Verdener Gericht verurteilt Hebamme zu 4 Jahren Haft

Zwischen elastischem Gurt und Bauch einer Schwangeren wird ein Schallknopf zur Messung der Herzfrequenz und der Wehen angebracht. (Archivbild)

Verdener Gericht verurteilt Hebamme zu vier Jahren Haft

Bild: Imago | Margit Wild

Das Landgericht Verden hat die 61-Jährige wegen Totschlags durch Unterlassen verurteilt. 2015 war bei einer von ihr begleiteten Hausgeburt ein Kind gestorben.

Das Landgericht Verden hat eine Hebamme aus Neustadt am Rübenberge wegen Totschlags durch Unterlassen zu vier Jahren Haft verurteilt. Die 61-Jährige muss sich wegen eines Anfang 2015 bei einer Hausgeburt gestorbenen Kindes aus Siedenburg im Landkreis Diepholz verantworten. Dabei soll sie die Schwangere zu spät zu einem Arzt gebracht haben.

Die Angeklagte habe einen kapitalen Fehler gemacht, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Der habe im Ergebnis dazu geführt, dass am Ende ein Kind tot sei, das hätte leben können und leben müssen, sagte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Dass Baby sei an Sauerstoffmangel gestorben, weil es eiteriges Fruchtwasser eingeatmet hatte, so die Richter. Es habe keine Fehlbildungen oder andere Probleme gehabt. Das Baby sei allein durch das falsche Handeln der Hebamme gestorben.

Staatsanwaltschaft: Gebärende hätte in die Klinik gemusst

Zuvor hatte die Staatsanwältin gesagt, die erfahrene Hebamme hätte die Pflicht gehabt, die Hausgeburt auch gegen den Willen der Eltern abzubrechen, um die Gebärende in eine Klinik bringen zu lassen. Spätestens nachdem es zu Komplikationen und einem Blasensprung bei der gesundheitlich belasteten Mutter gekommen war.

Das kleine Mädchen konnte später im Krankenhaus in Vechta nur noch tot geboren werden. Woran das Ungeborene genau gestorben ist, ist nicht untersucht worden. Gemeinsam mit dem Anwalt der Eltern verlangte die Staatsanwältin für die Angeklagte fünf Jahre und acht Monate Haft.

Verteidiger hatte Freispruch für die Hebamme gefordert

Der Verteidiger der Hebamme forderte dagegen einen Freispruch. Es sei nicht eindeutig bewiesen, woran das Ungeborene gestorben sei. Zudem hätten sich die Eltern geweigert, für die Geburt in eine Klinik zu wechseln. Sie trügen deshalb eine Mitverantwortung für das tragische Geschehen.

Die Hebamme sagte in ihrem Schlusswort, sie bedauere zutiefst, dass die Geburt in Siedenburg einen so tragischen Verlauf genommen habe. Sie sei bis zuletzt davon ausgegangen, dass das Kind noch lebe – und habe es ganz sicher nicht darauf angelegt, dass bei einer von ihre betreuten Geburt ein Kind zu Tode komme.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau, 29. November 2022, 17 Uhr