"Deutschlandhasser in der Regierung": So tickt BiW-Mitglied Degenhard

Piet Leidreiter (Mitte), Spitzenkandidat der Wählervereinigung Bürger in Wut, klatscht nach Bekanntgabe der ersten Prognose für die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft bei der Wahlparty der Wählervereinigung Bürger in Wut.
Die Bürger in Wut kamen laut vorläufigem Endergebnis bei der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft am 14. Mai auf 9,4 Prozent. In der Mitte auf dem Bild ist Piet Leidreiter zu sehen. Bild: dpa | Philip Dulian

Wofür stehen die Bürger in Wut? Diese Frage ist seit der Bremen-Wahl relevanter denn je. Bei einer Einordnung helfen könnten die Facebook-Posts von BiW-Mann Degenhard.

Kaum sind die Bremer Wahlzettel ausgezählt, schon kracht es bei den großen Siegern. Die Bürger in Wut (BiW) haben ihren frischgebackenen Abgeordneten Sven Lichtenfeld rausgeschmissen. Der zweite Mann auf der Bremerhavener BiW-Liste habe sich von Rechtsextremen unterstützen lassen, und das wird nicht geduldet, hieß es am Wochenende.

In der Woche vor der Wahl hatten die BiW schon den Bürgerschaftskandidaten Heiko Werner aus ihren Reihen entfernt. Zuvor hatte die "taz" berichtet, dass Werner bei diversen Neonazi-Demonstrationen mitgelaufen ist. Mittlerweile ist Werner auf der BiW-Homepage nicht mehr zu finden. Listenplatz 18 zur Wahl rückwirkend als unbesetzt deklariert.

Wo stehen die Bürger in Wut?

Die BiW tun also viel dafür, nicht allzu weit rechts einsortiert zu werden. Da allerdings sieht Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) die BiW. Er sagt, er spreche nur mit Parteien aus dem demokratischen Spektrum, und "die Bürger in Wut gehören ausdrücklich nicht dazu". Der Bremer Politikwissenschaftler Lothar Probst widerspricht: "Ich würde sie irgendwo zwischen rechter CDU und AfD einordnen", sagt Probst zu buten un binnen.

Cord Degenhard ist geradezu typisch für diese Einordung. Er ist pensionierter Lehrer und einer der Neuen in der Bürgerschaft. Auf der Bremer Liste der BiW hat er auf Platz 4 kandidiert. Im Bereich Bremen hat er die zweitmeisten Personenstimmen der BiW einkassiert.

Degenhard wendete sich von der CDU ab

Degenhard hat 16 Jahre im Beirat Vegesack gesessen. Erst für die CDU, ab Januar 2012 für die BiW. Die CDU sei mehr mit sich selbst als mit dem politischen Gegner beschäftigt, begründete Degenhard damals seinen Wechsel. Die BiW stünden für konservative Werte und Politikinhalte, die bei der Union schon seit Jahren ins Hintertreffen geraten seien.

Wo die Bürger in Wut ihre Stimmen geholt haben

Bild: Radio Bremen

Wir haben uns angesehen, welche Werte und Inhalte der BiW-Abgeordnete Degenhard vertritt. Welche Themen treiben ihn um? Wie sieht er die politische Konkurrenz? Degenhard ist, anders als viele seiner BiW-Kolleginnen und Kollegen, sehr aktiv auf Facebook. Die folgenden Zitate stammen allesamt vom Facebook-Profil des BiW-Abgeordneten Cord Degenhard. Der BiW-Chef Jan Timke äußerte sich auf eine Anfrage von buten un binnen zu den Facebook-Posts bisher nicht.

Für mich der Cartoon des Jahres. Treffender kann man die Ungeheuerlichkeiten dieser Endzeitsekte nicht karikieren.

Cord Degenhard - 27. April 2023, 09:15 Uhr.

Die Grünen sind für ihn die "neuen Faschisten", eine "Endzeitsekte", "Totengräber des Landes", Robert Habeck "gehört vor Gericht", Außenministerin Annalena Baerbock ist "eine Kriegstreiberin", für Degenhard "noch dümmer, als ich gedacht habe". Für den BiW-Abgeordneten ist klar: "Selbst, wenn man nur das Foto betrachtet, wird klar: Diese Frau hat auf dem diplomatischen Parkett nicht zu suchen."

Toll! Dies sollte ein Startsignal sein für eine bundesweite Ächtung dieser neuen Faschisten, dieser Endzeitsekte, die angetreten ist, unser Land zu ruinieren.

Cord Degenhard - 17. April 2023, 10:11 Uhr.

Degenhard lobt Wagenknecht, Weidel und Schwarzer

Bessere Politikerinnen findet Degenhard bei den Linken und bei der AfD. Der BiW-Mann verbreitet zahlreiche Videos und Meinungsäußerungen und kommentiert etwa so: "Wagenknecht bei Lanz. GROSSARTIG", Weidel sei "einfach großartig". Er macht Werbung für die Ukraine-Petition von Wagenknecht und Alice Schwarzer.

Davon haben die Bürger in Wut in Bremerhaven profitiert

Bild: Radio Bremen

Sehr angetan ist Degenhard auch von Hans-Georg Maaßen. Der ehemalige Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz sei "ein kluger Mann und aufrechter Demokrat", dass seine CDU unterdessen ein Parteiauschlussverfahren gegen Maaßen angestrengt hat, wundert Degenhard nicht: "Die CDU ist mittlerweile zu linksversifft, um das zu begreifen."

Im Unterschied zu den Ampel-Politikern hat dieser Mann Grips im Kopf und einen klaren Blick. -
Guter Mann. Die CDU ist mittlerweile zu linksversifft, um das zu begreifen.

Cord Degenhard - 13. März 2023, 03:15 Uhr.

Innenministerin Faeser? "Gesetzesbrecherin"

Nicht gut zu sprechen ist Degenhard auch auf die SPD. Innenministerin Faeser ist für ihn eine "Gesetzesbrecherin" – "noch nie hatten wir so erbärmliche Gestalten in der Regierung". Die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli ist für ihn "strunzdumm" und Kanzler Scholz kurz und knapp "ein dummer Mensch".

Sie möchte sich nicht äußern. Weil sie intellektuell absolut unterbelichtet (passender wäre: strunzdumm) ist. Sie möchte einfach nur die fette Besoldung für ihren Job kassieren. Da ist es doch geradezu eine Zumutung, dass man ihr Fragen stellt. - Armes Deutschland

Cord Degenhard - 18. Februar 2023, 07:01 Uhr.

Zwei Themen sind für Degenhard besonders wichtig: Kriminalität, besonders, wenn die von Ausländern ausgeht, und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine.

Degenhard: "Deutschlandhasser in Regierung und Justiz"

Generell sind für Degenhard "Deutschland- und Deutschenhasser in Regierung und Justiz". Er ist überzeugt, "Deutschland schafft sich ab", wenn die Bundesregierung nicht drastische Maßnahmen ergreift: "Macht endlich die Grenzen dicht! Schluss mit dieser Politik der Deutschlandhasser!"

Erfreulicherweise setzt sich unter aufgeklärten Geistern immer mehr die Erkenntnis durch, dass der Ukraine- Krieg von den USA und der NATO provoziert wurde.

Cord Degenhard - 22. März 2023, 05:57 Uhr.

Beim Krieg in der Ukraine ist sich Degenhard sicher: "Die USA haben diesen Krieg gewollt und herbeigeführt", der Krieg wurde "von den USA und der NATO provoziert." Da ist es nur folgerichtig, dass der BiW-Abgeordnete nicht sehr erfreut war, als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensyi den Karlspreis erhielt: "Das ist alles wirklich nicht mehr zu fassen. Ich nehme mal an, sie werden diesen korrupten Politclown auch noch für den Friedensnobelpreis vorschlagen. Sie schrecken vor gar nichts mehr zurück."

Das ist alles wirklich nicht mehr zu fassen. Ich nehme mal an, sie werden diesen korrupten Politclown auch noch für den Friedensnobelpreis vorschlagen. Sie schrecken vor gar nichts mehr zurück. -

Cord Degenhard - 19. April 2023, 10:03 Uhr.

Darauf können sich nun jede Wählerin und jeder Wähler selbst einen Reim machen.

Mehr zu den Bürgern in Wut:

Autor

  • Jochen Grabler
    Jochen Grabler Redakteur und Autor