Diese Bremer haben den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt geschafft
Diese Bremer haben den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt geschafft
Zwei Bremer mit Behinderung haben ihren Platz auf dem Arbeitsmarkt gefunden. Die Erfahrung zeigt, dass Chancengleichheit auch von Arbeitgebern abhängig ist.
Oskar Spatz steht auf der Probenbühne des Vereins "tanzbar Bremen". Es ist an diesem Tag eine seiner letzten Proben vor seinem Auftritt beim Beweggrund-Festival in Bern Ende Mai. Bevor die Musik beginnt, stellt er sich vor – mit Worten und mit Gebärdensprache, damit alle ihn verstehen können. Und dann tanzt er los.
Doch dass Spatz professioneller Tänzer wurde, ist nicht selbstverständlich. Er hat das Down-Syndrom. Menschen mit einer Behinderung haben dieselben Rechte wie Menschen ohne Behinderung. So steht es in der UN-Behindertenrechtskonvention. Dazu gehört die Barrierefreiheit, aber auch die gleiche Teilhabe bei Bildung und Arbeit. Doch gerade auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben es Behinderte immer noch schwer.
Viele arbeiten in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Und die ist für viele ein passender, geschützter Raum. Andere aber wünschen sich einen Job, der besser zu ihnen passt. Allerdings gelingt nur sehr wenigen der Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt. Diese zwei Bremer haben es geschafft – und einer von ihnen ist Spatz. Die Idee zu dem Stück hatte er selbst, erzählt er:
Ich habe bei Festivals Leute gesehen, die auch ein Solo machen. Da habe ich mir gesagt: Was die können, kann ich auch.
Oskar Spatz, Mitarbeiter bei "tanzbar Bremen"
Das Stück hat er zusammen mit Tim Gerhardts von "tanzbar Bremen" auf die Beine gestellt: Gerhardts hat die Choreographie dazu entwickelt. In der Tanzperformance geht es um Oskar Spatz‘ Kindheit und Jugend, um das Aufwachsen mit dem Down-Syndrom – und auch um Mobbing. Sieben oder acht Jahre alt war er, erinnert er sich, als ihn etwas ältere Kinder ausgegrenzt hätten: "Die haben mich gemobbt: Du bist behindert, du gehörst nicht in unsere Straße."
Bei "tanzbar Bremen" gehört Oskar Spatz fest zum Team. Angefangen hat er mit einer Ausbildung und seit mittlerweile sieben Jahren ist er fest angestellt. Vorher war der 34-Jährige in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung – wie so viele andere Menschen mit einer Behinderung.
Aber jetzt bin ich bei "tanzbar" und darüber bin ich sehr glücklich.
Oskar Spatz, Mitarbeiter bei "tanzbar Bremen"
Denn Tanzen ist seine Leidenschaft. Und diese Leidenschaft kann er dank seines Jobs jetzt eben nicht mehr nur in der Freizeit, sondern in der Arbeitszeit ausleben. Der Wechsel von der Werkstatt zu "tanzbar Bremen" mache sich aber auch im Portmonee bemerkbar. Da bleibe einfach deutlich mehr für ihn übrig jeden Monat, sagt er.

Dass Menschen mit und ohne Behinderung hier bei "tanzbar" zusammenarbeiten, sei Herausforderung und Bereicherung zugleich, sagt Teamleiterin Corinna Mindt: "Ich finde es spannend, dass wir im Künstlerischen auch die Chance haben, die Vielfalt und die Verschiedenheit auch in den Arbeitsalltag einzubauen, und damit auch unsere Arbeitsgewohnheiten zu verändern und zu hinterfragen. Ich glaube einfach, dass das nicht funktioniert, nur eine Haltung zur Vielfalt zu haben, sondern dass es nötig ist, das auch für das Team und für die Arbeitsstrukturen anzupassen."
Die Finanzierung sei oft aber schwierig. Viele Gelder kämen über Projekte, die immer wieder neu beantragt werden müssten: "Vereinfachen würde es, wenn wir eine größere Sicherheit hätten – so eine Sockelfinanzierung, dass zumindest der Stamm der Leute und auch die Geschäftsführung und auch die Antragstellung finanziert sind."
Vom Fußball-Spieler zum Mit-Organisator
Auch Florian Gerdes hat den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt geschafft. Er ist Event-Inklusionsmanager beim Bremer Fußball-Verband. Und zu seinem Job gehört es auch, die bunte Liga mit zu organisieren – eine Turnierserie für Menschen mit und ohne Behinderung, die vor kurzem in Bremen-Hemelingen stattgefunden hat.
Er versuche, bei allem mitzuhelfen, erzählt er: "Ein bisschen bei der Spielplanung, beim Aufbau, beim Ablauf des Turniers. Also es ist vielfältig und das ist auch gerade das Spannende daran."

Davor hat der 35-Jährige wegen seiner psychischen Erkrankung sechs Jahre in einer Behindertenwerkstatt gearbeitet. Zum Bremer Fußball-Verband ist er durch ein Projekt des Olympischen Sportbundes gekommen. Der DOSB finanziert die Stelle bis September auch. Seine Erfahrungen komme ihm in seinem Job zugute, erzählt er.
Weil ich auch lange in der Werkstatt war, habe ich kennengelernt, wie viele Menschen Sachen auch anders sehen.
Florian Gerdes, Event-Inklusionsmanager beim Bremer Fußball-Verband
Das ist ein großer Vorteil, findet auch Christoph Schlobohm. Er ist Referent für gesellschaftliche Verantwortung beim Bremer Fußball-Verband. Mit Florian Gerdes hätten die Spielerinnen und Spieler der Bunten Liga jetzt eine Ansprechperson sozusagen aus den eigenen Reihen, die jetzt einfach die Seiten gewechselt habe: "Das ist für beide Seiten sehr, sehr wertvoll."
Bremer Fußball-Verband würde ihn gerne halten
Christoph Schlobohm würde Florian Gerdes gerne halten, wenn das Projekt ausläuft, und ihn beim Verband direkt anstellen, sagt er. Dafür habe der Fußball-Verband schon einen Förderantrag über das Programm "Budget für Arbeit" gestellt: "Wir würden gerne langfristig mit ihm zusammenarbeiten und sind gerade dabei, die Weichen für die Zukunft zu stellen."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 27. Mai 2025, 8:10 Uhr