Fragen & Antworten

Fahrgäste, Fuhrpark, Verluste: Wie es um Bremens BSAG steht

Bremen: Eine Straßenbahn mit der Fahrtrichtung nach Huchting fährt vor dem Hauptbahnhof entlang
Der Fuhrpark der BSAG umfasste 2022 insgesamt 351 Fahrzeuge, davon 226 Busse und 125 Straßenbahnen. Bild: dpa | Mohssen Assanimoghaddam

Die Bremer Straßenbahn AG schreibt seit jeher rote Zahlen. Wieviel Geld Bremen pro Einzelfahrt zuschießt und wie es um Einnahmen und Kosten bestellt ist, erklären wir hier.

Bremens öffentliches Nahverkehrsunternehmen ist finanziell in den vergangenen Jahren mächtig unter die Räder gekommen. Pandemie, steigende Energiepreise und kräftige Lohnzuwächse sind die Gründe. Wie die BSAG aufgestellt ist, was sie einnimmt und ausgibt und wer seit Jahren für die Verluste aufkommt, beantworten wir hier.

Wem gehört eigentlich die BSAG?
Wieviele Busse und Bahnen hat sie?
Wieviele Mitarbeitende zählt sie?
Wieviele Passagiere befördert die BSAG?
Welche Einnahmen hat die BSAG?
Welche Ausgaben hat sie?
Arbeitet die BSAG profitabel?
Wie haben sich die Ticketpreise entwickelt?

Wem gehört eigentlich die BSAG?

Die heutige Bremer Straßenbahn AG hat ihre Ursprünge in zwei privaten, seit Ende der 1870er Jahre betriebenen Nahverkehrsbetrieben, der damals sogenannten "Actiengesellschaft" Bremer Pferdebahn und einer Gesellschaft namens Große Bremer Pferdebahn. Elektrifiziert wurden deren Strecken seit den 1890er Jahren, die ersten Oberleitungsbusse fuhren seit 1910.

Bremen: Ein Blick durch die Scheiben eines Linienbusses, durch die der Hauptbahnhof zu sehen ist.
Rund hundert Millionen Fahrgastbeförderungen zählt die BSAG jährlich. Bild: dpa | Mohssen Assanimoghaddam

Auch wegen des verlustreichen Geschäfts und der kostspieligen Investitionen und Instandhaltung von Schienen, Oberleitungen und Fahrzeugen beteiligte sich die Stadt Bremen früh an dem bald fusionierten Unternehmen.

Die letzten privaten Teilhaber hielten ihre Anteilsscheine an der Bremer Straßenbahn AG übrigens noch bis zum August 2017. Da wurden sie von der Stadt gegen eine Abfindung aus dem Unternehmen gedrängt. Heute kontrolliert die Stadtgemeinde Bremen mittelbar alle Aktienanteile der BSAG über ihre stadteigene Bremer Verkehrsgesellschaft GmbH.

Wieviele Busse und Bahnen hat sie?

Der Fuhrpark der BSAG umfasste 2022 insgesamt 351 Fahrzeuge, davon 226 Busse und 125 Straßenbahnen. Auf den 38 Buslinien mit einer Gesamtlänge von 481 Kilometern und den acht Straßenbahnlinien mit einer Gesamtlänge von 110 Kilometern haben Busse und Bahnen im vergangenen Jahr in Summe rund 21 Millionen Kilometer zurückgelegt.

Die Busse werden in den kommenden Jahren nach und nach auf Elektroantrieb umgestellt.

Wieviele Mitarbeitende zählt sie?

Der Mitarbeiterstand der BSAG ist ihren Angaben zufolge zuletzt wieder etwas angestiegen. 2022 lag die Zahl der Beschäftigten bei 2.277, davon 1.214 Fahrerinnen und Fahrer. Hinzu kamen 2022 noch 94 Azubis und 32 Studierende.

Wieviele Passagiere befördert die BSAG?

Im Jahr 2022 beförderte die BSAG über das ganze Jahr hinweg gut 91,1 Millionen Fahrgäste. Umgerechnet ergeben sich daraus rund 250.000 Personenbeförderungen mit Bus oder Bahn am Tag. Auf die Einwohnerzahl Bremens umgerechnet waren das im Schnitt 162 Fahrten pro Person im Jahr.

Personenbeförderung der BSAG pro Jahr in Millionen Fahrten

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Für 2023 rechnet der Senat mit einem Zuwachs auf rund 101,2 Millionen Personenbeförderungen.

Zum Vergleich: 2019 waren es 106 Millionen Fahrgäste. Während der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 war die Zahl zwischenzeitlich auf rund 70 Millionen jährliche Fahrgäste gesunken.

Welche Einnahmen hat die BSAG?

Die Umsatzerlöse der BSAG lagen 2022 insgesamt bei 123,8 Millionen Euro. Davon machten die sogenannten Beförderungserträge den Großteil aus, nämlich 95,8 Millionen Euro.

Eine junge Frau hält in Bremen ihr Smartphone vor einem Bus der BSAG.
Die Einnahmen aus Ticketverkäufen machen den Großteil der Umsätze der BSAG aus. Bild: dpa | Carmen Jaspersen

Unter den Beförderungserträgen werden im Wesentlichen die Ticketverkäufe zusammengefasst. Darunter fallen aber auch Ausgleichsleistungen für die Beförderung zum Beispiel von Schülern oder Schwerbehinderten, von Kundinnen des "StadtTickets" und des 9-Euro-Tickets sowie Zuschüsse für besondere Linien.

Darüber hinaus erwirtschaftete die BSAG weitere Umsätze zum Beispiel durch Leistungen für die Stadt. "Dabei handelt es sich überwiegend um Bauleistungen im Zuge der Verlängerung der Linie 1 in Huchting sowie im Rahmen des neuen Drehkreuzes in Gröpelingen", sagt BSAG-Sprecher Andreas Holling.

Welche Ausgaben hat sie?

Das meiste Geld gibt die BSAG für ihre mehr als 2.400 Mitarbeitenden aus, darunter fast 100 Auszubildende. In Summe ergab das im vergangenen Jahr rund 117 Millionen Euro Personalkosten.

Die behandschuhten Hände eines Busfahrers liegen auf dem Lenkrad.
226 Busse sind derzeit bei der BSAG im Einsatz. Bild: dpa | Christoph Soeder

Zur Einordnung: Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter im Fahrdienst erhält nach dem Berufseinstieg ein Einkommen, das sich aus dem Stundenlohn, Zuschlägen (zum Beispiel Wochenende) und Zulagen zusammensetzt. Dieses Einkommen wird ab März 2024 in Vollzeit bei knapp 36.000 Euro brutto liegen. Zuschläge und Zulagen sind immer dienstabhängig. Sie betragen der BSAG zufolge zusammengerechnet im Schnitt monatlich zwischen 450 und 500 Euro. Zum Vergleich: Am oberen Ende der Gehaltsskala zahlte die BSAG ihren Vorständen 2022 rund 280.000 Euro im Jahr.

Neben den Personalkosten, schlug im vergangenen Jahr rund 60,6 Millionen Euro an Materialaufwand zu Buche. So gab die BSAG mehr als 10 Millionen Euro für Dieselkraftstoff und rund 5,7 Millionen Euro für Bahnstrom aus. Auch Gas und Fernwärme sowie Material für die Instandhaltung der Fahrzeuge und Baumaterialien wie Schienen fließen in die Kostenrechnung ein.

Arbeitet die BSAG profitabel?

Nein. Seit Jahrzehnten schreibt die Bremer Straßenbahn AG Verluste. Versuche, diese zu minimieren, sind immer wieder gescheitert. So stimmte die Bürgerschaft beispielsweise 2009 für einen Zehn-Jahres-Vertrag zwischen Stadt und BSAG, der ab 2011 unter anderem die Senkung der Verluste des Unternehmens von mehr als 50 Millionen auf rund 40 Millionen Euro im Jahr 2020 vorsah. Tatsächlich jedoch weitete die BSAG ihre Verluste bis 2020 sogar aus – auf gut 62 Millionen Euro. Dann folgte Corona und der Fehlbetrag ist seitdem noch einmal deutlich gestiegen.

Umsätze und Verlustausgleiche der BSAG seit 2008

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Im Zuge der Pandemie und die in Folge des Angriffs Russlands auf die Ukraine verursachten Strompreissteigerungen wuchsen die Verluste weiter an. 2022 waren es 70,5 Millionen Euro, 2023 werden es dem Senat zufolge allein für den Zeitraum von Januar bis September 92,6 Millionen Euro sein.

Der Ausgleich dieser Verluste wird in der Bilanz der BSAG als "Erträge aus Verlustübernahme" verbucht. Mit anderen Worten: Bremen zahlt den Fehlbetrag aus dem Landeshaushalt.

Bremen zahlt rund 1,60 Euro pro Fahrt

Die gesamten Ausgleichszahlungen Bremens sind sogar noch deutlich höher. Denn die Stadt beteiligt sich zum Beispiel auch an Investitionen der BSAG, die über die Erhaltungskosten der bestehenden Bahnen, Busse, Schienen und Gebäude hinaus anfallen. Jüngste Beispiele sind Investitionen in das Drehkreuz Gröpelingen und der Ausbau der Straßenbahnlinie 1 von Huchting ins Bremische Umland. Alles in allem lagen die Ausgleichsleistungen Bremens 2022 so bei gut 145 Millionen Euro. In diesem Jahr prognostiziert der Senat rund 161 Millionen Euro.

Umgerechnet auf einen Fahrgast zahlt Bremen so in den Jahren 2022 und 2023 rund 1,60 Euro pro Ticket aus dem Haushalt drauf. 2019 lag dieser Wert noch bei 73 Cent.

Wie haben sich die Ticketpreise entwickelt?

Der erste Einheitstarif für die Bremer Straßenbahn wurde einer Chronologie der Freunde der Bremer Straßenbahn zufolge am 1. Januar 1901 mit damals noch 10 Pfennig festgelegt. Die bald einsetzenden Preissteigerungen waren mit jenen heutiger Jahre allerdings kaum vergleichbar. Im Juli 1918 kam es zur ersten Erhöhung auf 15 Pfennig – also ein Plus von 50 Prozent. Kurz darauf im November 1919 stieg der Einheitspreis dann schon auf 20 Pfennig. Im Zuge der großen Inflation ging es dann Schlag auf Schlag. Allein 1923 gab es 43 Tariferhöhungen. Eine Fahrt kostete im November 1923 130 Milliarden Mark.

Nach der Einführung der D-Mark und später des Euros lief es mit den Erhöhungen moderater. Inzwischen werden die Preise vom Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (VBN) koordiniert.

Inflation und durchschnittliche Preiserhöhungen des VBN seit 2001

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Nach der Einführung des Euro kostete ein Einzelticket in Bremen im Jahr 2002 beispielsweise 1,85 Euro, inklusive Bremen Nord waren 2,30 Euro fällig.

Zwei Jahrzehnte später gilt aktuell ein einheitlicher Tarif von 2,85 Euro. Für Anfang 2024 ist allerdings eine Erhöhung angekündigt, die erste seit vier Jahren. Künftig soll das Ticket in Bremen dann drei Euro kosten.

100 Millionen Euro fehlen: BSAG kämpft mit gestiegenen Personalkosten

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 21. November 2023, 16 Uhr