Kommentar
Ein Verbot der AfD löst keine Probleme – es verschärft sie

SPD, Grüne und Linke in Bremen wollen ein schnelles AfD-Verbotsverfahren auf den Weg bringen. Das ist der falsche Weg, meint Online-Redaktionsleiter Thorsten Reinhold.
Der Bremer Senat soll auf Bundesebene Druck machen – auch im Bundesrat. "Wir wollen uns nicht vorwerfen lassen, dass es irgendwann zu spät ist", sagt SPD-Fraktionschef Mustafa Güngör. Unstrittig ist: Die AfD ist keine Partei wie jede andere. Der Verfassungsschutz stuft sie inzwischen als gesichert rechtsextremistisch ein. Doch so berechtigt diese Einschätzung sein mag – ein Parteiverbot wäre ein politischer Kurzschluss.
Aktuelle Umfragen sehen die AfD bei bis zu 25 Prozent. Das wäre jeder vierte Wähler. Und genau hier liegt das Problem: Ein Verbot würde Millionen Menschen politisch vor den Kopf stoßen. Viele von ihnen haben die AfD nicht aus Überzeugung für Demokratiefeindlichkeit gewählt, sondern aus Frust, aus Sorge vor dem sozialen Abstieg oder weil sie sich von den etablierten Parteien nicht mehr vertreten fühlen.
Enttäuschung über andere Parteien wiegt schwer
Analysen nach der Bundestagswahl zeigen: 39 Prozent der AfD-Wähler begründen ihr Kreuz mit Enttäuschung über die anderen Parteien. Ihre Sorgen bleiben – ob mit oder ohne AfD. Und zugleich wächst die Zahl jener, die die Partei aus Überzeugung wählen. Auch das ist ein deutliches Warnsignal.
Ein Verbotsverfahren würde der AfD in die Karten spielen – gerade weil es sich vermutlich über Jahre hinziehen dürfte. Sollte es ungewöhnlich schnell gehen, wäre der Effekt kaum besser: Die Partei würde sich als Opfer stilisieren, als letzte echte Opposition gegen das vermeintliche "System". Ihre Anhänger würden sich bestätigt fühlen: "Die da oben" lassen keine andere Meinung mehr zu.
Ein Zeichen politischer Hilflosigkeit
Ein AfD-Verbot wäre kein Befreiungsschlag für die Demokratie – es wäre ein Zeichen politischer Hilflosigkeit. Wer den Rechtsstaat stärken will, muss ihn leben: durch klare Haltung, durch ernsthafte Debatten und durch konkrete Antworten auf die gesellschaftlichen Spannungen, die den Aufstieg der AfD überhaupt erst möglich gemacht haben.
Was es jetzt braucht, ist keine juristische Symbolpolitik – sondern politische Substanz.
Quelle: buten un binnen.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 6. Mai 2025, 19:30 Uhr