Fragen & Antworten

BiW-Politiker mit rechtsextremen Kontakten: Was bisher bekannt ist

Ein Schild von Bürger in Wut.

Bürger in Wut werfen Sven Lichtenfeld aus der Fraktion

Bild: Radio Bremen

Sven Lichtenfeld hat bei der Bürgerschaftswahl die zweitmeisten Stimmen für die Bürger in Wut in Bremerhaven geholt. Dabei soll er Hilfe von Rechtsextremen bekommen haben.

Die BiW haben sich am Sonntag, nur eine Woche nach der Bürgerschaftswahl, von einem frisch gewählten Bürgerschaftsmitglied getrennt. Lichtenfeld hatte für die rechtskonservative Wählervereinigung in Bremerhaven die zweitmeisten Personenstimmen bekommen.

Wer ist Sven Lichtenfeld – und warum haben sich die BiW von ihm getrennt?

Ende 2016 war Lichtenfeld von der SPD Leherheide zur AfD gewechselt. Doch als er für die Partei 2020 als Stadtverordneter nachgerückt war, wollte er sich der AfD-Fraktion nicht anschließen. 2021 folgte dann Lichtenfelds Beitritt zu den Bürgern in Wut (BiW). Die Seite "AfD-Watch" sagte Lichtenfeld in seiner AfD-Zeit Kontakte zur rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) nach. Die IB wird in Deutschland vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft.

Kontakte zu Rechtsextremen sind auch laut BiW der Grund für die Trennung von Lichtenfeld. Im Wahlkampf zur Bürgerschaftswahl 2023 hat er laut dem Bundesvorsitzenden der BiW, Jan Timke, wissentlich Unterstützung von Personen aus dem rechtsextremen Millieu erhalten. Lichtenfeld habe diese Kontakte gegenüber den BiW eingeräumt. Er hat laut Timke "eine ihm bekannte rote Linie überschritten".

Wie geht es weiter mit Sven Lichtenfeld?

Die Wählervereinigung muss Lichtenfeld wohl nicht verlassen. Der Grund: Ein Parteiausschlussverfahren würde laut Timke zu lange dauern. Außerdem steht in den kommenden Tagen die Fusion der BiW mit dem "Bündnis Deutschland" an. Dort dürfe Lichtenfeld dann kein Mitglied werden, was einem faktischen Parteiausschluss gleichkommt. Lichtenfeld sei laut Timke aus allen partteiinternen Chatgruppen ausgetreten und spreche ab sofort nicht mehr im Namen der Bürger in Wut.

Ob Lichtenfeld seine Mandate in der Bürgerschaft und Stadtverordnetenversammlung annehmen wird, ist noch nicht bekannt. Er war bisher für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Wieso haben die BiW sich erst nach der Wahl von Lichtenfeld getrennt?

Die Bürger in Wut hatten laut eigener Aussage vor der Wahl keinerlei Hinweise zu rechtsextremen Kontakten ihres Kandidaten. Erst eine Wahlkampfanalyse habe ergeben, dass Lichtenfeld unter anderem von Rechtsextremen beim Verteilen von Flyern unterstützt worden sei. Die Bürger in Wut hätten analysiert, wer wo wie viele Stimmen geholt hat, und die sozialen Netzwerke durchforstet. Dabei seien sie auf die rechtsextremen Verbindungen Lichtenfelds gestoßen.

Lichtenfeld ist nicht der erste Kontakt ins rechtsextreme Milieu. Sind die Bürger in Wut überhaupt eine demokratische Partei?

Wenige Tage vor der Wahl hatten sich die BiW bereits von ihrem Kandidaten Heiko Werner getrennt. Der Grund: Bilder, die den Kandidaten auf Nazi-Demos zeigten.

Nach der Wahl warf SPD-Spitzenkandidat Martin Günthner den Bürgern in Wut mangelnde Abgrenzung nach Rechts vor. Eine Äußerung von Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sorgte für Irritationen. Bovenschulte sagte, er wolle mit allen demokratischen Parteien reden – schloss die BiW dabei aber ausdrücklich aus.

Trotzdem widerspricht der Bremer Politikwissenschaftler Lothar Probst Vermutungen, die BiW seien nicht demokratisch: "Eine nicht demokratische Partei ist beispielsweise eine Anti-System-Partei, die die Verfassung und den Pluralismus angreifen will oder die einen Führerkult pflegt." All das gebe es bei den BiW nicht. Probst rechnet die Partei dem rechten politischen Spektrum zu: "Sie bedienen sich rechter Rhetorik, spitzen zu, skandalisieren", so der Politikwissenschaftler. "Ich würde sie irgendwo zwischen rechter CDU und AfD einordnen."

Auch das "Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus" in Bremen sieht die Partei nicht als klassisch rechtsextrem an. Es handele sich eher um "radikalisierte Konservative." "Das bedeutet, dass sich eine konservative Partei der Sprache und Strategien des Rechtspopulismus beziehungsweise des modernen Rechtsextremismus bedient", erklärt ein Mitarbeiter.

Autorinnen und Autoren

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 21. Mai 2023, 13 Uhr