Interview

Bovenschulte zur Kanzlerwahl: "Ich würde das nicht zu hoch hängen"

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte spricht bei einer Veranstaltung der Bremer SPD.

Interview mit Bovenschulte zur gescheiterten Kanzlerwahl

Bild: dpa | Sina Schuldt

Durchgefallen im ersten Gang zur Wahl des Kanzlers – Friedrich Merz musste erneut antreten. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte sieht darin kein großes Problem.

Wie bewerten Sie, was in Berlin passiert ist?

Das ist natürlich kein schönes Ergebnis, aber es heißt jetzt, die Nerven bewahren, zweiten Wahlgang angehen. Da muss es klare Ansprachen in den Fraktionen geben. Das hat es zwar noch nicht im Bund, aber ja in Landtagen schon häufiger gegeben, das Regierungschefs nicht im ersten, sondern erst im zweiten Wahlgang gewählt worden. Da sind trotzdem noch sehr erfolgreiche Regierungen rausgekommen, in vielen Fällen. Also, das ist nicht schön, aber da muss man trotzdem die Nerven bewahren.

Nun gehen die Schuldzuweisungen los. Aus der Union heißt es, das war die SPD. Die SPD sagt: Bei uns steht die Mehrheit, das war in der Unionsfraktion. Was vermuten Sie?

Ich verfüge ja nicht über besondere Informationen, die andere nicht haben. Außerdem bringt so etwas nichts, weil das geheime Abstimmungen sind. Am Ende weiß das keiner.
Was hilft, ist in den Fraktionssitzungen nochmal deutlich zu machen, worum es geht. Wie gesagt, wir haben das schon häufig erlebt, dass im ersten Wahlgang die Stimmen nicht ausreichten und dann im zweiten Wahlgang die Situation ganz anders aussah. Ich bleibe da sehr optimistisch, Nerven bewahren und den zweiten Wahlgang vorbereiten.

Aber würden Sie mir recht geben, dass es kein guter Start ist?

Ja, schön ist anders. Ich würde das jetzt nicht zu hoch hängen. Das ist nichts, was sich nicht reparieren lässt. Es gab andere Regierungschefs, die brauchten zwei oder drei Anläufe und trotzdem hatten sie eine sehr erfolgreiche Amtszeit.

Unabhängig von der Fraktion: Was muss man denen sagen, die abweichend gestimmt haben?

Da muss man deutlich machen, was auf dem Spiel steht. Das ist natürlich klar: Diese Regierung ist die einzige Chance, dass Deutschland eine stabile Regierung bekommt. Ohne schwarz-rote Regierung gibt es keine Alternative. Es gäbe nur die Alternative einer instabilen Minderheiten-Regierung oder sogar die Alternative von Neuwahlen. Die einzigen, die davon profitieren würden, wären die AfD. Das hat man auch schon an ihrem höhnischen Gelächter erlebt, als die Mehrheit nicht zustande gekommen ist. Das kann man natürlich als Oppositionspartei machen – das ist ja ein Problem der Regierungsparteien.

Wer aus irgendwelchen Gründen – weil er nicht mehr Beauftragter wird oder weil er sich über irgendeine Passage im Koalitionsvertrag ärgert – wer aus solchen Partikularinteressen dann meint, mit Nein stimmen zu müssen, der hat die Bedeutung der Regierungswahl verkannt.

Hinweis der Redaktion: Das Interview führte Birgit Sagemann am Dienstag kurz nach dem ersten Wahlgang und bevor klar wurde, dass es am selben Tag einen zweiten Wahlgang geben wird. Aufgeschrieben und redigiert haben es Maya von der Behrens und Jean-Pierre Fellmer.

Quelle: buten un binnen.