Pro & Contra

AfD-Verbot: Politische Sackgasse oder notwendiger Schritt?

Richterhammer vor dem Logo der AfD
Bild: dpa | Chromorange/Udo Herrmann

SPD, Grüne und Linke in Bremen wollen ein AfD-Verbotsverfahren auf den Weg bringen. Ob das richtig ist, debattieren Online-Redaktionsleiter Thorsten Reinhold und Redakteur Sven Kuhnen.


Pro

Ein Verbot der AfD muss schnell geprüft und umgesetzt werden. Der Zeitpunkt wäre spätestens jetzt, meint unser Redakteur Sven Kuhnen.

Die AfD ist keine normale Partei. Sie ist gesichert rechtsextrem. Das ist für den Verfassungsschutz klar. Das bedeutet: Die AfD arbeitet konsequent gegen das Grundgesetz, gegen die freiheitlichen und demokratischen Regeln, auf die wir uns alle seit Jahrzehnten aus guten Gründen berufen und geeinigt haben.

Sie hat keine konstruktiven Änderungsvorschläge im Einzelnen. Sie ist schlicht dagegen.

Wer die AfD jetzt noch wählt, ist kein Protestwähler, wie vielleicht in den Jahren, als die AfD noch auch wirtschaftsliberal und eurokritisch – ja und zugleich konservativ – war. Wer die AfD jetzt noch wählt, unterstützt sie darin, das Grundgesetz, unsere jahrzehntelangen Grundsätze radikal zu ändern oder abzuschaffen. Unwissend oder wissentlich. Das ist kein Protest.

Unschaffbare Aufgabe für die neue Regierung

Vor diesen Unterstützern sollten die regierenden Politiker und Parteien keine Angst haben – auch nicht, wenn es rund 25 Prozent der Wähler sind. Enttäuschung über andere Parteien darf man haben. Aber die Demokratie deswegen abschaffen zu wollen, ist kein legitimer Weg in einer Demokratie.

Wer das jetzt nicht versteht, auf den muss keine demokratische Rücksicht genommen werden. Denn sie verkennen den Ernst ihres Handelns. Einige von ihnen inhaltlich zu überzeugen – durch Argumente oder "bessere Politik" – was immer das ist – ist ein Ideal. Denn ausschließlich darauf zu hoffen, dass die neue Regierung das jetzt schaffen muss – das halte ich für eine unschaffbare Aufgabe. Weder, indem man ihre Argumente ignoriert – noch indem man sie rechts überholt, kann das gelingen.

Kein Zeichen der politischen Machtlosigkeit

Vor allem: Die Unterstützer der AfD sind in weiten Teilen Fakten und Argumenten ja überhaupt nicht zugänglich und glauben eigenen, einfachen Botschaften. Für mich bleibt nur ein Weg: Die politische Funktionalität der AfD muss beschränkt werden. Das wäre auch kein Zeichen politischer Machtlosigkeit. Politisch ist sie nicht zu stellen.

Ihre Macht, die Möglichkeit, das Grundgesetz und die Institutionen Deutschlands, der Länder, der Kommunen durch politisches Handeln zu zerstören, muss eingeschränkt werden. Das geht nur durch ein Verbot. Der Zeitpunkt wäre spätestens jetzt.


Contra

SPD, Grüne und Linke in Bremen wollen ein schnelles AfD-Verbotsverfahren auf den Weg bringen. Das ist der falsche Weg, meint Online-Redaktionsleiter Thorsten Reinhold.

Der Bremer Senat soll auf Bundesebene Druck machen – auch im Bundesrat. "Wir wollen uns nicht vorwerfen lassen, dass es irgendwann zu spät ist", sagt SPD-Fraktionschef Mustafa Güngör. Unstrittig ist: Die AfD ist keine Partei wie jede andere. Der Verfassungsschutz stuft sie inzwischen als gesichert rechtsextremistisch ein. Doch so berechtigt diese Einschätzung sein mag – ein Parteiverbot wäre ein politischer Kurzschluss.

Aktuelle Umfragen sehen die AfD bei bis zu 25 Prozent. Das wäre jeder vierte Wähler. Und genau hier liegt das Problem: Ein Verbot würde Millionen Menschen politisch vor den Kopf stoßen. Viele von ihnen haben die AfD nicht aus Überzeugung für Demokratiefeindlichkeit gewählt, sondern aus Frust, aus Sorge vor dem sozialen Abstieg oder weil sie sich von den etablierten Parteien nicht mehr vertreten fühlen.

Enttäuschung über andere Parteien wiegt schwer

Analysen nach der Bundestagswahl zeigen: 39 Prozent der AfD-Wähler begründen ihr Kreuz mit Enttäuschung über die anderen Parteien. Ihre Sorgen bleiben – ob mit oder ohne AfD. Und zugleich wächst die Zahl jener, die die Partei aus Überzeugung wählen. Auch das ist ein deutliches Warnsignal.

Ein Verbotsverfahren würde der AfD in die Karten spielen – gerade weil es sich vermutlich über Jahre hinziehen dürfte. Sollte es ungewöhnlich schnell gehen, wäre der Effekt kaum besser: Die Partei würde sich als Opfer stilisieren, als letzte echte Opposition gegen das vermeintliche "System". Ihre Anhänger würden sich bestätigt fühlen: "Die da oben" lassen keine andere Meinung mehr zu.

Ein Zeichen politischer Hilflosigkeit

Ein AfD-Verbot wäre kein Befreiungsschlag für die Demokratie – es wäre ein Zeichen politischer Hilflosigkeit. Wer den Rechtsstaat stärken will, muss ihn leben: durch klare Haltung, durch ernsthafte Debatten und durch konkrete Antworten auf die gesellschaftlichen Spannungen, die den Aufstieg der AfD überhaupt erst möglich gemacht haben.

Was es jetzt braucht, ist keine juristische Symbolpolitik – sondern politische Substanz.

Bremen soll sich im Bundesrat für ein AfD-Verbot stark machen

Bild: Radio Bremen

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Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 6. Mai 2025, 19:30 Uhr