"Kein normaler Aufsteiger": Werder in Dortmund wie im Rausch

Wild entschlossen haben die Bremer einen 0:2-Rückstand gedreht und als Aufsteiger einen furiosen Bundesliga-Start hingelegt. Doch Baumann mahnt, demütig zu bleiben.

Da standen die Bremer also, am Mittelkreis des Dortmunder Westfalenstadions, das immer noch in Schockstarre verharrte. Moment – standen? Von wegen, alle Werder-Spieler, Trainer, Betreuer lagen sich hüpfend und lachend ausgelassen in den Armen. Es sah aus wie kollektives Gruppenkuscheln in Grün und Lachs. Werder wie im Rausch.

Und so hatten sie auch 95 Minuten lang gespielt. Mutig, unbeeindruckt und wild entschlossen. Ein 0:2 nach der 89. Minute zum Sieg gedreht – das war nicht nur ein Bundesliga-Rekord für Werder. So einen Coup suchte man europaweit in den fünf besten Fußball-Ligen in den vergangenen 13 Jahren bisher vergeblich. Doch dann kamen die Bremer am Samstag daher.

Dortmund ratlos und überrumpelt

Jubel der Werder-Spieler nach dem Sieg gegen Dortmund, Stürmer Niclas Füllkrug springt in die Höhe und reckt die Faust.
Grenzenloser Jubel bei Werder nach dem 3:2-Coup in Dortmund. Bild: Imago | Team 2

Dortmunds Coach Edin Terzic beobachtete das Gruppenkuscheln kurz von Weitem, ratlos, überrumpelt, und schien sich immer noch zu fragen, welcher Bus ihn da gerade in den vergangenen sechs Minuten gestreift hatte.

Dabei wusste er es doch, schließlich hatte sich Terzic vor dem Spiel selbst gewarnt: "Werder ist kein normaler Aufsteiger." Das hatten die Schwarz-Gelben nun mit der 2:3-Schlappe schwarz auf weiß demonstriert bekommen.

Werder nutzt Dortmunds Schwächen eiskalt aus

Doch Terzic war es wohl wie vielen ergangen, die dieses furiose Werder-Spektakel am Samstag beobachtet hatten – wirklich zugetraut hätte er dem Aufsteiger so einen doch nicht. Seine Spieler wohl auch nicht. Sonst hätten sie in der Schlussphase die Angriffe der Bremer besser verteidigt.

Doch dass Werder diese Schwächen so eiskalt ausnutzte, war nicht nur aller Ehren wert, sondern auch kein Zufall. Trainer Ole Werner studiert akribisch Spielzüge im Training ein, seine Mannschaft hat verstanden, wie seine Idee von offensivem Fußball aussehen soll. Viele Automatismen funktionieren noch, das gibt Sicherheit.

"Überragende Mentalität"

Werder Matchwinner Oliver Burke feiert mit ausgebreiteten Armen seinen Treffer gegen Dortmund.
Werders Matchwinner: Oliver Burke erzielte das 3:2 in der fünften Minute der Nachspielzeit. Bild: Gumzmedia | Andreas Gumz

Aber das große Plus, das die Aufstiegssaison Werder gebracht hat, ist die Euphorie, die dem Team jetzt den Schwung für die Herausforderung Bundesliga gibt. In allen drei Spielen der Saison haben die Bremer zurückgelegen und trotzdem noch die Wende geschafft.

Sportchef Frank Baumann attestiert seiner Mannschaft eine "überragende Mentalität" und auch Werner betonte, "das spricht für unsere Moral, dass wir nie aufgeben". Immer auf Sieg zu spielen, egal, wie es steht – mit dieser Einstellung, diesem Willen und dieser Frechheit im positiven Sinne kommt Werder tatsächlich nicht wie ein typischer, normaler Aufsteiger daher.

Von dem, was wir an Möglichkeiten haben, sind wir ein normaler Aufsteiger. Wir versuchen aber mit guter Arbeit und mit einem guten Zusammenhalt mehr daraus zu machen.

Werder-Trainer Ole Werner

"Wir bleiben demütig"

Der Zusammenhalt, die Euphorie und ein Trainer der, wie Baumann sagt, "wie die Faust aufs Auge zu Werder passt" hat den Bremern nun diesem beeindruckenden Saisonstart mit fünf Punkten aus drei Spielen beschert.

Aber Baumann wäre nicht Baumann, wenn er nicht nicht bremsen würde. Schließlich sind noch 31 Spiele zu spielen. "Wir müssen trotz des Sieges auf dem Boden bleiben. Und das werden wir auch. Wir bleiben demütig."

Werder-Coach Werner nach 3:2-Sieg beim BVB: "Spricht für unsere Moral"

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 20. August 2022, 18 Uhr