Bremer Sozialsenatorin: "Brauchen eine Anhebung der Grundsicherung"

Bremens Sozialsenatorin: "Brauchen Anhebung der Grundsicherung"

Bild: Radio Bremen

Wegen der Energiekrise stehen viele Bürger vor Kosten, die sie nicht mehr tragen können. Die Bremer Sozialsenatorin nennt mögliche Hilfen – und sagt, was der Staat jetzt tun muss.

Noch ist es zwar Hochsommer, aber in Gedanken sind viele Menschen schon beim Winter. Sie sorgen sich, ob sie die gestiegenen Kosten fürs Heizen tragen können – oder im schlimmsten Fall frieren müssen. Bremens Sozialsenatorin Anja Stahmann spricht im buten un binnen-Studio über die Folgen der Energiekrise.

Frau Stahmann, der Druck steigt. Manche befürchten sogar soziale Unruhen oder Volksaufstände. Haben Sie diese Befürchtungen auch?

Nein, diese Befürchtungen habe ich noch nicht. Aber wir befinden uns in einer handfesten Krise – und zwar Krise an Krise. Kein Mensch weiß, wie es im Herbst wird und wie es im nächsten Jahr aussieht. Deswegen sehe ich auch, dass Menschen Angst haben, nachts nicht schlafen können und sich große Sorgen machen. Das erlebe ich Tag für Tag.

Es werden jetzt Vorkehrungen getroffen, im Speziellen für den Winter, der näher rückt. Bremen plant sogar Wärmehallen, damit Menschen zuhause nicht frieren müssen. Sind die Hallen nur für den Katastrophenfall gedacht, falls wirklich kein Gas mehr fließt – oder auch für die Menschen, die ihre Nebenkosten nicht mehr zahlen können?

Wir werden im Senat auch darüber reden, wie man der schlimmsten Situation begegnen kann. Aber zusammen mit der Bundesregierung ist unsere Anstrengung jetzt, dass wir die Menschen auch in diesem Winter mit Gas versorgen. Da arbeiten verschiedene Ministerien daran und auch die Landesregierungen fordern die Menschen auf, Energie und Strom zu sparen, damit wir einigermaßen durch den Winter kommen.

Im nächsten Jahr soll es statt Hartz IV das sogenannte Bürgergeld geben – mit höheren Regelsätzen. Derzeit gibt es 450 Euro im Monat. Was für ein Regelsatz wäre Ihrer Einschätzung nach angemessen und sinnvoll, um Entlastung zu schaffen?

Hartz IV ist schon lange keine Grundsicherung mehr für die Menschen. Das sind ja rund 450 Euro. Wir haben schon vor der Bundestagswahl gesagt, dass man mindestens 650 Euro in einer Grundsicherung braucht – und ich vermute, dass es jetzt deutlich mehr sind. Darüber wird jetzt auf Bundesebene gerungen, deswegen steht da noch kein Betrag fest. Aber statt Einmalbeträgen brauchen wir eine ordentliche Anhebung in der Grundfinanzierung für Menschen mit wenig Geld – für die, die nicht arbeiten können oder so niedrige Löhne haben, dass sie aufstocken müssen.

Zu den Einmalzahlungen: Da gibt es im September die Energiepauschale von 300 Euro. Jetzt gibt es Vorschläge, so etwas zu wiederholen. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte hat sich dazu in einem "Spiegel"-Interview geäußert: Wenn da vom Bund nichts kommt, müsste Bremen das im Alleingang machen – also Sonderzahlungen als Entlastung für die Menschen leisten. Worauf dürfen sich die Bremer einstellen?

Wir haben gute Sozialgesetze. Wenn man als normaler Bürger, als normale Bürgerin, beim Heizen Probleme bekommt und ein niedriges Einkommen hat und jetzt höhere Kosten tragen muss, kann man sich ans Jobcenter wenden. Das ist kein Almosen, sondern ein Rechtsanspruch, dass der Staat einspringt, wenn die Kosten davonlaufen. Beim Strom ist es anders, das muss durch den Regelsatz finanziert werden. Da wird die Bundesregierung noch schauen müssen, wie man da stärker die Bürgerinnen und Bürger entlastet.

Mehr zum Thema:

Autorin

  • Kirsten Rademacher
    Kirsten Rademacher

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 14. August 2022, 19:30 Uhr