Zoff ums Häfenressort: Bremerhavener SPD kritisiert Bovenschulte

"Sehr bedenklich": Bremerhavener SPD fürchtet um die Zukunft der Häfen

Bild: Radio Bremen

In der Bremerhavener SPD rumort es, weil das Häfenressort nach Bremen und an die Linke geht. Den Unmut bekam Bürgermeister Bovenschulte nun bei einem Besuch vor Ort zu spüren.

Der Unmut bei der Bremerhavener SPD über die Abgabe des Häfenressorts an eine Bremer Senatorin lässt nicht nach. Beim Parteitag des Unterbezirks musste Bürgermeister Andreas Bovenschulte ordentlich Kritik von seinen Genossinnen und Genossen einstecken. Er war als Gast vor Ort – auch, um die Koalitionsentscheidung zu rechtfertigen.

In Redebeiträgen und auf Nachfrage von buten un binnen machten mehrere Parteimitglieder und Funktionäre ihrem Unmut über die Entscheidung Luft, das bisher von Bremerhavener Hand geführte Häfenressort an den Koalitionspartner die Linke abzugeben. Künftig ist es bei Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt angesiedelt.

Beckmeyer: "Nächste vier Jahre spielentscheidend für Häfen"

Immer wieder wurde die Bedeutung der Häfen mit ihren Tausenden Arbeitsplätzen für Bremerhaven betont. Von Kritikern war zu hören, mit Wirtschaft habe die Linke bereits einen Bereich, in dem es um Millioneninvestitionen gehe und Erfolgsmeldungen zu verkünden seien. Künftig stünde statt einer SPD-Politikerin eine Linke an der Hafenkante, das komme so auch beim Wähler an.

Als "schweren Stockfehler" bezeichnete der langjährige Bremerhavener SPD-Bundestagsabgeordnete Uwe Beckmeyer die Entscheidung. "Weil die nächsten vier Jahre spielentscheidend für die Häfen sind – in der Stadt und für das Land."

Es werden sehr viele Investitionen öffentlicher und privater Art von Nöten sein, um diesen Hafen wieder nach oben zu bringen. Da jemanden zu haben, der das erstmal neu lernen muss und zweitens einer Partei angehört, die sich durch ihre Hafenpolitik bisher nicht unbedingt so hervorgetan haben, als seien sie die großen Retter oder Förderer der Häfen, das halte ich für sehr bedenklich.

Ein Mann steht an einem Rednerpult.
Uwe Beckmeyer, langjähriger SPD-Bundestagsabgeordneter

Günthner glaubt an "politischen Schaden" für SPD

Ein Mann steht gestekulierend an einem Rednerpult.
Der Bremerhavener SPD-Chef Martin Günthner zeigte wenig Verständnis für die Abgabe des Häfenressorts. Bild: Radio Bremen

Auch Bremerhavens SPD-Chef Martin Günthner übte scharfe Kritik. Seiner Überzeugung nach sei die Abgabe des Häfenressorts ein politisches Problem, das zu einer Schwächung Bremerhavens führen werde. "Ich halte das für falsch. Ich glaube, dass das keine gute Entscheidung ist und dass sie uns am Ende politisch auch schaden wird", sagte Günthner in seiner Rede und erntete dafür Applaus.

Ebenfalls nicht überzeugt zeigte sich Miriam Smith, Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Lehe. "Wir waren da bisher sehr gut aufgestellt und haben gerade große Vorhaben auf den Weg geschickt", so Smith. "Wir müssen uns natürlich arrangieren, aber gucken ein bisschen skeptisch darauf." Sie begrüße, dass Bovenschulte persönlich gekommen sei, um den Hergang zu erläutern. "Als Bremerhavenerin stehe ich aber auch zu dem Statement: Die Häfenfrage gehört hierher."

Entscheidung bekommt auch lobende Worte

Doch es gab auch versöhnliche Töne. "Ich drücke Frau Vogt alle Daumen, dass sie das alles im Sinne der Koalition hinkriegt", sagte etwa Jörg Zager von der Bremerhavener SPD. Seine Parteifreundin und Stadtratkandidatin Mandy Kathe-Heppner fand indes lobende Worte für den neuen Ressortzuschnitt.

Letztendlich gehören die Häfen den Bremern, also kann sich auch mal Bremen darum kümmern. Ich mache mir keine Sorgen, dass wir zu kurz kommen. Dafür sind die Häfen zu wichtig und die Zusammenarbeit an diesem Punkt auch. Wir kriegen Soziales und Arbeit, das ist für Bremerhaven eindeutig das relevantere Ressort.

Eine Frau mit Brille steht vor einem Fenster.
Mandy Kathe-Heppner, SPD Bremerhaven

Bovenschulte erklärt und verteidigt Abgabe von Häfenressort

Der viel gescholtene Bovenschulte betonte in seiner Rede, das Ergebnis sei vom Landesvorstand einstimmig angenommen worden. Zum Hergang erklärte er, die Entscheidung habe eine klare Grundlage. Bei den Koalitionsverhandlungen sei deutlich gewesen: Das zentrale Wahlthema Verkehr habe nach den Verlusten der Grünen die Trägerschaft wechseln müssen und sei an die SPD gegangen.

"Es hätte niemand verstanden, wenn es keine Veränderung in diesem Bereich gegeben hätte." Anschließend habe sich bei der Ressort-Neuverteilung ergeben, dass – wie schon häufig in Bremen – Wirtschaft und Häfen zusammengefasst wurden. "Soziales und Häfen hätten nicht zusammengepasst."

Inhaltlich zeigte sich Bovenschulte zuversichtlich und versprach, sich für den Energyport und die Weservertiefung einzusetzen. "Ich gehe fest davon aus, dass weiterhin eine gute Hafenpolitik gemacht wird", sagte Bovenschulte.

Jetzt haben wir die Linke mit in die Pflicht genommen, die können nun nicht am Seitenrand stehen und das kommentieren, sondern müssen es umsetzen. Wir werden als SPD auch weiter für starke Wirtschaft und starke Häfen stehen – und ich auch ganz persönlich. Deshalb bin ich sehr optimistisch, dass wir eine gute Politik umgesetzt kriegen und dass davon am Ende auch die SPD profitieren wird.

Ein Mann steht gestekulierend an einem Mikrofon.
Andreas Bovenschulte, Bremer Bürgermeister (SPD)

Es klingt nicht danach, als würde die Abgabe des Häfenressorts noch einmal überdacht, wie es ein SPD-Mitglied zuvor in einer an Bovenschulte gerichtet Bitte gefordert hatte.

Erste Einblicke in die Bremer Ressortverteilung

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 28. Juni 2023, 19:30 Uhr