auf diese Frage kann man dem Kind verdeutlichen, dass es meistens neben der Sucht auch noch andere Probleme und Krankheiten gibt. "Die Krankheit hat Einfluss darauf, wie gut ich auf mich aufpasse. Viele Süchtige denken gar nicht mehr an sich", könne man zum Beispiel sagen, erklärt der Sozialarbeiter. Denn häufig sind gesundheitliche Probleme sichtbar, wie zum Beispiel Wunden oder Entzündungen, werden aber von den Betroffenen nicht so wahrgenommen oder sie kümmern sich nicht um eine Behandlung. "Gesunde Menschen merken zum Beispiel, wenn sie eine Entzündung haben. Bei einem Süchtigen ist der Körper nicht in der Lage seine Probleme wahrzunehmen, wie bei einem Gesunden", erklärt Winkler.

3 "Wenn die krank sind, warum helfen wir ihnen nicht?"

Ist man sich unsicher, ob jemand schläft oder bewusstlos ist, empfiehlt sich, erstmal zu beobachten, ob man Atembewegungen sieht. Ist das nicht der Fall, eventuell die Person ansprechen und eine Reaktion abwarten. Gibt es keine, etwas näher kommen und beobachten, möglicherweise kurz an der Schulter berühren. Im Zweifel sollte man sich an Menschen aus den Hilfsangeboten für Abhängige wenden. Winklers Vorschlag für eine kindgerechte Antwort: "Es gibt hier Leute, die helfen können, denen sagen wir Bescheid."

4 "Guck da nicht so hin" – was man besser sagt

"'Guck da nicht so hin', sollte man besser nicht zu seinem Kind sagen. Lieber ehrlich sein", sagt Gimmy Wesemann, Streetworkerin beim Verein für Innere Mission Bremen. Auf die Frage nach dem auffälligen Erscheinungsbild einer Person könne man antworten: "Die sind gerade so krank, dass sie keine Chance haben, etwas daran zu ändern", sagt Winkler.

5 "Warum darf ich nicht auf den Spielplatz?"

"Da liegt eine Spritze, an der kannst du dich verletzen, aber wir sagen mal Bescheid, dass die eingesammelt werden muss", schlägt Gimmy Wesemann vor. Warum das Drogenbesteck an einem Ort liegt, der eigentlich für Kinder gedacht ist, könne man so erklären: "Die Betroffenen wollten vielleicht gar keine Spritzen dort liegenlassen, haben aber manchmal den Kopf nicht frei, daran zu denken, es auch mitzunehmen", sagt Winkler.

Autorin

  • Patel Verena
    Verena Patel Redakteurin und Autorin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 10. August 2023, 19:30 Uhr