Taser für Streifenpolizisten? Debatte um Gefahren in Bremen

Bild: dpa | Rolf Vennenbernd

Bremerhavener Polizisten haben bereits Taser, in Bremen dürfen nur SEK-Beamte die Geräte nutzen. Die Frage könnte auch Thema in den laufenden Koalitionsverhandlungen sein.

Nach den beiden Taser-Einsätzen in Bremen und Bremerhaven vergangene Woche köchelt die Debatte um die Distanzelektroimpulsgeräte weiter. Während in Bremen nur SEK-Beamte Taser tragen dürfen, setzen in Bremerhaven auch Streifenpolizisten die Geräte ein.

Ob die Taser in den derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen Thema sind, ist nicht bekannt. SPD, Grüne und Linke halten sich eisern an die verabredete Verschwiegenheit.

Bewegung im politischen Streit um Taser

Da Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) vor der Aufnahme der Verhandlungen aber betonte, dass es auch im Bereich der Inneren Sicherheit kein "Weiter so!" geben dürfe, ist es gut möglich, dass Rot-Grün-Rot auch über die Taser verhandeln.

Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) positionierte sich jedenfalls vergangene Woche klar. Nach seiner Überzeugung muss jede Streifenwagen-Besatzung in der Stadt Bremen einen Taser griffbereit haben.

Es reicht nicht, dass nur das SEK in Bremen damit ausgestattet ist. Wir können nicht darauf setzen, dass das SEK in solchen Situationen immer in wenigen Minuten überall in Bremen vor Ort sein wird.

Ulrich Mäurer (SPD), Bremens Innensenator

Zum Hintergrund: Am Dienstagabend hatte ein Mann auf der Wilhelm-Kaisen-Brücke Passanten mit einem Dönermesser bedroht. SEK-Beamte überwältigten den Mann schließlich mit einem Taser. Der Mann kam in eine psychiatrische Einrichtung.

Am Freitagabend dann ein ähnlicher Einsatz in Bremerhaven: Eine 19-jährige mit einer Machete und einem Messer bewaffnete Frau ist laut Polizei bedrohend auf Polizisten zugelaufen. Auch in diesem Fall überwältigten die Beamten die Frau mit Tasern.

Für den Innensenator und Polizeipräsident Dirk Fasse war nach dem Fall vom vergangenen Dienstag schnell klar, dass der Einsatz dafür spricht, auch Streifenpolizisten mit Tasern auszustatten.

In Fasses Augen hätte es schließlich auch so kommen können, dass die alarmierten Polizisten den Mann mit dem Dönermesser erschießen. Stattdessen hielten sie den Mann so gut es ging in Schach und alarmierten das SEK. Bis die Kollegen aber am Einsatzort eintrafen dauerte es 17 Minuten.

Polizeipräsident von Taser-Vorteilen überzeugt

Und Fasse verwies von sich aus auf den tödlichen Polizei-Einsatz in Bremen-Gröpelingen vor drei Jahren. Mohamed Idrissi starb damals durch Polizei-Schüsse, nachdem er mit einem Messer in der Hand auf einen Polizisten zugelaufen war. Solch tragische Verläufe von Polizei-Einsätzen lassen sich mithilfe von Tasern verhindern, glaubt Fasse.

Ich möchte für ausgebildete Kolleginnen und Kollegen im Einsatzdienst den Taser haben, damit diese Situationen nicht mehr vorkommen.

Bremer Polizeipräsident Dirk Fasse

Nelson Janßen, einer von zwei Fraktionsvorsitzenden der Linken in der Bremischen Bürgerschaft widerspricht. Er glaubt, dass Taser in dynamischen Einsatzsituationen, also zum Beispiel wenn eine Person mit einem Messer bewaffnet schnell auf Polizisten zu läuft, ungeeignet sind. Das habe selbst eine Auswertung der Bremer Polizei ergeben.

Um den Stromschlag ausstoßen zu können, feuert ein Taser Pfeile ab, die sich in die Haut oder die Kleidung des Beschossenen bohren. Dann fließt der Strom. Wenn sich der Beschossene aber bewegt, können sich die Pfeile verheddern oder zu wenig Abstand zueinander haben, sagt Janßen. Er zitiert aus einem Erfahungsbericht der Bremer Spezialkräfte, in dem es heißt, dass sich die Taser besonders in statischen Einsatzlagen eignen.

Auch Rafael Behr lehnt den Taser als reguläres Einsatzmittel, das jedem Polizisten zur Verfügung steht, ab. Behr ist Professor für Polizeiwissenschaften an der Akademie der Polizei Hamburg. Er befürchtet, dass Taser, wenn man die Einsatzmöglichkeiten ausweitet, nicht ganz kurz unterhalb der Schwelle zum Schusswaffeneinsatz angewendet werden, sondern schon kurz oberhalb der Schwelle des Pfeffersprays oder des Schlagstocks. Ob der Taser dann noch als deeskalierendes Instrument angesehen werden könne, bezweifelt Behr.

Die Frage, ob Bremer Streifenpolizisten mit Tasern ausgestattet werden sollten, wird die Politik weiter beschäftigen. In Hamburg läuft derzeit ein Pilotprojekt. Noch bis September testen dort Streifenpolizisten, ob sich die Ausstattung mit Tasern bewährt. Vielleicht gibt das auch für Bremen noch einmal wichtige Hinweise.

Nach Taser-Einsatz: Was Bremens Polizeipräsident Fasse jetzt fordert

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 13. Juni 2023, 19:30 Uhr